Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansässigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz
Leitsatz (amtlich)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob sich die Ansässigkeit einer Person i.S. des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 nach dem Wohnort (politische Gemeinde) bestimmt, an dem die Person (Grenzgänger) eine Wohnung unterhält.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1; DBA CHE Art. 15 Abs. 1, 4, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d; FGO § 69 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.07.1990; Aktenzeichen II K 279/88) |
Tatbestand
I. Der in N (Bundesrepublik Deutschland ―Bundesrepublik―) wohnhafte Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist seit November 1986 als Angestellter einer schweizerischen Firma in Basel (Schweiz) tätig. Der Arbeitgeber behielt vom Arbeitslohn des Klägers schweizerische Steuern ein und führte sie an die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt ab. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Kläger in der Schweiz erzielten Einkünfte in der Bundesrepublik steuerfrei oder steuerpflichtig sind, weil der Kläger als sog. Grenzgänger i.S. des Art.15 Abs.4 des Abkommens vom 11.August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ―DBA-Schweiz― (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 518) anzusehen sein könnte.
Die Beteiligten gehen bei der Beurteilung der Streitfrage übereinstimmend davon aus, daß der in Basel gelegene Arbeitsort des Klägers weniger als 30 km von der deutschen Grenze entfernt ist. Sowohl die vom Kläger in N gelegene Wohnung als auch der Mittelpunkt des Ortsteils G liegen mehr als 30 km (Luftlinie) von der schweizerischen Grenze entfernt. G ist jedoch nach N eingemeindet. Der Ortsmittelpunkt von N liegt innerhalb eines Grenzbereiches von 30 km von der schweizerischen Grenze entfernt. Der Kläger begab sich in der Zeit von November 1986 bis Ende 1988 arbeitstäglich von G nach Basel und zurück.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) behandelte die vom Kläger in der Zeit von November 1986 bis Ende 1988 erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als im Inland steuerpflichtig. Dabei ging er davon aus, daß sich die Grenzgängereigenschaft nach der Entfernung des Mittelpunktes des (politischen) Wohnortes von der schweizerischen Grenze richte. Gegen den Einkommensteuerbescheid 1986 vom 7.April 1988 und den Vorauszahlungsbescheid 1987/88 vom 25.März 1988 legte der Kläger am 14.April 1988 Einsprüche ein, über die nach Aktenlage bis heute noch nicht entschieden ist.
Am 14.April 1988 beantragte der Kläger, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1986 und des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 1987/88 auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das FA am 26.April 1988 ab. Die zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) wies die Beschwerde des Klägers am 1.August 1988 als unbegründet zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 619 veröffentlicht.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971.
Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Baden- Württemberg vom 25.Juli 1990 II K 279/88, des Ablehnungsbescheids vom 26.April 1988 und der Beschwerdeentscheidung vom 1.August 1988 das FA zu verpflichten, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1986 vom 7.April 1988 in Höhe von 41 DM und des Vorauszahlungsbescheides 1987/88 vom 25.März 1988 auszusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, des Ablehnungsbescheides vom 26.April 1988 und der Beschwerdeentscheidung vom 1.August 1988. Das FA war zu verpflichten, die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide antragsgemäß mit der Maßgabe auszusetzen, daß Säumniszuschläge ab Fälligkeit entfallen (§ 126 Abs.3 Nr.1 i.V.m. §§ 101, 102 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Nach § 361 Abs.2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) kann die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dessen Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Vollziehung u.a. dann ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (§ 361 Abs.2 Satz 2 AO 1977). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Steuerbescheides sind dann anzunehmen, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen sie sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß vom 10.Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Im Streitfall sprechen gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide.
2. Das FG ist zutreffend von der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers ausgegangen. Dieser hatte in den Streitjahren seinen Wohnsitz i.S. des § 8 AO 1977 in der Bundesrepublik. Deshalb trifft ihn die Rechtsfolge aus § 1 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er war mit seinen nicht steuerfreien Einkünften i.S. des § 2 Abs.1 EStG in der Bundesrepublik unbeschränkt steuerpflichtig.
3. Entgegen der Auffassung des FG besteht bei der Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in der Bundesrepublik gemäß Art.24 Abs.1 Buchst.d i.V.m. Art.15 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 steuerfrei oder gemäß Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 steuerpflichtig sind, Unsicherheit und Unentschiedenheit.
Nach Art.24 Abs.1 Buchst.d i.V.m. Art.15 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit erzielt, nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die Arbeit ausgeübt wird. Bei der Anwendung der Vorschriften ist davon auszugehen, daß die Einkünfte des Klägers zu den "Gehältern, Löhnen und ähnlichen Vergütungen" i.S. des Art.15 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 zählen (vgl. Kempermann, in: Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art.15 Rdnrn.5 ff.). Ferner hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß der Kläger seinen alleinigen Wohnsitz i.S. des § 8 AO 1977 in N hatte. Er war deshalb i.S. des Art.4 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 nur dort ansässig. Seine nichtselbständige Arbeit übte er in Basel aus. Dort war er für einen schweizerischen Arbeitgeber tätig. Er begab sich arbeitstäglich nach Basel und kehrte von dort nach N zurück.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist davon auszugehen, daß die Voraussetzungen, die Art.15 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 für die Steuerbefreiung der Einkünfte in der Bundesrepublik aufstellt, im Streitfall erfüllt sind. Die Ausnahmevorschrift des Art.15 Abs.2 DBA-Schweiz 1971 greift aus Gründen des Buchstaben b nicht ein. Unklar ist lediglich, ob nicht auch die Voraussetzungen des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 erfüllt sind. Bejahendenfalls würde die Rechtsfolge des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 der des Art.24 Abs.1 Buchst.d i.V.m. Art.15 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 vorgehen.
