Leitsatz (amtlich)
Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale des § 10 c Abs. 3 EStG ist nur der steuerpflichtige Arbeitslohn.
Normenkette
EStG 1975 § 10c Abs. 3, § 10 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger (Ehemann) erzielte im Streitjahr 1976 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Höhe von rd. 5 000 DM im Inland steuerpflichtig und in Höhe von rd. 44 000 DM aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) im Inland steuerfrei waren. Die Kläger begehrten bei der Einkommensteuerveranlagung 1976, sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (rd. 49 000 DM) als Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) legte der Bemessung der Vorsorgepauschale jedoch nur die steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte in seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1980, 70 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus: Was unter Arbeitslohn im Sinne von § 10 c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) zu verstehen sei, ergebe sich nicht unmittelbar aus dieser Vorschrift. Es sei bei der Auslegung aber zu berücksichtigen, daß das EStG den Begriff "Arbeitslohn" in vielen Vorschriften verwende. Aus dem Sinnzusammenhang lasse sich ableiten, daß unter "Arbeitslohn" in diesen Vorschriften nur der steuerpflichtige Arbeitslohn gemeint sei. Das müsse dann auch für die Auslegung des § 10 c Abs. 3 EStG gelten. Zwar hingen Vorsorgeaufwendungen nicht vom steuerpflichtigen Arbeitslohn ab. Es sei aber zu berücksichtigen, daß § 10 c Abs. 3 EStG eine Vereinfachungsmaßnahme enthalte, die vom Regelfall ausgehe. Der Regelfall sei der, daß die Vorsorgeaufwendungen in Sozialversicherungsbeiträgen bestünden, die in einem bestimmten Vomhundertsatz vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abgeführt würden. Da die Betroffenen tatsächlich höhere Aufwendungen, unabhängig von der Vorsorgepauschale, geltend machen könnten, widerspreche es nicht dem Sinn der Vorschrift, entsprechend dem Regelfall unter "Arbeitslohn" den steuerpflichtigen Jahresarbeitslohn zu verstehen.
Die Kläger rügen mit der Revision Verletzung des § 10 c Abs. 3 EStG. Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und ihre Einkommensteuer für 1976 auf O DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Senat stimmt dem FG im Ergebnis darin zu, daß sich die Vorsorgepauschale des § 10 c Abs. 3 EStG nach dem steuerpflichtigen Arbeitslohn bemißt.
Nach § 10 c Abs. 3 EStG ist Bemessungsgrundlage der Vorsorgepauschale der Arbeitslohn. Gemäß § 10 c Abs. 3 Satz 4 EStG ist "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" der um die Freibeträge nach § 19 Abs. 2 und 3 EStG (Versorgungs-Freibetrag und Weihnachts-Freibetrag) und um den Altersentlastungsbetrag nach § 24 a EStG verminderte Arbeitslohn, höchstens der Jahresbetrag der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten. Die Vorschrift besagt ausdrücklich nichts darüber, ob "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" nur steuerpflichtiger oder auch steuerfreier Arbeitslohn ist. Der Senat hat gleichwohl im vorletzten Absatz des Urteils vom 18. Juli 1980 VI R 97/77 (BFHE 131, 339, BStBl II 1981, 16) -- wenn auch in einem obiter dictum -- ausgeführt, mit dem Begriff des Arbeitslohns im Sinne des § 10 c Abs. 3 EStG seien nur steuerpflichtige Einnahmen gemeint. Auch das Schrifttum geht, soweit ersichtlich, einmütig davon aus, Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale sei nur der steuerpflichtige Arbeitslohn (vgl. Blümich/Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 10 c Rz. 13; Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 c Rz. 8; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Vorsorgepauschale, II.; Lademann/Söffing/ Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 c Anm. 15; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 10 c EStG, Rdnr. 29; Schmidt/Heinicke, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1982, § 10 c Anm. 5 a). Der Senat hält an dieser Auffassung fest, die sich schon aus § 10 c Abs. 3 EStG selbst und aus dem Sachzusammenhang, in dem diese Vorschrift steht, ergibt.
a) § 10 c Abs. 3 EStG enthält eine eigene Definition des maßgebenden Arbeitslohns; denn es ist in Satz 4 dieser Vorschrift von "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" die Rede.
