Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung Doppelbesteuerungsabkommen
Leitsatz (amtlich)
Zinsen für Schulden, die zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen worden sind, sind als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit die Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung den Betrag der aufzuwendenden Schuldzinsen nicht decken.
Setzt das Finanzamt die Steuer vorläufig fest, indem es den Inhalt der abgegebenen Steuererklärung der vorläufigen Festsetzung zugrunde legt, so liegt hierin keine Billigung der in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Rechtsansichten des Steuerpflichtigen, sondern der ausdrücklichen Vorbehalt, bei der endgültigen Veranlagung zu abweichenden Ergebnissen zu kommen.
Normenkette
KStG §§ 9, 13; AO § 100; OECD-MA 23A; AO § 100 Abs. 2; OECD-MA 23A/1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), eine AG, erwarb 1950 eine Beteiligung von 50 v. H. an der E- GmbH und erhöhte später ihren Anteil bei Kapitalerhöhungen der E- GmbH auf 75 v. H. und schließlich auf 99 v. H. Die Mittel zum Erwerb der Anteile und zu den Kapitalerhöhungen verschaffte sie sich durch Aufnahme von Darlehen. Die von ihr gezahlten Darlehenszinsen wollte sie als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt wissen, während der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) den Abzug in den angegriffenen Veranlagungen der Streitjahre 1953 und 1957 mit der Begründung versagt, die Zinsen stünden im Zusammenhang mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen, nämlich den wegen Vorliegens einer Schachtelbeteiligung nicht steuerpflichtigen Gewinnanteilen aus der Beteiligung an der E-GmbH.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG, dessen Urteil in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1964 S. 171 veröffentlicht wurde, ist der Ansicht, der Abzug der Zinsen sei nach § 13 in Verbindung mit § 9 KStG zu versagen. § 13 KStG könne nur dahin verstanden werden, daß der Ausgabenabzug beschränkt sei, wenn in dem Einkommen des Steuerpflichtigen Beträge, die an sich geeignet wären, Einkommensteile zu bilden, nicht enthalten und daher nicht Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer sind. § 13 Satz 1 KStG lasse nicht erkennen, daß Einkünfte oder Teile von Einkünften in dem Jahr, für das die Besteuerung vorzunehmen sei, bei der Ermittlung des Einkommens tatsächlich außer Ansatz geblieben sein müßten, um den Ausgabenabzug auszuschließen. So wenig es für die Frage der Abzugsfähigkeit oder Nichtabzugsfähigkeit darauf ankommen könne, ob das Ergebnis positiv, null oder negativ sei, so wenig könne es darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige tatsächlich eine Schachteldividende bezogen habe oder nicht. Es finde auch keine Besteuerung der Einnahmen durch die Versteuerung bei der Untergesellschaft statt. Die Besteuerung der Tochtergesellschaft sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Auch durch die Einführung der Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG seien die Voraussetzungen für die Anwendung des § 13 Satz 1 KStG nicht weggefallen.
Mit der Rb., die gemäß § 184 Abs. 2 FGO als Revision zu behandeln ist, wird § 13 KStG in der Auslegung durch den Reichsfinanzhof (RFH) und die Vorinstanz für verfassungswidrig gehalten, weil die Steuerbelastung durch eine unbestimmte Vorschrift verschärft werde. Sei § 13 KStG rechtsgültig, so sei er von der Vorinstanz unrichtig angewandt worden.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren beigetreten. Er ist der Ansicht, der von § 13 KStG geforderte unmittelbare Zusammenhang liege vor. Es komme darauf an, ob die Schachtelbeteiligung mit den Kreditmitteln zum Zwecke der Dividendenerzielung erworben worden sei. Das Vorliegen einer solchen Zweckbeziehung zwischen Zinszahlung und Dividendenbezug ergebe sich aus der Absicht, die der Steuerpflichtige mit dem Erwerb der Schachtelbeteiligung verfolgt habe. Seien mehrere Beweggründe nebeneinander maßgebend für den Erwerb der Schachtelbeteiligung gewesen, so sei entscheidend, welcher der mehreren Gründe ausschlaggebend gewesen sei. Lasse sich feststellen, daß ein Hauptmotiv auch für sich allein den Erwerb veranlaßt habe, während die übrigen Beweggründe dazu nicht ausgereicht hätten, so sei für die Bestimmung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Kreditaufnahme und einem Ertrag nur das Hauptmotiv maßgebend. Hätten mehrere Beweggründe zusammen erst den Erwerb veranlaßt, so sei die Feststellung zu treffen, daß die Kreditzinsen mit Erträgen verschiedener Art in Zusammenhang ständen. Dementsprechend seien sie teils abzugsfähig und teils nicht. Welche der verschiedenen möglichen Zweckbeziehungen im Einzelfall bestehe, sei eine Frage der Sachverhaltsermittlung. Bei den für die zu treffende Entscheidung maßgeblichen überlegungen dürfe davon ausgegangen werden, daß eine Gesellschaft durch den Erwerb einer Schachtelbeteiligung in aller Regel bezwecke, an den Gewinnen der Untergesellschaft teilzuhaben.
