Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Ermittlungspflicht bei Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung

 

Leitsatz (NV)

Der BFH hat weder den Rechtssatz aufgestellt, die Ermittlungspflicht des FA bei der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung sei ausnahmslos darauf gerichtet, den genauen Fahrzeugtyp zu ermitteln, noch hat er den Rechtssatz aufgestellt, daß dies bei Fahrzeugen mit einem Gewicht anzunehmen sei, das für einen Pkw nicht typisch ist. Vielmehr muß das FA an der Richtigkeit der Bewertung eines Fahrzeuges als Lkw durch die Zulassungsstelle nur dann zweifeln, wenn besondere Gründe eine Überprüfung veranlassen.

 

Normenkette

KraftStG § 8; AO §§ 88, 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist seit Januar 1994 Halter eines Kfz, das von dem Hersteller als Pkw konzipiert, aufgrund von technischen Veränderungen (Ausbau der Rücksitze und Einbau einer Trennwand hinter den Vordersitzen) von der Zulassungsstelle jedoch als Lkw zugelassen worden ist. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hat das Fahrzeug aufgrund der ihm von der Zulassungsstelle übermittelten Angaben ("Lkw"), die Anhaltspunkte für die vorgenannten Veränderungen nicht erkennen ließen, zunächst der Lkw-Besteuerung unterworfen. Mit dem angefochtenen Kraftfahrzeugsteueränderungsbescheid von 1996 verlangt das FA jedoch rückwirkend Kraftfahrzeugsteuer gemäß §9 Abs. 1 Nr. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes -- KraftStG -- (Pkw-Besteuerung). Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

In dem Urteil des Finanzgerichts (FG) heißt es, der angefochtene Bescheid sei nach §173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) rechtmäßig. Insbesondere habe das FA seine Ermittlungspflicht bei Erlaß des ursprünglichen Kraftfahrzeugsteuerbescheides nicht verletzt. Ihm sei bei Erlaß des ursprünglichen Steuerbescheides noch nicht bekannt gewesen, daß das Fahrzeug vom Pkw zum Lkw umgerüstet worden sei. Es habe auch keinen Anlaß für Rückfragen bei der Zulassungsstelle gehabt, zumal es sich um ein Massenverfahren handele, bei dem die Finanzbehörden die ihnen mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen nicht systematisch einer genauen Nachprüfung unterziehen könnten.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil rügt der Kläger, das Urteil weiche von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. April 1997 VII R 1/97 (BFHE 183, 272, BStBl II 1997, 627) ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

Wird der Antrag auf Zulassung der Revision auf §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gestützt, so ist nach der eingangs genannten Vorschrift in der Beschwerdeschrift ein die angegriffene Entscheidung tragender Rechtssatz herauszuarbeiten und einem Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH so gegenüberzustellen, daß die Abweichung zwischen den beiden Rechtssätzen deutlich wird. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde trägt vielmehr selbst vor, daß das FG von den in dem Urteil des BFH in BFHE 183, 272, BStBl II 1997, 627 aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen sei, eine Verletzung der Ermittlungspflicht des FA jedoch im Streitfall verneint habe. Wenn sie meint, dies sei aufgrund des vom FG festgestellten Sachverhalts zu Unrecht geschehen und nicht einmal nachvollziehbar, rügt sie damit nicht eine Abweichung des Urteils des FG i.S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO, sondern die unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des BFH auf den Streitfall, welche die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen könnte. Auch soweit die Beschwerde sich dagegen wendet, daß das FG bei der Bestimmung der Grenzen der Ermittlungspflicht des FA berücksichtigt hat, daß es sich bei der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung um ein Massenverfahren handelt, wird keine Abweichung von dem vorgenannten Urteil des BFH bezeichnet. Der BFH hat im übrigen in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung weder den Rechtssatz aufgestellt, die Ermittlungspflicht des FA bei der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung sei ungeachtet der Notwendigkeit, bei der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung eine große Zahl in der Regel einfach gelagerter Verwaltungsvorgänge zu bewältigen, ausnahmslos darauf gerichtet, den genauen Fahrzeugtyp zu ermitteln, noch daß dies bei Fahrzeugen mit einem Gewicht anzunehmen sei, das für einen Lkw nicht typisch ist. Der beschließende Senat hat vielmehr bereits in seinem Urteil vom 12. August 1997 VII R 49/97 (BFH/NV 1998, 219) hervorgehoben, das FA müsse zu Zweifeln an der Bewertung eines Fahrzeuges als Lkw durch die Zulassungsstelle nur dann gelangen, wenn besondere Gründe eine solche Überprüfung veranlaßten, sich also etwa aus einer dem FA bekannten früheren Besteuerung des Fahrzeugs als Pkw oder sonst beim FA vorliegender besonderer Erkenntnisse die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen ergebe (vgl. auch die Entscheidungen des Senats vom 29. Juli 1997 VII R 19, 20/97, BFH/NV 1998, 217, und vom 27. März 1998 VII B 267/97, BFH/NV 1998, 1264).

Soweit die Beschwerde schließlich rügt, die Revision sei nach §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, welche Bedeutung es für die Bestimmung der Ermittlungspflicht des FA bei der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung habe, daß es sich um ein Massenverfahren handele, kann die Beschwerde damit schon deshalb nicht durchdringen, weil sie diesen Zulassungsgrund erst nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemacht hat. Nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO sind die Zulassungsgründe, deren Prüfung der Beschwerdeführer begehrt, jedoch in der Beschwerdeschrift oder spätestens in einem gesonderten, innerhalb der Beschwerdefrist vorgelegten Schriftsatz darzulegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302838

BFH/NV 1998, 1454

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