Leitsatz (amtlich)
Die Zweckdienlichkeitsbescheinigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG 1940 muß erkennen lassen, im Hinblick auf welchen der begünstigten Zwecke die zuständige Behörde den Grundstücksaustausch geprüft und als zweckdienlich anerkannt hat.
Normenkette
GrEStG 1940 § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines größeren Grundstücks (A) in H, das mit seiner westlichen Längsseite an die ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende F ...straße angrenzt. Außerdem gehörte ihm ein kleineres (753 qm großes), regelmäßig geformtes Eckgrundstück (b) auf der anderen Seite der F ...straße, das mit seiner Nordseite an die ungefähr in West-Ost-Richtung verlaufende K ...straße, mit seiner Ostseite an die F ...straße, mit seiner Süd- und seiner Westseite an ein Grundstück der Witwe W angrenzte. Diese war Eigentümerin zweier Grundstücke, die gewissermaßen seitenverkehrt zu denen des Klägers lagen: ihr größeres Grundstück (B) grenzte mit seiner östlichen Längsseite an die F ...straße, ihr kleineres, 687 qm großes, regelmäßig geformtes Grundstück (a) lag auf der anderen Seite der F ...straße und grenzte mit seiner Nordseite an die K ...straße, mit seiner Westseite an die F ...straße, mit seiner Süd- und seiner Ostseite an das Grundstück A des Klägers.
Durch Vertrag vom 5. März 1959 erwarb der Kläger das Grundstück (a) im Tausch gegen das Grundstück (b), so daß er nunmehr zusammenhängende Grundstücke (A + a) auf der einen Straßenseite, die Witwe zusammenhängende Grundstücke (B + b) auf der anderen Straßenseite besaßen. Der Kläger machte geltend, der Austausch der beiden Grundstücke sei gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG 1940 von der Besteuerung ausgenommen, denn der Tausch habe - laut Vertrag - ihm "zur besseren Bewirtschaftung" seines Grundstücks (A), der Witwe "zur besseren Bewirtschaftung" ihres Grundstücks (B) gedient.
Das FA übersandte den Tauschvertrag dem Katasteramt K "mit der Bitte um Prüfung, ob der vorliegende Austausch von Grundstücken nach § 4 Abs. 1 Ziffer 3 Buchstabe b Grunderwerbsteuergesetz als zweckdienlich anerkannt" werde. Der Oberkreisdirektor - Katasterabt. - antwortete, indem er einen vom FA vorformulierten Satz durch Bezeichnung der Vertragsurkunde ergänzte, daß "der Grundstückstausch... nach § 4 Abs. 1 Ziffer 3 Buchstabe b GrEStG in Verbindung mit den DB als zweckdienlich anerkannt" werde. Daraufhin hielt das FA die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift zunächst für gegeben und erteilte die Unbedenklichkeitsbescheinigung Später kam es auf Grund einer vom Landesrechnungshof veranlaßten Prüfung zu der Ansicht, daß der Tauschvertrag der Grunderwerbsteuer unterliege und nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG 1940 von der Besteuerung ausgenommen sei, weil es sich bei den getauschten Grundstücken nicht um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke handele. Es setzte die Grunderwerbsteuer für den Kläger durch Bescheid vom 1. April 1963 auf 474,35 DM fest, den Einspruch wies es zurück.
Das FG hob durch das in den EFG 1968, 430, veröffentlichte Urteil Einspruchsentscheidung und Steuerbescheid auf. Der Grundstückstausch sei von der Besteuerung ausgenommen, weil er "zur Grenzverlegung" gedient habe. Der Begriff "zur Grenzverlegung" setze nicht voraus, daß zwischen den Grundstücken der Tauschpartner vor oder nach dem Tausch eine gemeinsame Grenze bestanden habe; es genüge, daß - wie im vorliegenden Falle - "sich durch den Tausch die äußere Grenzlinie der im Eigentum der tauschenden Partei ... stehenden Grundstücke ändert".
Entscheidungsgründe
Die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Das angefochtene Urteil beruht auf unrichtiger Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG 1940. Für diese Beurteilung kann dahingestellt bleiben, ob das FG das Tatbestandsmerkmal "Austausch von Grundstücken zur Grenzverlegung" richtig ausgelegt hat (der erkennende Senat hat im Urteil vom 25. März 1971 II 237/65, BFHE 102, 415, BStBl II 1971, 645, eine "Grenzverlegung" nicht für gegeben erachtet, weil "die beiden Grundstükke ... keine gemeinsame Grenze" hatten). Denn selbst wenn man insoweit der Auffassung des FG folgte, fehlte es an einer ausreichenden, vom Gesetz vorgeschriebenen Zweckdienlichkeitsbescheinigung der zuständigen Behörde. Da sich die durch § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG 1974 begünstigten Zwecke ("zur Grenzverlegung", "zur besseren Bewirtschaftung von zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken" oder "zur besseren Gestaltung von Bauland") in Ziel und Voraussetzungen unterscheiden, muß die Zweckdienlichkeitsbescheinigung erkennen lassen, im Hinblick auf welchen der begünstigten Zwecke die zuständige Behörde den Grundstücksaustausch geprüft und als zweckdienlich anerkannt hat. Diesem Erfordernis genügt die vorliegende, im wesentlichen auf den vom FA vorformulierten allgemeinen Satz beschränkte Zweckdienlichkeitsbescheinigung nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 71247 |
BStBl II 1975, 247 |
BFHE 1975, 284 |