Wenn auch § 13 KStG nicht glücklich gefaßt sei, so sei doch klar, daß er inhaltlich ebenso zu verstehen sei wie § 3 c EStG 1958, wonach Betriebsausgaben nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. § 13 KStG sei nicht verfassungswidrig. Die Schachteleinnahmen seien nach § 9 Abs. 1 KStG steuerfrei; daran habe auch die Einführung der Nachsteuer nichts geändert. Die Abzugsfähigkeit der mit den Schachteldividenden zusammenhängenden Zinsen sei also zu verneinen. Entscheide man anders, so könne die Abzugsfähigkeit oder Nichtabzugsfähigkeit der Schuldzinsen als Betriebsausgaben willkürlich gebucht werden. Bei genügend großer Beteiligung könne die Obergesellschaft auf die Geschäftsführung der Untergesellschaft Einfluß nehmen und unbeschränkt über Ausschüttung oder Thesaurierung der Gewinne entscheiden. Die Kreditzinsen seien dann in allen Thesaurierungsjahren voll abzugsfähig. Unter das Abzugsverbot fielen nur die Kreditzinsen, die die Obergesellschaft in dem von ihr mehr oder weniger willkürlich gewählten Ausschüttungsjahre zu zahlen habe.
Gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 FGO ist auch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen dem Verfahren beigetreten. Es trug u. a. vor, die Schachtelbeteiligung gehöre zu denjenigen Wirtschaftsgütern, bei denen nur die Erträge, nicht jedoch das Wirtschaftsgut als solches, insbesondere also nicht Gewinne (oder Verluste) aus der Veräußerung der Beteiligung, für steuerfrei erklärt seien. Ein Beispiel für den umgekehrten Fall biete im Rahmen der Gewinneinkünfte die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG. Das geltende Einkommensteuerrecht baue auch außerhalb der Gewinneinkünfte, also im Rahmen der überschußeinkünfte, auf materiell gleichartigen Grundsätzen auf mit der Folge, daß hier nur die Erträge eines Wirtschaftsgutes, (z. B. Grundbesitz, Wertpapiere usw. des Privatvermögens) steuerpflichtig seien, das Wirtschaftsgut als solches hingegen, insbesondere also die Gewinne (oder Verluste) aus der Veräußerung des Wirtschaftsgutes, nicht steuerpflichtig seien. Wolle man annehmen, daß Ausgaben, die zum Zwecke der Erzielung von Schachteldividenden, also von steuerfreien Erträgen eines an sich steuerpflichtigen Wirtschaftsguts gemacht worden seien, nur insoweit abzugsfähig seien, als in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr, das der Veranlagung zugrunde liegt, auch steuerfreie Einnahmen angefallen seien, so müsse man folgerichtig für den umgekehrten Fall, also bei Ausgaben, die zum Zwecke der Erzielung von steuerpflichtigen Erträgen eines an sich steuerfreien Wirtschaftsguts gemacht worden seien, entsprechend verfahren, d. h. derartige Ausgaben nur insoweit zum Abzug zulassen, als in dem fraglichen Steuerabschnitt auch steuerpflichtige Einnahmen angefallen sind. Das widerspreche aber der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis.
