Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulässigkeit eines Antrags auf Urteilsergänzung
Leitsatz (NV)
,,Antrag" i. S. des § 109 Abs. 1 FGO ist das auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtete Begehren des Beteiligten. Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf das Übergehen einzelner Angriffs- oder Verteidigungsmittel und / oder einzelner Elemente der Antragsbegründung.
Normenkette
FGO § 109 Abs. 1
Tatbestand
Der Senat hat mit Urteil vom 23. Mai 1989 die Revision der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als unbegründet zurückgewiesen. Er hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Schätzung des Wertes der unbaren Altenteilsleistungen (Verpflegungsaufwand) durch das Finanzgericht (FG) sei rechtsfehlerfrei. Bei einer Rückrechnung des sich aus § 1 der Sachbezugsverordnung 1978 - SachBezV 1978 - (BGBl I 1977, 3156) ergebenden Ausgangswertes unter Berücksichtigung einer angemessenen Preissteigerungsrate könnten die vom FG für die Streitjahre 1975 und 1976 geschätzten Werte - in einem unteren Schätzungsbereich - als noch vertretbar hingenommen werden.
Das Urteil ist dem Kläger am 22. Juli 1989 zugestellt worden. Am 31. Juli 1989 (Datum des Eingangs beim Bundesfinanzhof - BFH -) beantragte der Kläger Urteilsberichtigung nach § 109 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat habe übersehen, daß der Kläger die zu bewertenden Altenteilsleistungen teilweise aus der eigenen Gastwirtschaft erbracht habe. Die für Zwecke der Gewinnermittlung gebuchten Entnahmen seien bei der Schätzung zu berücksichtigen gewesen. Auch habe der Senat zur Bewertung der anderen unbaren Altenteilsleistungen (Strom, Heizung, Wasser, Müllabfuhr, Kaminfeger usw.) mit 150 DM nicht Stellung genommen. Durch weiteren Schriftsatz vom 9. August 1989 hat der Kläger seinen Vortrag ergänzt.
Der Kläger beantragt ,,Urteilsberichtigung nach § 109 FGO".
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unzulässig.
Nach § 109 Abs. 1 FGO ist das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen, wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen worden ist. Diese Vorschrift ermöglicht die Nachholung der beabsichtigten, aber versehentlich unterbliebenen vollständigen Erledigung des Rechtsstreits in der jeweiligen Instanz (BFH-Beschluß vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287). ,,Antrag" i. S. des § 109 Abs. 1 FGO ist das auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtete Begehren des Beteiligten. Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf das Übergehen einzelner Angriffs- oder Verteidigungsmittel und / oder einzelner Elemente der Antragsbegründung. Sie dient der Ergänzung des lückenhaften Urteils, nicht aber der Richtigstellung einer von einem Beteiligten für falsch gehaltenen Entscheidung (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. November 1979 VI ZR 40/78, Neue Juristische Wochenschrift 1980, 840, zu § 321 der Zivilprozeßordnung; Stein / Jonas / Leipold, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., 1988, § 321 Rdnr. 4).
Ein Antrag nach § 109 FGO ist nur dann zulässig, wenn es nach dem Vortrag des Klägers zumindest möglich ist, daß die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind (BFH-Beschlüsse vom 13. Juni 1975 VI R 154/73, nicht veröffentlicht - NV -; vom 28. Juli 1978 IV B 25/76, NV). Dieser Anforderung genügt der Vortrag des Klägers nicht, der nicht behauptet hat, daß der Senat über seinen Revisionsantrag, wie er im Urteil beurkundet worden ist, nicht entschieden habe. Er macht vielmehr geltend, daß einzelne seiner im Verfahren vorgetragenen Darlegungen übergangen seien. Er begehrt letztlich eine erneute Überprüfung des Streitstoffs der Revision und eine Abänderung der Senatsentscheidung. Diese Möglichkeit wird aber durch § 109 FGO nicht eröffnet.
Der Verzicht der Beteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wirkt für die Entscheidung nach § 109 FGO fort.
Fundstellen
Haufe-Index 416656 |
BFH/NV 1990, 513 |