4. Nach Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 stünde das Recht, die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu besteuern, der Bundesrepublik zu, wenn der Kläger in der Bundesrepublik "in der Nähe der Grenze zur Schweiz" ansässig gewesen sein und in der Schweiz "in der Nähe der Grenze zur Bundesrepublik" seinen Arbeitsort gehabt haben sollte. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Arbeitsort des Klägers in Basel in der Nähe der Grenze zur Bundesrepublik lag. Auch lag der Wohnsitz des Klägers außerhalb der 30 km- Grenzzone. Unklarheit besteht jedoch darüber, nach welchen Kriterien die Ansässigkeit des Klägers in der Bundesrepublik "in der Nähe der Grenze zur Schweiz" zu beurteilen ist.
In Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 ist nicht näher bestimmt, wann ein Arbeitnehmer "in der Nähe der Grenze zur Schweiz" ansässig ist. Die Vertragsstaaten hätten dieses Tatbestandsmerkmal im Sinne eines Kataloges regeln können, der enumerativ die politischen Gemeinden aufzählt, die als in der maßgeblichen Grenzzone gelegen zu behandeln sind. Eine solche Vereinbarung hätte dem Regelungsinhalt des Abkommens der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 11.April 1967 ―DBA-Belgien― (BGBl II 1969, 18, BStBl I 1969, 38) sowie des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9.Juni 1969 ―DBA-Frankreich― (BGBl II 1970, 717, BStBl I 1970, 900) entsprochen. In beiden DBA wird die Zugehörigkeit einer Person zum Kreise der Grenzgänger danach bestimmt, ob die Wohnsitzgemeinde in der Grenzzone gelegen ist. Für das DBA-Belgien ergibt sich dies aus der Nr.11 des Schlußprotokolls, wonach "die Gemeinden, die von dieser gedachten Linie (20 km-Linie) durchschnitten werden, in die Grenzzone einbezogen sind". Das DBA-Frankreich verweist in Art.13 Abs.5 für den Begriff des Grenzgebietes auf die Vereinbarung zwischen den beiden Vertragsstaaten vom 10.Juli 1950. Diese Vereinbarung verwies auf eine Liste von Gemeinden, die dem Grenzgebiet zugeordnet waren. Ab 1967 wurde der Begriff des Grenzgebietes durch einen Briefwechsel im Sinne der erweiterten Gemeindeliste in der Anlage zur Verordnung 117/65/EWG vom 16.Juli 1965 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr.139 vom 29.Juli 1965) ausgelegt. Die Gemeindeliste enthält alle Gemeinden, die ganz oder teilweise in der 20 km-Zone gemäß Art.3 Abs.2 der Verordnung 38/64/EWG vom 25.März 1964 (ABlEG Nr.965/64 vom 17.April 1964) liegen.
Für das DBA-Schweiz 1971 fehlt es jedoch an einer entsprechenden Regelung. Art.15 Abs.4 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 sieht lediglich vor, daß sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten über die Einzelheiten der Anwendung der Vorschrift verständigen werden. Auch ist die entsprechende Verständigung im sog. Verhandlungsprotokoll vom 18.Juni 1971 enthalten. Das Verhandlungsprotokoll enthält jedoch keine Gemeindeliste. Es stellt auf den Wohnsitz des Grenzgängers ab. Interpretiert man den Wohnsitzbegriff im Sinne des Verhandlungsprotokolls unter Heranziehung des Art.3 Abs.2 DBA-Schweiz 1971 nach deutschem Recht (§ 8 AO 1977), so wäre auf die Entfernung der Wohnung des Klägers von der Grenze zur Schweiz abzustellen. Dies würde dem Rechtsstandpunkt des Klägers entsprechen.
Zwar hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 1.Februar 1989 I R 74/86, BFHE 157, 39, BStBl II 1990, 4 (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11.April 1990 I R 63/88, BFH/NV 1990, 705) entschieden, daß eine dem DBA widersprechende Vereinbarung ohne Bedeutung ist, weil sie das DBA nicht abändern kann, das mit dem Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht wird. Auch war das Verhandlungsprotokoll vom 18.Juni 1971 von den deutschen Gesetzgebungskörperschaften nicht zu ratifizieren. Das Verhandlungsprotokoll vom 18.Juni 1971 lag jedoch bei der Ratifizierung des DBA-Schweiz 1971 bereits vor. Der deutsche Gesetzgeber wußte also im Ratifikationsverfahren, in welcher Weise die zuständigen Behörden Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 auszulegen beabsichtigten. Wenn deshalb der deutsche Gesetzgeber gegenüber der vorgesehenen Auslegung keine Vorbehalte laut werden ließ, so spricht dies dafür, daß er der Verständigung in dem Verhandlungsprotokoll zustimmte. Insoweit bestehen deshalb keine Bedenken, das Verhandlungsprotokoll zur Auslegung des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 heranzuziehen.