Gehe man jedoch davon aus, daß nach der Sachverhaltsfeststellung im Einzelfall ausnahmsweise der Erwerb einer Schachtelbeteiligung gleichwertig durch die Dividendenaussicht und durch die Aussicht auf andere mit dem Besitz der Anteile verbundene Vorteile motiviert sei, so könne dies jedenfalls nicht dazu führen, daß die Zinsen für einen Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung voll abzugsfähig seien. Vielmehr wären die Zinsen in diesem Fall teilweise abzugsfähig und teils nicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.
I. Der Stpfl. kann nicht in der Ansicht gefolgt werden, das FA verstoße gegen Treu und Glauben, wenn es den Schuldzinsenabzug bei der endgültigen Veranlagung anders beurteile als in den vorhergehenden Jahren und in den vorläufigen Bescheiden. Das FG hat in übereinstimmung mit den Akten festgestellt, daß das FA vor der streitigen Veranlagung den Abzug nicht gebilligt habe. Wenn das FA die nach Erklärung ergangenen Bescheide "vorläufig" machte, so liegt hierin keine Billigung der in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Rechtsansichten, sondern der ausdrückliche Vorbehalt, bei der endgültigen Veranlagung zu abweichenden Ergebnissen zu kommen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß bei einer früheren Prüfung und früheren Veranlagungen der gleiche Sachverhalt im Sinne der Stpfl. entschieden worden ist; das FA ist bei der Veranlagung an die Beurteilung des Sachverhalts in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (vgl. Entscheidung des BFH VI 221/57 U vom 19. September 1958, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 67 S. 396 - BFH 67, 396 -, BStBl III 1958, 425).
Auch eine Verwirkung des Steueranspruchs wegen Zeitablaufs kann nicht anerkannt werden. Es ist allgemeine Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß der zeitliche Ablauf allein nicht ausreicht, um die Verwirkung eines Rechts anzunehmen. Gegen eine Verwirkung spricht im vorliegenden Fall die vorläufige Veranlagung, die erkennen läßt, daß das FA einen endgültigen Bescheid beabsichtigte und die Stpfl. nicht zu der Ansicht veranlassen wollte, daß sich an der vorläufigen Veranlagung nichts mehr ändere.
II. Der Stpfl. kann auch nicht in der Ansicht zugestimmt werden, die Schachteleinnahmen seien bereits versteuerte Einnahmen. Die Besteuerung bei der Untergesellschaft kann nicht als Steuer der die Schachteldividende vereinnahmenden Obergesellschaft angesehen werden. Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß grundsätzlich sowohl die Obergesellschaft als auch die Untergesellschaft jeweils ihre eigenen Gewinne versteuert und nicht die eines anderen. Das wird besonders deutlich, wenn das Schachtelprivileg des § 9 Abs. 1 KStG nicht zur Anwendung kommt; in solchen Fällen könnte sich die empfangende Gesellschaft unstreitig nicht darauf berufen, daß ihr Gewinn bereits von der Untergesellschaft versteuert sei. Nur durch § 9 Abs. 1 KStG wird die empfangende Gesellschaft bei Erfüllung aller Voraussetzungen von ihrer Steuerpflicht befreit, um eine erneute Heranziehung von Beträgen zur Körperschaftsteuer zu vermeiden, die bereits bei der Untergesellschaft einer Versteuerung unterlegen haben; das bedeutet aber nicht, daß die Untergesellschaft die Steuerpflicht der Obergesellschaft erfüllt habe.
