Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine landwirtschaftliche Milchverwertungsgenossenschaft, die sich für ihren Geschäftsbetrieb im wesentlichen Umfange der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bedient, ist nicht steuerbegünstigt nach § 33 KStDV 1950.
Normenkette
KStG § 23; KStDV § 33
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Milchverwertungsgenossenschaft, wurde für 1950 zur Körperschaftsteuer wegen wesentlicher Beteiligung an dem Milchhof Y. - Stadt, GmbH herangezogen. Die Steuerbefreiung nach § 33 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1950 wurde nicht zugebilligt. Die Genossenschaft bestritt die Körperschaftsteuerpflicht, da sie durch die Beteiligung an der GmbH den Bereich der Land- und Forstwirtschaft nicht überschritten habe. Sie betrachtete die Beteiligung als ein ihrem Zweck entsprechendes Hilfsgeschäft. § 2 des Statutes der Genossenschaft enthält folgende Bestimmung: "Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung des bestmöglichen Absatzes von Milch und Milcherzeugnissen der Mitglieder, insbesondere auch durch Erwerb einer Beteiligung an Y-städter Milchbearbeitungsbetrieben".
Die enge Bindung zwischen Genossenschaft und GmbH über rein vertragliche Vereinbarungen hinaus durch eine Beteiligung wird seitens der Genossenschaft damit begründet, daß hierdurch eine Einflußnahme auf die Milchbearbeitung und Milchverwertung möglich, eine enge und reibungslose Zusammenarbeit gewährleistet, die Qualität der Milch gefördert und schließlich, was nicht unwesentlich sei, ein maßgebender Einfluß auf die Milchpreisgestaltung und auf die Sicherung des Milchabsatzes der an die Genossenschaft angeschlossenen Mitglieder auf lange Jahre hinaus gewährleistet sei.
Seit 1. Januar 1949 verwertet die Genossenschaft die Milch selbst durch den Verkauf an zwei Großbetriebe, nämlich an die GmbH und an die A. - Molkerei Y. - Stadt. Mit letzterer bestehen keine kapitalmäßigen Bindungen. Mit den beiden Großbetrieben wurden langfristige Lieferverträge abgeschlossen.
Nach dem Geschäftsbericht der Genossenschaft für 1950 vom 7. Dezember 1951 ist die Genossenschaft an der GmbH mit 72% beteiligt. In der Bilanz per 31. Dezember 1950 wird die Beteiligung mit 65.506 DM aufgeführt. Von der GmbH sind laut Gewinn- und Verlustrechnung 1950 der Genossenschaft 15.663,90 DM zugeflossen. Aus dem Ertrag 1950 wurden 229.355,48 DM Warenrückvergütungen an die Mitglieder bezahlt. Laut Körperschaftsteuererklärung wurde ein Einkommen von 27.621,43 DM erzielt. Dieser Betrag ist auch der Körperschaftsteuerveranlagung zugrunde gelegt worden. Laut Geschäftsbericht wurde der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn von 24.919,93 DM mit 9.000 DM dem Reservefonds und mit 15.919,93 DM der Betriebsrücklage zugewiesen.
ähnliche Beträge sind in früheren Jahren (1947 = 11.560 RM, 1949 = 14.450 DM) der Genossenschaft auf ihre Beteiligung an der GmbH als Gewinne zugeflossen und auch der Kapitalertragsteuer unterworfen worden.
Die GmbH hat 70 Ortschaften mit rund 4100 Milchlieferanten und 17.500 Kühe erfaßt. Von der an die GmbH angelieferten Milch kommen ca. 60% von der Genossenschaft, der Rest von Aushilfemolkereien und freien Lieferanten. Außerdem werden Molkereibetriebe von der GmbH pachtweise betrieben. Das restliche Stammkapital der GmbH von 1/3 ist im Besitze der Stadtsparkasse.
