Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslagenpauschsatz des Insolvenzverwalters aufgrund tatsächlicher ordnungsgemäßerTätigkeit für das Insolvenzverfahren. Zügige Beendigung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Der Auslagenpauschsatz nach § 8 Abs. 3 InsVV kann nur bis zu dem Zeitpunkt verlangt werden, zu dem bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens die insolvenzrechtlich erforderliche Tätigkeit abgeschlossen worden wäre; eine verspätete Vorlage des Abschlussberichts und Beschwerden des Insolvenzverwalters gegen die Festsetzung der Vergütung begründen keine weiter gehenden Ansprüche auf Auslagenpauschsätze.

 

Normenkette

InsVV § 8 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 30.09.2003; Aktenzeichen 20 T 28/03)

AG Hannover

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des LG Hannover v. 30.9.2003 wird auf Kosten des Insolvenzverwalters zurückgewiesen.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 576,10 EUR.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss v. 31.8.2000 eröffnete das AG das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter. Am 21.1.2002 erstellte dieser einen Sachstandsbericht, dass die Einstellungsreife erreicht sei. Es sei lediglich noch eine Umsatzsteuererklärung bei dem Finanzamt einzureichen und der entsprechende Steuerbescheid abzuwarten. Der Steuerberater, der die Umsatzsteuererklärung fertigte, berechnete seine Kosten unter dem 27.5.2002. Nach mehreren Mahnungen des Insolvenzgerichts überreichte der Insolvenzverwalter mit Schreiben v. 27.1.2003 die Schlussrechnung und beantragte, seine Vergütung auf insgesamt 20.249,98 EUR festzusetzen.

Das AG hat die Vergütung auf 4.966,40 EUR zzgl. Umsatzsteuer (794,62 EUR) sowie eine Auslagenpauschale für das erste Jahr i.H.v. 744,96 EUR und für das zweite Jahr i.H.v. 496,64 EUR, jeweils zzgl. Umsatzsteuer (insgesamt 198,66 EUR) festgesetzt.

Das LG hat die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters zurückgewiesen.

Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Festsetzungsbegehren hinsichtlich eines dritten Auslagenjahrespauschbetrages weiter. Er ist zudem der Auffassung, dass er mittlerweile auch Anspruch auf einen vierten Jahresauslagenpauschbetrag habe, den er nach der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde beantragen werde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 64 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet.

1. Der Senat hat in der Parallelsache IX ZB 257/03 mit Beschluss vom heutigen Tage (BGH, Beschl. v. 23.7.2004 - IX ZB 257/03, z.V.b.) entschieden, dass der Auslagenpauschsatz vom Insolvenzverwalter für jedes angefangene Folgejahr i.H.v. 10 v.H. der gesetzlichen Vergütung gefordert werden kann, höchstens jedoch i.H.v. 250 EUR je angefangenem Monat der Dauer der Tätigkeit. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

2. Der Auslagenpauschsatz kann nach § 8 Abs. 3 InsVV jedoch nur gefordert werden für die Jahre, in denen der Insolvenzverwalter insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat.

a) Das Beschwerdegericht hat insoweit ausgeführt, dem Insolvenzverwalter stehe ein Auslagenpauschsatz für ein drittes Jahr nicht zu. Die Auslagenerstattung sei von einer tatsächlichen Tätigkeit des Insolvenzverwalters für das Insolvenzverfahren abhängig. Das Verfahren habe bei ordnungsgemäßer Bearbeitung binnen zwei Jahren abgeschlossen werden können. Der Beschwerdeführer habe selbst bereits am 21.1.2002 festgestellt, dass Einstellungsreife gegeben sei. Auch die noch fehlende Umsatzsteuererklärung habe bereits in den ersten Monaten des Jahres 2002 vorgelegen. Eine weitere Tätigkeit lasse sich dem Journaldruck zum Insolvenzsonderkonto nicht entnehmen. Danach sei die Verwertung der Insolvenzmasse vor Ablauf des zweiten Jahres beendet gewesen mit der Folge, dass die Schlussverteilung hätte erfolgen können. Die Auslagenpauschale könne nicht mehr für einen Zeitraum geltend gemacht werden, die für eine ordnungsgemäße Beendigung des Verfahrens nicht mehr benötigt worden wäre. Der Umstand, dass der Insolvenzverwalter erst nach Sachstandsanfragen des Insolvenzgerichts v. 26.8.2002, 29.10.2002 und 4.12.2002 am 20.1.2003 eine Schlussrechnung überreicht habe, sei unerheblich; diese Verzögerungen seien unabhängig von der Einstellungsreife des Verfahrens entstanden und hätten keine Auslagen ausgelöst, die nicht auch bei zügiger Beendigung des Insolvenzverfahrens innerhalb des zweiten Jahres angefallen wären. Der Umstand, dass eine Einstellung des Insolvenzverfahrens noch nicht erfolgen könne, weil Rechtsmittel gegen den Beschluss über die Insolvenzverwaltervergütung eingelegt worden sei, führe nicht zu einem weiteren Auslagenpauschanspruch.

b) Die gegen diese Ausführungen des Beschwerdegerichts erhobenen Angriffe der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch. Der Sinn der Pauschalierungsregelung des § 8 Abs. 3 InsVV besteht darin, dem Insolvenzverwalter und dem Gericht die aufwändige Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen (Amtliche Begründung zu § 8 Abs. 3, abgedr. bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 3. Aufl., S. 54, 55). Sie hat nicht das Ziel, den Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters auf mittelbare Weise zu erhöhen.

Die Ziele des Insolvenzverfahrens für die Gläubigerbefriedigung und ggf. die Sanierung des Unternehmens sollen möglichst rasch erreicht werden. Das Insolvenzverfahren ist deshalb beschleunigt durchzuführen (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 13.2.2003 - IX ZB 368/02, ZIP 2003, 726 [727]; Stürner in MünchKomm/InsO, Einleitung, Rz. 29). Mit diesem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung wäre es nicht vereinbar, wenn der Insolvenzverwalter den Abschluss des Verfahrens verzögern könnte, um auf diese Weise den Anspruch auf weitere Auslagenpauschsätze zu erlangen. Ein Auslagenpauschbetrag nach § 8 Abs. 3 InsO kann deshalb nur bis zu dem Zeitpunkt verlangt werden, in dem das Insolvenzverfahren abschlussreif ist. Der Umstand, dass der Insolvenzverwalter den Abschlussbericht nicht vorlegt, obwohl ihm dies möglich ist, verlängert ebenso wenig wie ein Rechtsmittel des Insolvenzverwalters gegen die Vergütungsfestsetzung den berücksichtigungsfähigen Zeitraum der Tätigkeit des Insolvenzverwalters i.S.d. § 8 Abs. 3 InsVV.

3. Die Rechtsbeschwerde greift die Feststellung des Beschwerdegerichts nicht an, dass das Insolvenzverfahren innerhalb des zweiten Jahres hätte abgeschlossen werden können. Damit kann für weitere Jahre ein Auslagenpauschsatz nicht verlangt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1212027

BGHR 2004, 1663

EBE/BGH 2004, 2

WM 2004, 1881

WuB 2004, 979

ZIP 2004, 1716

DZWir 2004, 523

MDR 2005, 169

NZI 2004, 590

Rpfleger 2004, 730

ZInsO 2004, 964

VE 2005, 19

ZVI 2004, 555

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