Auch die Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG macht die Schachteleinnahmen nicht zu versteuerten Einnahmen der Obergesellschaft. Im Urteil des Senats I 276/61 S vom 3. Juli 1963 (BFH 77, 394, BStBl III 1963, 464) ist die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 3 KStG dargestellt. Daraus ergibt sich, daß die Vergünstigung des ermäßigten Körperschaftsteuersatzes nicht zum Zuge kommen soll, wenn die Ausschüttung an eine Gesellschaft geht, die hierfür § 9 Abs. 1 KStG beanspruchen kann. Daß der Ausschluß von der Vergünstigung durch Artikel 4 des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BStBl I 1954, 575) gegen die Nachsteuer ausgetauscht wurde (wodurch die Untergesellschaft begünstigt ausschütten darf, die Obergesellschaft aber unter bestimmten Voraussetzungen die bei der Untergesellschaft ersparte Körperschaftsteuer zu entrichten hat), ist eine technische änderung der Steuererhebung. Dem Sinn und Zweck nach ist die Nachsteuer eine Ergänzung der von der Untergesellschaft gezahlten ermäßigten Körperschaftsteuer; die Steuerfreiheit der Schachteleinnahmen wird im Rahmen der nach den Einnahmen berechneten Körperschaftsteuer nicht dadurch berührt, daß diese Einnahmen einer vom Gewinn unabhängigen Körperschaftsteuer besonderer Art unterliegen. Es ist ferner zu beachten, daß die Nachsteuer nicht in jedem Fall erhoben wird, sondern nur, wenn die vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. Erfüllen die Ausschüttungen bei der Untergesellschaft nicht die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 KStG, wie dies z. B. bei verdeckten Gewinnausschüttungen der Fall ist, so führen sie zu keiner Ermäßigung der Körperschaftsteuer, so daß auch keine Nachsteuer erhoben zu werden braucht. In diesen Fällen unterliegen deshalb die Schachteldividenden bei der Obergesellschaft keinerlei Steuerbelastung. Die theoretische Möglichkeit, daß die Nachsteuer auch in solchen Fällen entstanden wäre, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt wären, kann die Ansicht, daß Schachteleinnahmen seit Einführung der Nachsteuer steuerpflichtig seien, nicht rechtfertigen. Ferner ist von Bedeutung, das die Weiterausschüttung der von einer Muttergesellschaft empfangenen Dividenden an ihre Aktionäre die Festsetzung der Nachsteuer ausschließt. Entscheidend ist jedoch - wie der BdF zutreffend ausgeführt hat - daß die Einkommensermittlung der Obergesellschaft durch die Erhebung der besonders gearteten Nachsteuer nicht berührt wird. Die Schachteldividenden bleiben nämlich bei Ermittlung des Einkommens der Obergesellschaft nach wie vor "außer Ansatz", d. h. steuerfrei.
III. Der Stpfl. kann auch nicht in der Ansicht gefolgt werden, bei den Zinsen fehle der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Schachteldividenden. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist gegeben, wenn die Ausgaben und die Erträge in der Wirtschaftsführung des Unternehmens nach Entstehung und Zweckbestimmung verbunden sind, wenn also die Ausgaben ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen sind, die die Erträge betreffen. Die Ausgaben sind zum Erwerb der Schachtelbeteiligung gemacht, die mannigfache Wirkungen und Vorteile für den Erwerbenden haben kann. Mit einer Schachtelbeteiligung kann der Erwerber beabsichtigen, Einfluß auf den fremden Betrieb zu gewinnen oder eine Konkurrenz auszuschalten oder wirtschaftliche Beziehungen, wie den Absatz der Erzeugnisse oder den Bezug von Produktionsmitteln zu sichern, die Beteiligung als Kapitalanlage zu benutzen und an der Wertsteigerung und unter Umständen an einer Gesamtverwaltung teilzunehmen; aber auch die Erwartung der Dividende kann und wird Zweck des Erwerbs der Schachtelbeteiligung sein. Diese Zwecke sind in aller Regel miteinander verbunden. Können hiernach mehrere Motive, unter diesen auch der Wunsch, Dividende zu erzielen, den Erwerb einer Schachtelbeteiligung bestimmen, so kann nicht allgemein bestritten werden, daß die Dividendenerwartung mitbestimmend für den Erwerb ist. Dies würde der Lebenserfahrung widersprechen. Darum kann der wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Dividenden nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß der Erwerbende vorträgt, er habe mit dem Erwerb einen anderen Zweck als den der Dividendeneinnahme erstrebt.
