Leitsatz (amtlich)
a) In dem Beitragsverfahren ist der säumige Wohnungseigentümer nur Antragsgegner und nicht zugleich auch Antragsteller.
b) Die fehlende Einladung eines Wohnungseigentümers zur Eigentümerversammlung macht die gefaßten Beschlüsse allenfalls anfechtbar, nicht nichtig.
c) Der Ersteigerer einer Eigentumswohnung haftet für die Beitragsrückstände seines Vorgängers auch dann nicht, wenn der nach dem Eigentumserwerb gefaßte Beschluß über die sie einbeziehende Jahresabrechnung bestandskräftig geworden ist.
Normenkette
WEG § 24 Abs. 4, § 28 Abs. 5, § 43 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 26.06.1998) |
KG Berlin |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 26. Juni 1998 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der Verwalterin, der Firma G., R. Straße B., 1.076,38 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.010 DM seit 17. Juli 1996 und aus weiteren 66,38 DM seit 7. September 1996 zu zahlen.
Im übrigen werden der weitergehende Antrag und die weitergehenden Rechtsmittel zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster Instanz haben die Antragsteller 2/3 und der Antragsgegner 1/3 zu tragen. Die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren haben die Antragsteller zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.274,38 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsgegner erwarb im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluß vom 22. Januar 1996 eine Eigentumswohnung in einer größeren Wohnanlage. Die für das Jahr 1995 nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Beitragsvorschüsse in Höhe von 184 DM monatlich hatte der Voreigentümer nicht bezahlt.
In der Eigentümerversammlung am 25. März 1996, zu der der Antragsgegner in Unkenntnis des Eigentumsübergangs nicht eingeladen worden war, genehmigten die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung 1995 einschließlich der Einzelabrechnungen. Die die Einheit des Antragsgegners betreffende Einzelabrechnung weist einen Schuldsaldo von 2.274,38 DM aus, wobei die Beitragsvorschüsse für das Wirtschaftsjahr 1995 mit 0,00 DM angesetzt sind.
Die Antragsteller haben von dem Antragsgegner die Begleichung der offenen Abrechnungsforderung sowie restlicher Beitrags Vorschüsse für 1996 in Höhe von 1.010 DM. d. h. die Zahlung eines Gesamtbetrages von 3.284,38 DM nebst 4 % Zinsen seit 17. Juli 1996 verlangt. Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die auf den Schuldsaldo 1995 beschränkte sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß 4 % Zinsen ab 7. September 1996 zu zahlen sind. Die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners hält das Kammergericht in Berlin in Höhe der Zahlungsrückstände des Voreigentümers von 2.208 DM für sachlich begründet. Es sieht sich an einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses jedoch durch die auf weitere Beschwerden ergangenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Stuttgart (WE 1998, 383), des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 1997, 714), des Oberlandesgerichts Köln (NJW-RR 1997, 1102), und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (WE 1995, 248) gehindert und hat deshalb die Sache mit Beschluß vom 18. November 1998 (NZM 1999, 467) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist statthaft (§ 43 Abs. 1, 3, § 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, die Kompetenz der Eigentümergemeinschaft zur Festlegung der Beitragsleistungen beschränke sich, falls nicht eine schuldumschaffende Regelung gewollt sei, mit Wirkung für den Erwerber auf die unumgängliche Festlegung der sogen. Abrechnungsspitze bzw. des Abrechnungsguthabens. Eine kumulative Haftung des Erwerbers neben dem Voreigentümer auch für dessen Beitragsrückstände bestehe selbst dann nicht, wenn der nach Eintritt des Erwerbers in die Eigentümergemeinschaft ergangene Beschluß bestandskräftig werde.
Demgegenüber haben die Oberlandesgerichte Stuttgart, Düsseldorf, Köln und das Bayerische Oberste Landesgericht in den angeführten Entscheidungen die Auffassung vertreten, im Falle eines Eigentümerwechsels könne zwar durch eine Jahresabrechnung, welche die rückständigen Beitragsvorschüsse des Rechtsvorgängers als Fehlbeträge des Erwerbers ausweise, eine Zahlungsverpflichtung des Erwerbers nicht wirksam begründet werden; ein entsprechender Beschluß der Wohnungseigentümer sei fehlerhaft und aufgrund einer Anfechtung aufzuheben. Gleichwohl ergebe sich eine Zahlungsverpflichtung, wenn der Beschluß über die Jahresabrechnung bestandskräftig werde.
Die Oberlandesgerichte und das Bayerische Oberste Landesgericht einerseits sowie das Kammergericht in Berlin andererseits sind mithin unterschiedlicher Ansicht in der Frage, wie § 28 WEG auszulegen ist. Das rechtfertigt die Vorlage.