Das Finanzgericht nahm auf die Berufung der Genossenschaft hin wie folgt Stellung:
Durch eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, selbst wenn diese dem gleichen Wirtschaftszweig angehöre, bewege sich eine Molkereigenossenschaft auf einem Gebiet, das über die Verwertung von Milch, die in den Betrieben ihrer Genossen oder von Mitgliedern von Untergenossenschaften gewonnen würde, hinausgehe. Eine angemessene Milchpreisgestaltung und eine Sicherung des Absatzes der in Betrieben der Mitglieder gewonnenen Milch könne auch durch vertragsmäßige Bindungen ohne kapitalmäßige Beteiligung erreicht werden. Das ergebe sich auch im vorliegenden Fall daraus, daß eine Beteiligung an der A. - Molkerei nicht erfolgt sei. Die Genossenschaft sei bis einschließlich II/1948 zur Körperschaftsteuer herangezogen und lediglich für 1949 Ergänzung des § 2 der Satzung von der Körperschaftsteuer befreit worden. Diese Vergünstigung sei jedoch nach Bekanntgabe der Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) 1950 nicht mehr aufrechterhalten worden (Abschn. 73 Abs. 1 KStR 1950 gegenüber Abschn. 63 Abs. 1 KStR II/1948 und 1949). Die neuere Gesetzesauslegung gehe dahin, daß Hilfsgeschäfte nur dann steuerunschädlich seien, wenn sie zur Abwicklung des Geschäftsbetriebs unbedingt erforderlich seien. Wenn sich eine Genossenschaft mit 72% (289.000 DM) an einer Kapitalgesellschaft beteilige, so könne von einem unerläßlichen Hilfsgeschäft nicht mehr gesprochen werden. Es liege ein Geschäft mit einem Nichtmitglied der Genossenschaft vor, das die volle Körperschaftsteuerpflicht auslöse.
Bisher seien von dem in der Körperschaftsteuererklärung angegebenen Gewinn von 24.919,93 DM unter Berücksichtigung einiger änderungen (Zurechnung der Rückstellung der Kapitalertragsteuer von 3.901,50 DM, Abzug von 1.200 DM in 1949 zuviel versteuerten Absetzungen für Abnutzung) ausgegangen worden. Bei der Gewinnermittlung seien die Warenrückvergütungen im Betrage von 229.355,48 DM nach § 36 Abs. 1 Satz 2 KStDV abgezogen worden. Wenn jedoch die Warenrückvergütungen nicht aus dem Mitgliedergeschäft erwirtschaftet, sondern auch von dritter Seite gespeist worden seien, so müßten sie im körperschaftsteuerlichen Gewinn miterfaßt werden. Das bisher der Veranlagung zugrunde gelegte Einkommen von 27.620 DM erhöhe sich somit um den Betrag von 229.355 DM.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Genossenschaft wendet sich unter Wiederholung ihres Vorbringens bei den Vorbehörden gegen die Versagung der Körperschaftsteuerfreiheit und des weiteren gegen die Ablehnung der Warenrückvergütungen als Betriebsausgabe. Selbst wenn man die Körperschaftsteuerpflicht bejahe, müsse man die Warenrückvergütungen als Betriebsausgaben anerkennen. Der überschuß nach Abzug des Beteiligungsertrags (15.663,90 DM) sei nur im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet worden. Die Bfin. erwerbe die Milch auf Grund von Milchkaufverträgen von ihren Mitgliedern und setze diese Milch an die GmbH ab. Sie beschränke ihren Geschäftsbetrieb auf ihren Mitgliederkreis. Der Gewinn stelle mit Ausnahme des Beteiligungsertrages den Unterschiedsbetrag zwischen den Milchverkaufserlösen gegenüber den Milcheinstandskosten abzüglich der Geschäftsunkosten dar. Hinzu kämen noch Milchgeldnachzahlungen, die als Milchpreiskorrektur für 1950 von der A. - Molkerei und von der GmbH bezahlt worden seien. Es seien sowohl von der A. - Molkerei, wie auch von der GmbH einheitlich 0,4 Pf. pro kg Milch nachbezahlt worden, was bei der A. - Molkerei einen Betrag von 10.017,26 DM und bei der GmbH einen Betrag von 77.356,25 DM ausmache. Aus dem überschuß der Genossenschaft vor Abzug aller Warenrückvergütungen seien die Beträge auszuscheiden, die als Gewinnausschüttungen auf Grund der Beteiligung bei der GmbH der Bfin. zugeflossen seien. Der Restbetrag des überschusses könne als Warenrückvergütung ausgeschüttet werden. Die Einkünfte aus der Beteiligung an der GmbH seien voll in dem in der Körperschaftsteuererklärung ausgewiesenen Einkommen (27.621,43 DM) enthalten und auch versteuert worden. Es seien sogar noch 11.957,53 DM aus dem Mitgliedergeschäft bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer herangezogen worden.
Das Finanzamt führt in seiner Stellungnahme zur Rb. folgendes aus: Hinsichtlich der Erhöhung des Einkommens der Milchverwertungsgenossenschaft um 229 355,48 DM sei die Begründung des Finanzgerichts nicht zutreffend. In diesem Betrag seien zunächst 87.373,52 DM (a. - Molkerei 10.017,26 DM, GmbH 77.356,26 DM) Milchgeldnachzahlungen enthalten, die bei der Bfin. nur einen durchlaufenden Posten darstellten. Außerdem habe die Bfin. an ihre Mitglieder für die Milchlieferungen und für Rückzahlungen von Unkostenbeiträgen die Summe von 141.981,96 DM (229.355,48 - 87.373,52) ausgezahlt. Diese Nachzahlungen seien gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 KStDV wie Warenrückvergütungen zu behandeln. Da dieser Betrag ausschließlich im Mitgliedergeschäft erarbeitet worden sei, sei er steuerlich abzugsfähig.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Die Bfin. hat durch ihre Beteiligung an der GmbH den Kreis der Landwirtschaft überschritten. Die Kapitalgesellschaften sind in ihrer wirtschaftlichen Struktur, wie auch die Bfin. im bisherigen Verfahren nachdrücklich betont hat, von den Genossenschaften wesensverschieden. Es wird hierzu im einzelnen auf die Ausführungen in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 38/53 U vom 25. August 1953 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1954 III S. 36) und in dem Gutachten I D 2/52 S vom 8. September 1953 (BStBl 1954 III S. 38) verwiesen. Nimmt eine Genossenschaft am allgemeinen Wirtschaftsleben mit Hilfe einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft teil, so betätigt sie sich wirtschaftlich insoweit im Sinne einer Kapitalgesellschaft. Ob sie hierdurch stets, also auch bei einer geringfügigen Beteiligung, die sich auf ihren Geschäftsbetrieb nur unwesentlich auswirkt, die Steuervergünstigung des § 33 KStDV verliert, braucht im Streitfalle nicht entschieden zu werden. Sie verliert sie jedenfalls dort, wo die Beteiligung ein Ausmaß annimmt, wie dies bei der Bfin. gegeben ist.
Die Rb. ist deshalb in diesem Punkte unbegründet.
Dem Finanzamt und der Bfin. ist darin beizupflichten, daß die Beteiligung an der GmbH nicht ohne weiteres zur Aberkennung der den Genossen zusätzlich gezahlten Milchgelder als Warenrückvergütungen im Sinne des § 36 Abs. 1 KStDV 1950 führt. Gewinnausschüttungen, auch verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH in Form eines überhöhten Milchpreises, sind nicht im Mitgliedergeschäft erwirtschaftet. Nach dem Vorbringen des Finanzamts handelt es sich aber bei den Milchpreisnachzahlungen der GmbH nicht um Gewinnausschüttungen. Hinsichtlich der weiteren Beträge fehlt der Entscheidung des Finanzgerichts in vollem Umfange die tatbestandsmäßige Begründung für die Annahme, daß die Warenrückvergütungen nicht aus dem Mitgliedergeschäft erwirtschaftet worden sind. Da der Tatbestand sich aus den Akten nicht mit ausreichender Klarheit ergibt, erscheint es zweckmäßig, die Sache dem Finanzamt zur weiteren Behandlung unter Berücksichtigung der oben mitgeteilten Grundsätze zurückzugeben.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 407864 |
BStBl III 1954, 102 |
BFHE 1954, 501 |
BFHE 58, 501 |
DB 1954, 272 |