IV. Zutreffend ist die Vorinstanz zu dem Ergebnis gekommen, daß die Formulierung in § 13 KStG "Ist das Einkommen nur zu einem Teil steuerpflichtig" mit § 5 Abs. 1 KStG "Die Körperschaftsteuer bemißt sich nach dem Einkommen" nicht in Einklang steht. Die Begriffe "Einnahmen", "Einkünfte" und "Einkommen" haben im Steuerrecht eine unterschiedliche Bedeutung. Verwendet man den Begriff "Einkommen" im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG, so ist zu beachten, daß der Personensteuercharakter der Körperschaftsteuer wohl persönliche Befreiungen zuläßt, nicht aber die Befreiung von Einkommen. Der Gesetzestext gibt also bei reiner Wortauslegung keine Klarheit. Der Auslegung obliegt es darum festzustellen, was das Gesetz meint. Dem FG ist in der Ansicht zu folgen, daß der Ausgabenabzug durch § 13 KStG beschränkt wird, wenn in dem steuerlichen Einkommen des Steuerpflichtigen Beträge, die an sich geeignet wären, Einkommensteile zu bilden, nicht enthalten und daher nicht Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer sind. Diese Auslegung ergibt sich trotz des ungenauen Wortlauts nach dem Sinn der Vorschrift hinreichend deutlich, so daß diese als verfassungsmäßig angesehen werden kann.
Der Vorinstanz kann aber nicht in dem weiteren Schluß gefolgt werden, daß nur solche Ausgaben abgezogen werden dürfen, die mit einer Einkunftsart in Zusammenhang stehen, deren Ergebnisse dem Grunde nach bei der Einkommensbesteuerung erfaßt werden. Der Abzug oder die Verweigerung des Abzugs von Ausgaben ist vielmehr davon abhängig, inwieweit die Einnahmen oder Einkünfte mit denen sie zusammenhängen, steuerbefreit sind oder steuerlich außer Ansatz bleiben. Die Verweigerung des Abzugs der gesamten Schuldzinsen wäre im vorliegenden Fall nur dann gerechtfertigt, wenn man § 9 KStG so deuten könnte, daß die - nicht nur wegen der Dividende, sondern auch wegen anderer mit ihrem Besitz verbundenen Vorteile erworbenen - Schachtelbeteiligungen keinerlei Einfluß auf den Gewinn ausüben könnten. Das ist aber nicht der Fall.
Im Urteil I 250/37 vom 14. Dezember 1937 (RStBl 1938, 67) hat der RFH ausgeführt, daß das Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht bei der Gewinnbesteuerung unterschiedliche Steuerbefreiungen kennt: Wird ein bestimmtes Wirtschaftsgut samt seinen Erträgen von der Besteuerung ausgenommen, so bleiben nicht nur die Früchte dieses Wirtschaftsgutes steuerfrei, sondern das Wirtschaftsgut scheidet auch selbst aus dem Vermögensvergleich aus; es gilt steuerlich als nicht vorhanden. Infolgedessen können, ohne daß es hierfür einer ausdrücklichen Vorschrift bedürfte, auch etwaige Veränderungen des Wertes des Wirtschaftsgutes den steuerpflichtigen Gewinn nicht beeinflussen. Das Gesetz drückt sich in solchen Fällen in der Regel dahin aus, daß die "Einkünfte aus dem betreffenden Wirtschaftsgut, das ist hier der Gewinn, als Ergebnis des Vermögensvergleichs von der Steuer befreit oder bei der steuerlichen Einkommensermittlung außer Ansatz zu lassen sind (Entscheidung des RFH I 250/37, a. a. O.). In diesem Fall ist der Abzug der gesamten, mit den Teileinkünften zusammenhängenden Ausgaben, auch von Schuldzinsen, untersagt. Auch ein hieraus sich ergebender, bei der Berechnung der mit dem Wirtschaftsgut zusammenhängenden Einkünfte entstehender Verlust kann bei den Steuern vom Einkommen nicht berücksichtigt werden. Das trifft z. B. bei der Steuerbefreiung der ausländischen Betriebstätte eines inländischen Unternehmens auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens zu (§ 9 StAnpG).