Zwar wird in dem Verhandlungsprotokoll auch der Wohnortbegriff verwendet. Deshalb müssen jedoch Wohnsitz und Wohnort nicht synonym verstanden werden. Das Erfordernis der täglichen Rückkehr bezieht sich auf den Wohnsitz und die Beförderung von der Arbeitsstätte auf den Wohnort. So gesehen ist es für die Anwendung des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971 unerheblich, wie der Grenzgänger am Wohnort zu seinem Wohnsitz gelangt.
5. Gegen die Auffassung des FG spricht auch die Verwendung des Begriffes "ansässig sein" in Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz 1971. Der Begriff wird in Art.4 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 ―wenn auch jeweils in Bezug zu einem der Vertragsstaaten― für Zwecke des Abkommens definiert. Die Definition knüpft an den Wohnsitz i.S. des § 8 AO 1977 bzw. an den gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des § 9 AO 1977 und in Art.4 Abs.2 DBA-Schweiz 1971 hilfsweise an die ständige Wohnstätte als eine qualifizierte Form des Wohnsitzes i.S. des § 8 AO 1977 an (vgl. BFH-Urteil vom 23.Oktober 1985 I R 274/82, BFHE 145, 48, BStBl II 1986, 133). Dies spricht dafür, die "Ansässigkeit in der Nähe der Grenze zur Schweiz" von der Wohnung des Grenzgängers aus zu berechnen.
6. Der BFH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 1.März 1963 VI 119/61 U, BFHE 76, 580, BStBl III 1963, 212; vom 5.Februar 1965 VI 334/63 U, BFHE 82, 290, BStBl III 1965, 352) als Grenzgänger i.S. des DBA-Schweiz 1931/59 die Personen bezeichnet, die in dem einen Vertragsstaat ihren Wohnsitz in der Nähe der Grenze haben und in dem anderen Vertragsstaat in der Nähe der Grenze arbeiten. Die Rechtsprechung hat damit ebenfalls auf die Entfernung des Wohnsitzes von der Grenze abgestellt.
Im Schrifttum wird ganz überwiegend die Entfernung zwischen dem Wohnsitz und der Grenze für maßgebend erklärt (vgl. Kempermann, a.a.O., Art.15 Rdnr.71; Vogel, DBA, 2.Aufl., Art.15 Rdnr.88b; Locher/Meier/v.Siebenthal, DBA Schweiz-Deutschland, B 15.4 Nr.1; Paetzold, Grenzgänger aus der Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz, 2.Aufl., 1983, S.29; Scheidegger, Die rechtliche Erfassung der ausländischen Grenzgänger, S.203). Soweit gelegentlich anstelle des Wohnsitzbegriffes der Wohnortbegriff verwendet wird (vgl. Korn/Debatin, DBA, Schweiz, S.615; Hangarter, in: Handelskammer Deutschland-Schweiz, DBA Deutschland-Schweiz, Art.15 Nr.4 VI.1), geschieht dies ohne jedes Wort der Begründung.
7. Im Hauptverfahren wird deshalb über die Rechtsfrage zu entscheiden sein, ob aus Gründen der Praktikabilität und aus Gründen der einheitlichen Handhabung aller DBA-Grenzgänger-Regelungen von einer Auslegung des Art.15 Abs.4 DBA-Schweiz abgesehen werden kann, für die eine Reihe von Anhaltspunkten spricht, die sich vor allem auf den Wortlaut des DBA stützen. Es wird ggfs. auch zu entscheiden sein, ob nicht der Wortlaut des DBA-Schweiz 1971 dazu zwingt, zumindest geschlossene Ortsteile selbständig zu behandeln. Der Senat hält diese Rechtsfrage in dem Sinne für offen, daß ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht verneint werden können. Das FA war deshalb verpflichtet, die Vollziehung der Bescheide gemäß § 361 Abs.2 Satz 2 AO 1977 auszusetzen. Soweit das FG in der Vorentscheidung von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, kann das FG-Urteil keinen Bestand haben. Es war zusammen mit der Ablehnungsverfügung vom 26.April 1988 und der Beschwerdeentscheidung der OFD vom 1.August 1988 aufzuheben. Das FA war zu verpflichten (§§ 101, 102 FGO), die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß zu verfügen.
Fundstellen
Haufe-Index 63560 |
BFH/NV 1991, 44 |
BFHE 164, 29 |
BFHE 1992, 29 |
BB 1991, 1184 (L) |
DB 1991, 1708-1709 (LT) |
DStR 1991, 838 (KT) |
HFR 1991, 521 (LT) |
StE 1991, 214 (K) |