Leitsatz (amtlich)
Dem Abzug der Gesellschaftsteuer für Kapitalzuführungen, die als Einlagen bei der Ermittlung des Gewinns abzusetzen sind, stehen § 13 KStG, § 3 c EStG nicht entgegen.
Normenkette
KStG §§ 6, 13; EStG § 4 Abs. 4, § 3c
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Aktiengesellschaft des englischen Rechts, errichtete im Jahr 1971 im Inland eine Zweigniederlassung, die in das Handelsregister eingetragen wurde. Sie stellte ihrer Zweigniederlassung im Jahr 1971 Betriebskapital in Höhe von ... DM und im Streitjahr 1972 Betriebskapital in Höhe von ... DM zur Verfügung. Darauf entfielen Gesellschaftsteuerbeträge von ... DM und ... DM.
Die Klägerin behandelte diese Beträge bei der Ermittlung des Gewinns der Zweigniederlassung als Betriebsausgaben. Sie erklärte daher in der Körperschaftsteuererklärung 1971 für die Zweigniederlassung einen Verlust von ... DM und in der Körperschaftsteuererklärung 1972 unter Berücksichtigung des Verlustabzugs einen Gewinn von ... DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) kürzte bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1972 den Verlustabzug 1971 um ... DM und erhöhte den erklärten Gewinn 1972 um ... DM.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Auf die Klage hat das FG die Körperschaftsteuer 1972 um den Betrag herabgesetzt, der sich daraus ergab, daß es die gezahlten Gesellschaftsteuerbeträge als Betriebsausgaben zum Abzug zugelassen hat. Zur Begründung hat das FG, dessen Entscheidung in EFG 1976, 154 veröffentlicht ist, ausgeführt, die Gesellschaftsteuerbeträge seien Betriebsausgaben, weil sie durch den Betrieb der Zweigniederlassung veranlaßt gewesen seien. Der Abzug als Betriebsausgaben sei nicht nach § 13 KStG, § 3 c EStG ausgeschlossen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der Verletzung der § 13 KStG, § 3 c EStG gerügt wird. Nach diesen Vorschriften dürften Ausgaben nicht abgezogen werden, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen oder mit nicht steuerbaren Vermögenszuflüssen (gesellschaftliche Einlagen) bestehe.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Gesellschaftsteuerbeträge sind bei der Ermittlung des Betriebstättengewinns als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 a, §§ 50, 4 Abs. 4 EStG, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 KStG).
1. Die Klägerin ist mit ihren Einkünften aus der im Inland unterhaltenen Betriebstätte (Zweigniederlassung) beschränkt steuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG). Gegenstand der Besteuerung ist nach ständiger Rechtsprechung der Gewinn der Klägerin, der dieser Betriebstätte zuzurechnen ist (Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstätten und Tochtergesellschaften ausländischer Kapitalgesellschaften, 78). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat die Klägerin den Gewinn nach der sogenannten direkten Methode aufgrund einer gesonderten Bilanz (Betriebstättenbilanz) ermittelt. Dagegen ist nichts einzuwenden; der BFH hat sich wiederholt für den Vorrang der sogenannten direkten Methode vor der sogenannten indirekten Methode ausgesprochen (Urteile vom 27. Juli 1965 I 110/63 S, BFHE 84, 69, BStBl III 1966, 24, und vom 28. Juni 1972 I R 35/70, BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785).
2. Aus § 50 Abs. 1 EStG folgt, daß bei der Ermittlung des Betriebstättengewinns Betriebsausgaben nur insoweit abgezogen werden dürfen, als sie mit den der Betriebstätte zuzurechnenden Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall für die Gesellschaftsteuer erfüllt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 KVStG unterliegt der Gesellschaftsteuer auch die Zuführung von Anlage- oder Betriebskapital durch eine ausländische Kapitalgesellschaft an ihre inländische Niederlassung. Da das zugeführte Kapital der Erzielung von Einkünften durch die Zweigniederlassung diente, steht die Gesellschaftsteuer im wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen Einkünften.
3. Der Abzug als Betriebsausgabe ist nicht durch § 13 KStG, § 3 c EStG ausgeschlossen. Nach § 3 c EStG dürfen Ausgaben nicht als Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) abgezogen werden, soweit sie mit "steuerfreien Einnahmen" in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Die Zuführung von Betriebskapital durch die Klägerin an ihre inländische Betriebstätte (Zweigniederlassung) war bei der Ermittlung des Betriebstättengewinns keine "steuerfreie Einnahme". Das folgt allerdings nicht daraus, daß die Zweigniederlassung der Klägerin rechtlich unselbständig und Steuerrechtssubjekt allein die Klägerin ist. Denn bei der Ermittlung des Betriebstättengewinns nach der sogenannten direkten Methode ist von einer gewissen Selbständigkeit der inländischen Betriebstätte auszugehen (im einzelnen vergleiche dazu Mersmann, a. a. O., 89 ff.). Das hat zur Folge, daß die Zuführung von Kapital durch die Klägerin an ihre inländische Betriebstätte wie eine Einlage zu behandeln ist (Mersmann, a. a. O., 105).
