Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins: Unzulässigkeit der Mandatsteilung und des Teilmandats
Leitsatz (NV)
Ist die Beratungsbefugnis eines Lohnsteuerhilfevereins nach § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG wegen schädlicher Einkünfte des Steuerpflichtigen nicht gegeben, so kann sie auch nicht durch eine Mandatsteilung oder die Erteilung eines Teilmandats begründet werden.
Normenkette
StBerG § 4 Nr. 11
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Lohnsteuerhilfeverein, reichte dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die Einkommensteuererklärung 1985 des Steuerpflichtigen S ein. Auf der Steuererklärung ist durch Anschriftenstempel des Klägers angegeben, dieser habe bei der Anfertigung der Erklärung und der Anlagen mitgewirkt; darunter befindet sich ein Anschriftenstempel des Steuerpflichtigen. In der Steuererklärung wurden neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Kommanditbeteiligung) und Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen (insgesamt 3 758 DM), die Werbungskosten hierzu (254 DM) und anzurechnende Körperschaft- und Kapitalertragsteuer sind im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung eingetragen. Die Anlage GSE, die ohne Angabe des Betrages einen Verlust aus der KG-Beteiligung ausweist, enthält den Anschriftenstempel und die Unterschrift des Steuerpflichtigen.
Das FA teilte dem Kläger durch Verfügung vom 14. Oktober 1986 mit, er sei nicht befugt, bei der Erstellung von Einkommensteuererklärungen für Herrn S mitzuwirken, weil über die in § 4 Nr. 11 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) genannten Einkünfte hinaus weitere Einkünfte vorlägen. Es wies den Kläger deshalb als Bevollmächtigten zurück.
Die Beschwerde und die Klage des Klägers gegen die Zurückweisungsverfügung blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte u. a. aus:
Das FA habe den Kläger gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) zu Recht als Bevollmächtigten zurückgewiesen. Dieser sei im Streitfall nach § 4 Nr. 11 StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt, weil der Steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Gewerbebetrieb erzielt hat, die in § 4 Nr. 11 StBerG nicht aufgeführt seien. Eine Mandatsteilung sei nicht zulässig, weil eine Einkommensteuererklärung sämtliche Einkünfte im Sinne des § 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens enthalten müsse und daher nur einheitlich erstellt werden könne. Deshalb könne auch die dem Kläger erteilte Zustellungsbevollmächtigung für den Steuerbescheid nicht auf einzelne Einkünfte beschränkt werden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorentscheidung halte sich zu sehr an den Wortlaut des § 4 Nr. 11 StBerG. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe dagegen ausgeführt, eine wortgetreue Auslegung der Vorschrift werde dem Sinn und Zweck der Regelung über die Befugnisse der Lohnsteuerhilfevereine zu einer beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen nicht gerecht (Urteil des Senats vom 17. November 1987 VII R 124/84, BFHE 151, 289, BStBl II 1988, 147). Wenn der Lohnsteuerhilfeverein in der Steuererklärung Angaben des Steuerpflichtigen selbst - wie im Streitfall hinsichtlich der Einnahmen aus Kapitalvermögen - oder Angaben eines Steuerberaters, der in beschränktem Umfang für den Steuerpflichtigen tätig werde, verwende, so schließe das bei verfassungskonformer Auslegung die Zulässigkeit seiner Beratungstätigkeit nicht aus. Denn der Lohnsteuerhilfeverein sei nicht gehindert, den gesamten Einkommensteuerbescheid zu überprüfen. Er müsse immer dann bei Steuererklärungen mitwirken können, wenn die wesentliche Einnahmequelle des Steuerpflichtigen ein Arbeitsverhältnis sei. Dabei schade es nichts, wenn Steuerberater oder der Steuerpflichtige selbst Teile der Steuererklärung erstellten. Es dürften auch die Bestrebungen der Bundesregierung, Eigentum und Kapitalbeteiligungen von Lohnsteuerpflichtigen zu fördern, nicht unbeachtet bleiben. Das müsse dazu führen, auch Einkünfte aus Kapitalvermögen als typische Arbeitnehmereinkünfte anzusehen, die der Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins nicht entgegenstünden.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie die Verfügung des FA vom 14. Oktober 1986 und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der Kläger ist nach § 80 Abs. 5 AO 1977 zu Recht als Bevollmächtigter des Steuerpflichtigen S zurückgewiesen worden. Er war zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung dieses Steuerpflichtigen nicht befugt.
1. Nach § 4 Nr. 11 StBerG sind Lohnsteuerhilfevereine zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder befugt. Die Befugnis gilt neben der Hilfe in Lohnsteuersachen (Satz 1) gemäß Satz 2 dieser Vorschrift auch für die Hilfeleistung in den Veranlagungsfällen des § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG und den übrigen Veranlagungsfällen des § 46 EStG, soweit
a) das Einkommen ausschließlich aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht oder
b) in dem Einkommen neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine anderen Einkünfte enthalten sind als der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (§ 21 a EStG) oder Bezüge aus den gesetzlichen Rentenversicherungen.
Soweit Lohnsteuerhilfevereine den Rahmen ihrer Befugnisse überschreiten, verstoßen sie gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen (§ 5 Satz 2 StBerG), und das FA kann sie nach § 80 Abs. 5 AO 1977 als Bevollmächtigte zurückweisen.
2. Das Gesetz stellt nach seinem Wortlaut für die Hilfeleistung in Veranlagungsfällen von Arbeitnehmern (§ 46 EStG) auf die Einkünfte ab, die Bestandteile des Einkommens des Steuerpflichtigen sind. Es beschränkt die Hilfeleistungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins auf die Fälle, in denen das Einkommen ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder neben diesen lediglich solche aus Vermietung und Verpachtung, und zwar insoweit beschränkt auf den Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (§ 21 a EStG), und/oder aus den gesetzlichen Rentenversicherungen enthält. Damit soll sichergestellt werden, daß die Lohnsteuerhilfevereine nur bei den typischen Arbeitnehmereinkünften Hilfe leisten. Liegen noch andere Einkünfte vor, z. B. aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen wie im Streitfall, so dürfen die Lohnsteuerhilfevereine insgesamt nicht tätig werden (vgl. Gehre, Steuerberatungsgesetz, § 4 Rdnr. 21).
Der erkennende Senat hat aber in dem von der Revision zitierten Urteil in BFHE 151, 289, BStBl II 1988, 147 der Auslegung des § 4 Nr. 11 StBerG nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift gegenüber derjenigen nach dem Wortlaut den Vorzug gegeben. Er hat entschieden, daß die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß der Steuerpflichtige auch Einkünfte aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft bezieht, die gemäß § 179 Abs. 1 und 2, § 180 AO 1977 einheitlich und gesondert festgestellt werden. Die Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet worden, daß diese Beteiligungseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) in der Einkommensteuererklärung nur nachrichtlich anzuführen sind und es insoweit keiner eigenständigen steuerlichen Beratungsleistung des Lohnsteuerhilfevereins, der die Steuererklärung erstellt, bedarf, weil nämlich die Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft in einem gesonderten Feststellungsverfahren zu erklären und dort für die Steuerfestsetzung der Beteiligten bindend festzustellen sind.
Im Streitfall sind im Einkommen des Steuerpflichtigen Einkünfte (Verluste) aus Gewerbebetrieb enthalten, die dieser als Mitunternehmer aus der Beteiligung an einer KG erzielt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Auch diese Einkünfte sind in einem besonderen Feststellungsverfahren einheitlich (für alle Mitunternehmer) und gesondert (von deren Einkommensteuerveranlagungen) festzustellen, und es bedarf für sie einer besonderen Steuererklärung, der die Gewinnermittlung für die Mitunternehmerschaft (KG) beigefügt werden muß. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Grundsätze seines Urteils in BFHE 151, 289, BStBl II 1988, 147 auch auf die gesondert zu erklärenden und festzustellenden Einkünfte aus der gewerblichen Mitunternehmerschaft zutreffen und ob der Lohnsteuerhilfeverein, wenn er an einer Einkommensteuererklärung eines Mitunternehmers mitwirkt, hinsichtlich dieser Einkünfte keine eigenständige steuerberatende Tätigkeit ausübt und er deshalb zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Denn die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter ist im Streitfall jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der Steuerpflichtige auch Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht.
3a) Einkünfte aus Kapitalvermögen schließen die Befugnis eines Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung in Steuersachen in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen nach § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG aus. Die Beratungsbefugnis bleibt zwar, wie der Senat im Urteil in BFHE 151, 289, BStBl II 1988, 147 entschieden hat, dann unberührt, wenn die Einnahmen aus Kapitalvermögen den Werbungskostenpauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 2 EStG) und den Sparerfreibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) nicht übersteigen. Im Streitfall verbleiben aber nach Abzug dieser Pauschbeträge und Freibeträge positive Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bei der Veranlagung zu erfassen sind.
b) Die Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG gestattet es nicht, die Hilfeleistungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen entgegen dem Wortlaut der Vorschrift über die oben genannten Fälle hinaus auch dann zu bejahen, wenn sonstige der Beratungsbefugnis schädliche Einkünfte - hier solche aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG - vorliegen. Diese müssen in der Einkommensteuererklärung erklärt und dort unter Berücksichtigung der dafür maßgeblichen steuerlichen Vorschriften im einzelnen ermittelt werden. Nach den Wertungen des Gesetzgebers kann unter Berücksichtigung der Anforderungen, die an die berufliche Qualifikation der Beratungsstellenleiter gestellt werden (vgl. § 23 Abs. 3 StBerG), nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Personen, die für den Lohnsteuerhilfeverein tätig werden, zu einer sachgerechten steuerlichen Beratung auch hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Lage sind. Denn es handelt sich insoweit nicht mehr um typische Arbeitnehmereinkünfte (vgl. BFHE 151, 289, BStBl II 1988, 147). Deshalb ist es auch vom Zweck des Gesetzes her gerechtfertigt, dem Lohnsteuerhilfeverein die Hilfeleistung in einem Arbeitnehmer-Veranlagungsfall allgemein zu untersagen, wenn im Einkommen des Steuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, die nicht ausdrücklich in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG genannt sind.
Diese Betrachtungsweise mag in Einzelfällen - z. B., wenn die Einkünfte gemäß § 20 EStG einfach zu ermitteln sind oder der Beratungsstellenleiter des Lohnsteuerhilfevereins besonders qualifiziert ist - als eng empfunden werden. Sie entspricht aber im Hinblick auf die bei der Gesetzgebung notwendige Typisierung neben dem Wortlaut auch dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 11 StBerG sowie den Erfordernissen praktikabler, insbesondere kontrollierbarer Gesetzesgestaltung, auf die vor allem bei der Regelung von Verboten nicht verzichtet werden kann. Die Gerichte sind nicht befugt, entgegen dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes den Umfang der typischen Arbeitnehmereinkünfte, auf die die Hilfeleistungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in den Arbeitnehmer-Veranlagungsfällen beschränkt ist, von sich aus zu erweitern. Daran ändert auch nichts, daß im Gesetzgebungsverfahren beabsichtigt ist, die Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in begrenztem Umfang auf Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen (vgl. dazu den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes, Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 11/3915, S. 15).
4a) Dem Lohnsteuerhilfeverein ist in Veranlagungsfällen wie dem vorliegenden die steuerliche Hilfeleistung auch dann untersagt, wenn er bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung nur hinsichtlich der Einkünfte und sonstigen Besteuerungsmerkmale beratend tätig wird, auf die sich seine Befugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG erstreckt, die übrigen (schädlichen) Einkünfte aber von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder - wie im Streitfall vorgetragen - vom Steuerpflichtigen selbst erklärt und ermittelt werden. Das FG hat mit Recht ausgeführt, daß eine solche Mandatsteilung unzulässig ist. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG schließt hinsichtlich desselben Veranlagungsfalles die Erteilung eines Teilmandats oder die Aufteilung des Mandats auf einen Lohnsteuerhilfeverein und - soweit diesem die Beratungstätigkeit nicht erlaubt ist - auf einen Angehörigen der steuer- oder rechtsberatenden Berufe aus. Denn die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins gilt in den Veranlagungsfällen des § 46 EStG nur, soweit das Einkommen ausschließlich aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht oder neben diesem in dem Einkommen keine anderen Einkünfte enthalten sind als solche nach § 21 a EStG oder aus den gesetzlichen Rentenversicherungen. Enthält dagegen das Einkommen eines Steuerpflichtigen Einkünfte, die in § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG nicht genannt sind, so ist dem Lohnsteuerhilfeverein die Beratungstätigkeit nicht nur für diese (schädlichen) Einkünfte, sondern für den gesamten Veranlagungsfall untersagt (vgl. Gehre, a.a.O., § 4 Rdnr. 21; Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, Kommentar, § 4 StBerG, Anm. B 79). Der Senat - hält im Gegensatz zu der von dem beigetretenen Bundesminister der Finanzen (BMF) vertretenen Rechtsauffassung - eine Aufteilung des einheitlichen Steuerfalles hinsichtlich der Beratungsbefugnis für unzulässig. Er ist ferner der Auffassung, daß dabei nicht nach den einzelnen Stufen der steuerlichen Hilfeleistung (Beratung, Erstellung der Steuererklärung, Vertretung im Veranlagungsverfahren) unterschieden werden kann.
Das Verbot der Mandatsteilung und damit der Zwang zur einheitlichen steuerlichen Beratung hinsichtlich desselben Veranlagungsfalles entspricht auch der Interessenlage und dem Schutz des Steuerpflichtigen und damit dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Zwischen den einzelnen Einkunftsarten und zwischen ihnen und den sonstigen Besteuerungsmerkmalen bestehen häufig Wechselbeziehungen. Bei einer Mandatsteilung, bei der der Lohnsteuerhilfeverein neben einem sonstigen steuerlichen Berater oder neben dem Steuerpflichtigen selbst nur für einen Teilbereich tätig wird und nur diesen beurteilt, bestünde die Gefahr, daß die oben genannten Wechselwirkungen nicht erkannt und dadurch z. B. Werbungskosten oder Betriebsausgaben nicht richtig zugeordnet, ihre Abzugsfähigkeit übersehen, steuerliche Wahlmöglichkeiten nicht wahrgenommen oder Einkünfte nicht erklärt werden, weil jeder der für einen Teilbereich Verantwortlichen sie dem Zuständigkeitsbereich des anderen zuordnet. Auch die Überprüfung des ergangenen Steuerbescheids durch einen steuerlichen Berater kann nur dann sachgerecht erfolgen, wenn sich dessen Beratungsmandat auf den gesamten Steuerfall erstreckt. Aus der Mandatsteilung könnten sich ferner Nachteile sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das FA dadurch ergeben, daß sich der Informationsfluß zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen Beratern und insbesondere zwischen den letzteren verzögert oder das FA sich mit mehreren Beratern auseinandersetzen muß. Auch besteht dann die Gefahr, daß Rechtsbehelfsfristen versäumt oder mehrere Rechtsbehelfe in derselben Sache eingelegt werden.
Der Kläger hat folglich mit seiner Erstellung der streitbefangenen Einkommensteuererklärung auch dann unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet, wenn die schädlichen Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht von ihm, sondern vom Steuerpflichtigen selbst ermittelt worden sind. Auf die Einzelheiten, wie diese Aufgabenteilung im Streitfall vorgenommen worden sein soll - eine vom Steuerpflichtigen erstellte Anlage KSO liegt nicht vor -, kommt es nicht an. Denn die Erteilung eines Teilmandats an einen Lohnsteuerhilfeverein, wie sie im Streitfall behauptet wird, kann rechtlich nicht anerkannt werden. Die zum Schutz des Steuerpflichtigen nach dem Gesetz beschränkte Hilfeleistungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine würde unkontrollierbar (vgl. dazu insbesondere § 27 Abs. 3 StBerG) und damit praktisch in eine Befugnis zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen umgewandelt, wenn der Lohnsteuerhilfeverein in den Veranlagungsfällen, die von § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG nicht mehr gedeckt sind, sich darauf berufen könnte, die dort nicht genannten (schädlichen) Einkünfte seien nicht von ihm, sondern vom Steuerpflichtigen selbst ermittelt worden. Mit dieser von der Finanzverwaltung und dem FG nicht überprüfbaren Behauptung könnten die Lohnsteuerhilfevereine und ihre Mitglieder die Beschränkung der steuerlichen Hilfeleistungsbefugnis umgehen. Der Senat hält deshalb sowohl die Mandatsteilung als auch die Erteilung eines Teilmandats an den Lohnsteuerhilfeverein im Rahmen des § 4 Nr. 11 StBerG für unpraktikabel, unkontrollierbar und damit für unzulässig.
b) Bei der vorstehenden Auslegung des § 4 Nr. 11 StBerG hatte der Senat auch die Interessen der freiberuflichen Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, mit denen die Lohnsteuerhilfevereine in Konkurrenz stehen, zu berücksichtigen. Das StBerG geht für die Hilfeleistung in Steuersachen von einer höchstpersönlichen, freiberuflichen Tätigkeit der Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und der sonstigen in § 3 genannten Personen aus (vgl. § 32 Abs. 2 StBerG), die sich hierfür in der Regel durch Ablegung einer Prüfung zu qualifizieren haben. Die Hilfeleistung durch Lohnsteuerhilfevereine stellt demgegenüber - ebenso wie diejenige durch Steuerberatungsgesellschaften (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 15. März 1967 1 BvR 575/62, BVerfGE 21, 227, 232) - eine besonders begründete Ausnahme dar, die eine Einschränkung der Beratungsbefugnis gebietet und rechtfertigt. Die nach dem Gesetz nur beschränkte steuerliche Hilfeleistungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine muß im Interesse der Ausgewogenheit der Regelungen über die Steuerberatung bei der Auslegung des § 4 Nr. 11 StBerG gewährleistet bleiben.
Der Kläger kann sich gegenüber der Gesetzesauslegung des Senats nicht auf die Verletzung von Verfassungsrecht berufen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob das Betreiben eines Lohnsteuerhilfevereins mit Rücksicht auf dessen Eigenschaft als Selbsthilfeeinrichtung von Arbeitnehmern (§ 13 Abs. 1 StBerG) ein durch Art. 12 des Grundgesetzes (GG) geschützter Beruf sein kann. Selbst wenn aber Art. 12 Abs. 1 GG aufgrund des Art. 19 Abs. 3 GG anwendbar sein sollte, betrifft die Auslegung des § 4 Nr. 11 StBerG nur die Berufsausübung. Sie hält sich im Rahmen des Gesetzes, ist - wie oben ausgeführt - durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und belastet die Lohnsteuerhilfevereine nicht unverhältnismäßig (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 14. Juni 1988 VII R 143/84, BFHE 153, 277, 282 ff., BStBl II 1988, 684, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, weil der Kläger mit den zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen nicht vergleichbar ist.
Fundstellen
Haufe-Index 416306 |
BFH/NV 1989, 670 |