Leitsatz (amtlich)

1. Wer ein unbebautes Grundstück mit dem Ziel erwirbt, für einen Dritten ein Erbbaurecht zu bestellen, damit dieser steuerbegünstigten Wohnraum schaffe, erwirbt das Grundstück nicht zur Schaffung von Wohnraum i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a GrEStG Hessen, und zwar auch dann nicht, wenn auf diese Weise die Finanzierung des Wohnungsbaues gefördert werden soll.

2. Der Erwerb ist nicht gem. § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. e GrEStG Hessen von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn zwar der spätere Erbbauberechtigte, nicht aber der Grundstückserwerber die persönlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt.

 

Normenkette

GrEStG Hessen § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; GrEStG Hessen § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a; GrEStG Hessen § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. e

 

Tatbestand

Die Klägerin kaufte am 10. August 1967 zwei Grundstücke von der X, Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH.

Nach § 4 des notariell beurkundeten Kaufvertrages erwarb die Klägerin diese Grundstücke "zur Schaffung von Wohnraum i. S. des § 2 Abs. 2 des II. Wohnungsbaugesetzes, und zwar in der Weise, daß sie an den erworbenen Grundstücken der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Y-GmbH ... ein Erbbaurecht auf die Dauer von 99 Jahren bestellt" und diese "auf den ihr im Erbbaurecht überlassenen Grundstücken 28 Wohnungen" errichtet.

Das beklagte FA lehnte die begehrte Steuerbefreiung des Erwerbes der Klägerin ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das FG hat in seinem Urteil die Auffassung vertreten, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a des Hessischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG Hessen) deshalb nicht erfüllt seien, weil die Klägerin die Grundstücke nicht erworben habe, um selbst auf ihnen Wohnungen zu schaffen. Auch als Zwischenerwerb sei der Erwerb nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Klägerin falle als Versicherungsgesellschaft nicht unter § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. e GrEStG Hessen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat die Grundstücke nicht zur Schaffung von Wohnraum erworben, wie die Befreiungsvorschriften der § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a GrEStG Hessen voraussetzen. Erstere Vorschrift ist schon deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin kein gemeinnütziger Bauträger ist.

Der steuerbegünstigte Zweck wird nur dann erfüllt, wenn der Erwerber selbst das Grundstück bebauen will und auch fristgerecht bebaut (vgl. das Urteil vom 21. März 1973 II R 150/66, BFHE 109, 384, BStBl II 1973, 691, mit weiteren Nachweisen). Nur der Erwerber, der den Zweck in seiner Person verwirklicht, soll für den Erwerb zur Bebauung Steuerfreiheit erlangen. Andernfalls wäre § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. e GrEStG Hessen, der bestimmte Zwischenerwerbe von der Besteuerung ausnimmt, ohne Sinn.

Die Klägerin hatte nicht die Absicht, die Bebauung selbst vorzunehmen, diese sollte vielmehr durch die Y-GmbH aufgrund eines Erbbaurechtes durchgeführt werden. Die Bebauung durch die Y-GmbH kann der Klägerin nicht als eigene Zweckerfüllung zugerechnet werden. Eigentümerin der zu errichtenden Gebäude sollte nicht die Klägerin, sondern die Y-GmbH werden (vgl. § 12 Abs. 1, 2 der Erbbaurechtsverordnung §§ 93, 94, 946 BGB). Die Klägerin behielt nach der Erbbaurechtsbestellung nur das Eigentum an dem nicht mehr bebauungsfähigen Grundstück (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 28. November 1967 II R 37/66, BFHE 91, 191, 194, BStBl II 1968, 223).

Unerheblich ist es, welche Gründe zu der gewählten rechtlichen Konstruktion geführt haben. Wenn diese rechtliche Konstruktion der Finanzierung und damit mittelbar der Förderung des Wohnungsbaues diente, erwarb die Klägerin die Grundstücke zwar, um damit mittelbar den Wohnungsbau zu fördern. Dies reicht aber nicht aus, um die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a GrEStG Hessen zu erfüllen, weil die Klägerin das Grundstück nicht zur Bebauung (zur Schaffung von Wohnraum), sondern zur Finanzierung der Bebauung erworben hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch § 4 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. e GrEStG Hessen nicht auf ihren Erwerb angewendet werden. Nach dieser Vorschrift ist der Erwerb eines Grundstücks u. a. zur "Vergebung im Wege des Erbbaurechts" nur dann begünstigt, wenn der Erwerb durch eine Gebietskörperschaft oder eine von ihr betriebene Gesellschaft oder durch Organe der staatlichen Wohnungspolitik und gemeinnützige Wohnungsunternehmen erfolgt. Die Klägerin erfüllt keine dieser Voraussetzungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72145

BStBl II 1977, 90

BFHE 1977, 408

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge