Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung der Hauptsache
Leitsatz (NV)
Im Beschwerdeverfahren des FA gegen die AdV eines Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids durch das FG kann die Erledigung der Hauptsache auch dann wirksam erklärt werden, wenn das FA bereits während des FG-Verfahrens einen Jahressteuerbescheid erteilt hat, durch den der Streit über den Vorauszahlungsbescheid in der Hauptsache erledigt worden ist; der FG-Beschluß hat einen für das FA nachteiligen Rechtsschein geschaffen.
Normenkette
FGO § 138
Tatbestand
Der Beschwerdegegner erklärte seine Umsätze aus der Beförderung von Personen im Mietwagenverkehr in den Umsatzsteuervoranmeldungen für Juli bis Dezember 1986 (7 bis 12/1986) unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Der Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) wandte in den Vorauszahlungsbescheiden hingegen den vollen Steuersatz an.
Der Beschwerdegegner legte Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Das FA folgte dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht.
Dem daraufhin beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gab das FG mit Beschluß vom 25. November 1987 im wesentlichen statt.
Während des Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung vor dem FG hatte das FA am 10. November 1987 den Umsatzsteuerjahresbescheid 1986 bekanntgegeben.
Das FA beantragte zunächst mit der Beschwerde, den Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
Der Beschwerdegegner beantragte zunächst, die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach Schreiben des Berichterstatters des erkennenden Senats vom 29. September 1988 erklärten beide Beteiligte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Entscheidungsgründe
1. Aufgrund wirksamer beiderseitiger Erledigungserklärungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so daß die Vorentscheidung unwirksam ist und nur noch gemäß § 138 der Finanzgerichtsordnung (FGO) über die Kosten des Verfahrens entschieden wird.
Der Wirksamkeit der Erledigungserklärungen im vorliegenden Rechtsstreit steht nicht entgegen, daß bereits durch die Bekanntgabe des Umsatzsteuerjahresbescheids während des Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung vor dem FG die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November 1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370). Die in der Vorinstanz unterbliebene Erledigungserklärung kann nachgeholt werden.
Das FA ist durch den Beschluß des FG im formellen Sinn beschwert, obwohl der Beschluß nach vorbezeichnetem BFH-Urteil wirkungslos ist; denn mit dem Beschluß hat das FG die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen, mit der Bekanntgabe des Jahresbescheids wirkungslos gewordenen Vorauszahlungsbescheide - entgegen der Behandlung durch das FA - angeordnet und insoweit einen für das FA nachteiligen Rechtsschein geschaffen.
2. Nach § 138 Abs. 1 FGO ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Hierbei kommt es im wesentlichen darauf an, wie der Rechtsstreit ohne das die Hauptsache erledigende Ereignis vermutlich ausgegangen wäre.
Danach hält es der Senat für angemessen, die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdegegner aufzuerlegen. Der Senat verweist dabei auf seinen Beschluß vom 21. September 1988 V B 137/87 (BFH / NV 1989, 271), mit dem in einem vergleichbaren Fall die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt wurde.
Fundstellen