Eine Einlage ist keine "steuerfreie Einnahme". Die durch sie bewirkte Vermögensmehrung unterliegt allerdings nicht der Besteuerung, aber nicht, weil sie eine steuerfreie Einnahme wäre, sondern weil sie, wie das FG zutreffend entschieden hat und wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt, schon begrifflich nicht zum Gewinn gehört (Thiel, Der Betrieb 1960 S. 532, 533).
Der Senat ist allerdings in der bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, daß die Gesellschaftsteuer für sogenanntes verdecktes Stammkapital und auch allgemein für verdeckte Einlagen nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden darf, weil sie mit einem der Besteuerung nicht unterliegenden Vermögenszugang zusammenhänge (Urteile vom 6. Oktober 1959 I 136/59 U, BFHE 70, 24, BStBl III 1960, 10, und vom 17. Oktober 1961 I 66/60 U, BFHE 73, 784, BStBl III 1961, 551). In dem BFH-Urteil I 136/59 U ist dies näher damit begründet, daß es nach der amtlichen Begründung zum Körperschaftsteuergesetz 1934 "selbstverständlich" sei, daß "Aufwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens, zur Geschäftsbegründung und Geschäftserweiterung, zu Kapitalanlagen, zur Schuldentilgung usw." bei der Ermittlung des Einkommens nicht abgezogen werden dürften, soweit hier nicht Sondervorschriften (z. B. § 11 Nr. 1 KStG) bestünden. Diese Auffassung läßt sich nicht aufrechterhalten. "Aufwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens" sind allerdings nicht abzugsfähig, wenn durch sie ein aktivierbares Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird. Die Aufwendungen gehören dann zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, mit denen dieses Wirtschaftsgut zu bewerten ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG). Es gibt aber auch "Aufwendungen zur Verbesserung und Vermehrung des Vermögens", die abzugsfähig sind, z. B. Aufwendungen zur Erlangung oder Verbesserung des eigenen Geschäftswerts (§ 153 Abs. 5 AktG, § 5 EStG). Ähnlich ist es mit den "Aufwendungen zur Geschäftsbegründung und Geschäftserweiterung". Abgesehen von der Sondervorschrift für die Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen (§ 11 Nr. 1 KStG) können Kosten der Gründung oder Erweiterung des Geschäfts abzugsfähig sein, z. B. Löhne, Gehälter und Provisionen für Dienstleistungen zur Errichtung einer Zweigniederlassung. Abzugsfähig sind ferner die Kosten der Beschaffung von Fremdkapital, z. B. der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (BFH-Urteil vom 21. Februar 1973 I R 106/71, BFHE 109, 22, BStBl II 1973, 460), abzugsfähig ist auch die Gesellschaftsteuer für kapitalersetzende Darlehen (BFH-Urteile vom 4. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802, und vom 10. Dezember 1975 I R 135/74, BFHE 117, 467, BStBl II 1976, 226). Was schließlich die "Aufwendungen zur Schuldentilgung" betrifft, ist die Schuldentilgung selbst nicht abzugsfähig, da ihr eine Verminderung der Schuld gegenübersteht. Wohl aber sind abzugsfähig die Aufwendungen, die sonst durch die Schuldtilgung veranlaßt sind, z. B. die Kosten der Geldüberweisung.
Der Senat hält es nicht für zulässig, § 13 KStG, § 3 c EStG dahin zu verallgemeinern, daß Ausgaben nicht abzugsfähig seien, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermögensmehrungen stehen, die - gleich aus welchem Grund - nicht besteuert werden, also auch mit Vermögensmehrungen durch Einlagen. Dies wäre eine unzulässige Analogie zuungunsten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteile vom 10. Februar 1972 I R 205/66, BFHE 105, 15, BStBl II 1972, 455; vom 16. Dezember 1975 VIII R 3/74, BFHE 117, 563, BStBl II 1976, 246, und vom 18. Februar 1977 VI R 177/75, BFHE 121, 572, BStBl II 1977, 524). Der Begriff der steuerrechtlichen Einlage wird durch den möglichen Wortsinn des Ausdrucks "steuerfreie Einnahmen" nicht gedeckt. Ein rechtlich erheblicher Unterschied besteht darin, daß die steuerfreie Einnahme ein Vermögenszugang ist, der an sich geeignet wäre, Einkommen zu sein, die Einlage dagegen schon begrifflich kein Gewinn und damit auch kein Einkommen ist. Daher hätte auch nach dem § 13 KStG a. F. ein Verbot des Abzugs der Gesellschaftsteuer nicht auf den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einlagen gestützt werden können. Der Senat hat zu dieser Vorschrift entschieden, daß der Ausgabenabzug beschränkt wird, "wenn in dem steuerlichen Einkommen des Steuerpflichtigen Beträge, die an sich geeignet wären, Einkommensteile zu bilden, nicht enthalten und daher nicht Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer sind" (Urteil vom 25. Oktober 1966 I 26/64, BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92).
Fundstellen
Haufe-Index 72734 |
BStBl II 1978, 346 |
BFHE 1978, 317 |