In anderen Fällen scheiden jeweils nur einzelne Bestandteile der Einkünfte aus bestimmten Wirtschaftsgütern für die Besteuerung aus. Es wird entweder nur das Wirtschaftsgut von dem steuerlichen Vermögensvergleich ausgenommen, während seine Erträge steuerpflichtig bleiben. In diesem Falle können Minderungen des Wertes des beim Vermögensvergleich außer Ansatz zu lassenden Wirtschaftsgutes den steuerpflichtigen Gewinn nicht beeinflussen. Hier sind die mit den steuerpflichtigen Erträgen (Früchten) des Wirtschaftsgutes in Zusammenhang stehenden Ausgaben abzugsfähig.
Schließlich können auch die Erträge (Früchte) des Wirtschaftsgutes als steuerfrei erklärt werden, während die Einbeziehung des Wirtschaftsgutes selbst in den steuerlichen Vermögensvergleich unberührt gelassen wird. In diesem Falle dürfen die mit den steuerfreien Erträgen (Früchten) des Wirtschaftsgutes in Zusammenhang stehenden Ausgaben auf Grund des § 13 KStG nicht abgezogen werden.
Zu dieser letzten Gruppe gehört die Befreiung der Einnahmen aus Schachtelbeteiligungen. § 9 Abs. 1 KStG beschränkt sich darauf, die Schachteldividenden beim Empfänger steuerfrei zu lassen. Die Befreiung des § 9 Abs. 1 KStG ist also auf die Schachteleinnahmen beschränkt. Wertänderungen der Schachtelbeteiligung haben Einfluß auf den Gewinn, sobald sie in der Steuerbilanz in Erscheinung treten. Ebenso wird bei einer Veräußerung der Schachtelbeteiligung der Gewinn erhöht, wenn der Erlös höher ist als der Buchwert.
Man kann darum den Abzug der Schuldzinsen oder die Versagung dieses Abzugs nach § 13 KStG für den vorliegenden Rechtsstreit nur im Zusammenhang mit der Befreiung der Einnahmen sehen. Es kommt darauf an, inwieweit die Schuldzinsen mit den steuerlich außer Ansatz bleibenden Schachteleinnahmen in Zusammenhang stehen und deshalb nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. - Bei Beurteilung der Frage, inwieweit Schuldzinsen im Fall der Kreditaufnahme für den Ankauf von Aktien beim Kapitaleinkommen als Werbungskosten abzugsfähig sind, hat der BFH für die Schuldzinsen einen Zusammenhang mit den Dividenden nur in Höhe des Zufließens derselben angenommen und die Zinsen nur insoweit als Werbungskosten behandelt (vgl. zuletzt das Urteil VI 26/62 S vom 27. November 1964, BFH 81, 452, BStBl III 1965, 164). Auch in diesem Urteil ging der BFH davon aus, daß die Wertpapiere nicht nur im Hinblick auf die Dividenden, sondern auch aus anderen Motiven erworben worden seien. Aus den zugeflossenen Dividenden würden praktisch meist die Schuldzinsen bezahlt. Nach Ansicht des Senats sind diese Gesichtspunkte auch im vorliegenden Fall bei Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Schuldzinsen und steuerfreien Schachteleinnahmen beachtenswert. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats, daß, wenn in dem zur Veranlassung stehenden Wirtschaftsjahr keine Schachteleinnahmen vorliegen, die Voraussetzungen für die Versagung des Ausgabenabzugs gemäß § 13 KStG nicht erfüllt sind.
Wenn sich das FG demgegenüber auf das Urteil des RFH I A 169/36 vom 22. September 1936 (RStBl 1936, 1181) beruft, so ist zuzugeben, daß der RFH hier den Schuldzinsenabzug auch dann in vollem Umfang versagt, wenn eine Schachtelbeteiligung vorliegt, aber im Streitjahr keine Einnahmen daraus zugeflossen sind. Es kann aber nicht übersehen werden, daß der RFH a. a. O. darauf hinweist, daß nicht mit Notwendigkeit aus dem Gesetz herauszulesen sei, ob die mit dem Privileg verbundene Steuerfreiheit sich in dem betreffenden Streitjahr auswirken müsse, um den § 13 KStG als anwendbar erscheinen zu lassen.