Schon der Umstand, daß dieser Arbeitslohn um den Versorgungs-Freibetrag, den Weihnachts-Freibetrag und den Altersentlastungsbetrag zu mindern ist, zeigt, daß "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" nur steuerpflichtige Einnahmen umfassen soll; denn nur bei steuerpflichtigen Einnahmen kommen diese Minderungen in Betracht. Insbesondere wird der Arbeitslohnbegriff im Sinne des § 10 c Abs. 3 EStG auch dadurch begrenzt, daß er "höchstens (dem) Jahresbetrag der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten" entspricht. Der Arbeitslohnbegriff in § 10 c Abs. 3 EStG ist also wesentlich von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten abhängig. Da aber nach § 1 der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung vom 6. Juli 1977 (BGBl I 1977, 1208) zum Arbeitsentgelt, das Grundlage der Sozialversicherungspflicht ist, grundsätzlich nicht solche Bezüge gerechnet werden, die lohnsteuerfrei sind, wird der Zusammenhang zwischen der Steuerpflicht und dem "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" -- gemeint im Sinne des § 10 c Abs. 3 EStG -- offenkundig.
Allerdings wird die Vorsorgepauschale, worauf die Kläger zutreffend hinweisen, auch Arbeitnehmern gewährt, die keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten haben, z. B. Beamten und Richtern. Gerade die nun eingeführte Begrenzung der Vorsorgepauschale für diesen Personenkreis -- generell für nichtrentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer -- durch Art. 1 Nr. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1857) zeigt aber, daß ein gewisser, wenn auch lediglich pauschaler Zusammenhang zwischen der Vorsorgepauschale und der Rentenversicherungspflicht bestehen soll. Dies wird im übrigen daraus ersichtlich, daß diese Pauschale nur Arbeitnehmern gewährt wird (vgl. Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 10 c Anm. 4 b), während andere -- nichtrentenversicherungspflichtige -- Steuerpflichtige lediglich einen Vorsorgepauschbetrag erhalten (§ 10 c Abs. 2 EStG).
b) Aus dem Zusammenhang mit dem Sonderausgabenabzug des § 10 EStG, in dem die Vorschrift des § 10 c Abs. 3 EStG steht, wird die vorstehende Auffassung bekräftigt.
Die Vorsorgepauschale soll auf einfache Weise die jedem Arbeitnehmer erwachsenden Vorsorgeaufwendungen, insbesondere die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, abgelten (vgl. z. B. Hartz/Meeßen/ Wolf, a. a. O.).Vorsorgeaufwendungen, die also durch die Vorsorgepauschale vereinfacht und pauschal berücksichtigt werden sollen, sind nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG indessen nur insoweit als Sonderausgaben abziehbar, als sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Daraus wird ersichtlich, daß Vorsorgeaufwendungen dann steuerlich nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn ein unlösbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen und dem steuerfreien Arbeitslohn besteht (BFHE 131, 339, BStBl II 1981, 16). Es wäre widersinnig, in die Vorsorgepauschale, die die Vorsorgeaufwendungen pauschal berücksichtigen soll, Aufwendungen einzubeziehen, die als Vorsorgeaufwendungen nicht abziehbar sind. Deshalb darf in die Vorsorgepauschale auch Arbeitslohn nicht einbezogen werden, der steuerfrei ist.
Diese Auffassung ist um so mehr gerechtfertigt, als Steuerpflichtige tatsächlich entrichtete Vorsorgeaufwendungen, unabhängig von der Vorsorgepauschale, bei der Einkommensteuerveranlagung geltend machen können, allerdings nur, soweit dem nicht § 10 Abs. 2 EStG entgegensteht.
Fundstellen
BStBl II 1983, 475 |
BFHE 1983, 86 |