Die Interpretation des § 13 KStG durch den RFH in seiner Anwendung auf den vorliegenden Fall ist in der Tat keineswegs die einzig mögliche; es bietet sich vielmehr weit eher die Auslegung an, daß ein Schuldzinsenabzug zuzulassen ist, wenn keine Schachteleinnahmen vorliegen. Daß § 13 KStG in seiner Anwendung auf steuerfreie Einnahmen nur den Abzug von Ausgaben verbietet, die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, ist ein dem Wesen der Besteuerung entsprechender Grundsatz; der Steuerpflichtige soll durch die Befreiung solcher Einnahmen nicht den darüber hinausgehenden Vorteil haben, zusätzlich andere Einkünfte oder Einnahmen, die steuerpflichtig sind, zu kürzen. Damit ist die Auslegung ohne weiteres vereinbar, daß ein Schuldzinsenabzug nur insoweit nicht zulässig ist, als Dividenden aus Schachtelbeteiligungen - also Wirtschaftsgütern, die als solche aus dem Vermögensvergleich bei der Gewinnermittlung nicht ausscheiden - gemäß § 9 Abs. 1 KStG steuerfrei vereinnahmt werden. Dies wird vor allem auch deshalb gelten müssen, weil gerade beim Erwerb von Schachtelbeteiligungen im allgemeinen nicht nur die Dividendenaussicht, sondern auch die Aussicht auf andere mit dem Besitz der Anteile erworbenen Vorteile, darunter auch auf einen künftigen - der Körperschaftsteuer unterliegenden - Veräußerungsgewinn, das Motiv des Erwerbs bilden (siehe unter III).
Im vorliegenden Falle hat die Stpfl. unwidersprochen vorgetragen, daß es ihr beim Erwerb der Schachtelbeteiligung nicht auf die Erzielung von offenen oder verdeckten Gewinnausschüttungen angekommen sei, sondern daß der Zweck der Anschaffung der Erwerb aller Anteile und die Schaffung einer wirtschaftlichen und - wenn möglich - rechtlichen Einheit zwischen Ober- und Untergesellschaft mit deren günstigen wirtschaftlichen Folgen gewesen sei. Dieser Vortrag ist glaubhaft, da eine solche Einheit vor dem Ende des zweiten Weltkrieges bestand und nach den Streitjahren die restlichen Anteile von der Obergesellschaft erworben sind.
Die überlegungen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen führen zu keiner anderen Beurteilung. Im vorliegenden Fall sind die Zinszahlungen der Stpfl. ihrer Natur nach Betriebsausgaben; denn sie sind durch ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens, nämlich die Schachtelbeteiligung, veranlaßt. Eine Gewinnminderung durch diese Betriebsausgabe kann nur versagt werden, wenn dies vom Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt ist. Daß § 13 KStG für den vorliegenden Fall eine solche Vorschrift nicht enthält, ist oben ausgeführt. Auch ein allgemeiner Grundsatz des Einkommensteuerrechts, daß Ausgaben in vollem Umfang nichtabzugsfähig sind, wenn sie durch ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens veranlaßt werden, dessen Wertveränderungen sich im Falle der Realisierung auf den Gewinn auswirken, dessen Erträge aber von der Einkommensteuer befreit sind, ist nicht erkennbar. Andere Fälle, wie z. B. die vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen erwähnten Vorschriften des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG und des § 9 EStG, die einen anderen als den vorliegenden Sachverhalt betreffen, werden durch diese Entscheidung nicht berührt.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeit von Steuerminderungen durch Vermeidung von Ausschüttungen gegeben sein mag, aber nicht ausschlaggebend zu einer anderen Rechtsauslegung führen kann. Es wird von Fall zu Fall zu prüfen sein, ob Steuerumgehungen vorliegen.
Die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 1960 und die Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre sind darum aufzuheben (§§ 100 Abs. 1, 121 FGO).
Die Stpfl. hat beantragt, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO); diesem Antrag war wegen der Schwierigkeit des Streitstoffes zu entsprechen.
Fundstellen
Haufe-Index 412329 |
BStBl III 1967, 92 |
BFHE 1967, 243 |
BFHE 87, 243 |
BB 1967, 110 |
DB 1967, 187 |
DStR 1967, 133 |