III.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG; §§ 27, 29 FGG) und im wesentlichen begründet.
1. Das Rubrum ist dahin zu berichtigen, daß der Antragsgegner aus der dem Beschluß des Amtsgerichts beigefügten Wohnungseigentümerliste herausgenommen wird. Denn er ist nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NZM 1998, 667 = FGPrax 1998, 216 m. Anm. Briesemeister) nicht zugleich Antragsteller und wird deswegen auch von dem Verwalter nicht mit vertreten. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an (zustimmend auch Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Aufl., Vor § 50 Rdn. 1; § 62 Rdn. 13). Die hiergegen erhobene Kritik (Bub/Petersen, NZM 1999, 646 ff; vgl. auch Briesemeister aaO) greift nicht durch. Zutreffend ist allerdings, daß die Beitragsforderungen nach der Rechtsprechung des Senats allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehen (BGHZ 111, 148, 150). Höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob die Wohnungseigentümer Teilhaber zu Bruchteilen (BayObLGZ 1984, 198, 207; Bärmann/Pick/Merle, WEG. 7. Aufl., § 21 Rdn. 31 und § 28 Rdn. 126; Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 25; Weitnauer/Hauger, aaO, § 16 Rdn. 31) oder zur gesamten Hand sind (BayObLG ZMR 1995, 130, 132; KG NJW-RR 1988, 844; KG OLGZ 1991, 172, 173; ZMR 1994, 277, 279; Staudinger/Bub, WEG, § 28 Rdn. 155, 157). Dies bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn in beiden Fällen besteht eine Mitberechtigung im Sinne des § 432 BGB, weil die Forderung auf eine rechtlich unteilbare Leistung gerichtet ist, wobei die Befugnis zur gerichtlichen Geltendmachung der Verwaltungskompetenz der Wohnungseigentümer unterfällt (BGHZ 106, 222, 227; 111, 148, 150 f; 115, 253, 257). Die rechtliche Unteilbarkeit hat jedoch nicht notwendigerweise zur Folge, daß nur alle Wohnungseigentümer zusammen – unter Einschluß des Schuldners – für die Geltendmachung der Beitragsforderung aktivlegitimiert wären. Schon die Rechtsfigur der actio pro socio belegt dies. Selbst bei Vorliegen einer Gesamthandsgläubigerschaft bedeutet die gesamthänderische Bindung daher nicht, daß der Gesamthandsschuldner auch auf der Seite der den Anspruch erhebenden Gesamthänder stehen muß. Ist die Gesamthand (teil)rechts- und parteifähig, ist nur sie und nicht das einzelne Mitglied Partei (BGH, Urt. v. 13. Februar 1974, VIII ZR 147/72, NJW 1974, 750). Ist sie dagegen nicht rechtsfähig oder nur teilrechtsfähig, aber nicht parteifähig, wird sie bei der Verfolgung von Sozialansprüchen (Beitragsforderungen) gegen einen Gesamthänder durch die „übrigen” Gesamthänder dargestellt. Die gesamthänderische Bindung kommt allein dadurch ausreichend zum Ausdruck, daß die Leistung nur an alle Gesamthänder verlangt werden kann (Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 705 Rdn. 59; vgl. auch MünchKomm-BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rdn. 166; Palandt/Sprau, BGB, 58. Aufl., § 705 Rdn. 20; a.A. Erman/H.P. Westermann, BGB, 9. Aufl., § 705 Rdn. 53 unter unzutreffender Bezugnahme auf BGH WM 1963, 728). Liegt eine Forderungsgemeinschaft vor, so kann jeder Wohnungseigentümer von dem anderen Erfüllung der Beitragsverpflichtungen durch Leistung an alle verlangen, sofern die Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluß faßt. Wenn aber die rechtliche Unteilbarkeit der Forderung nicht verlangt, daß der Beitragsschuldner seine Schuld selbst mit eintreibt, ist er im Beitreibungsverfahren grundsätzlich nur Antragsgegner. Denn die Beteiligtenstellung bestimmt sich allein danach, wer welchen Anspruch gegen wen verfolgt (Wenzel. WE 1998, 474, 479). Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach herrschender Auffassung jedenfalls nicht parteifähig ist (vgl. BGHZ 78, 166, 172; BGH, Urt. v. 12. Mai 1977, VII ZR 167/76, NJW 1977, 1686; Urt. v. 20. Januar 1983, VII ZR 210/81, NJW 1983, 1901, 1902; Beschl. v. 17. Juli 1993, III ZB 17/93, NJW 1993, 2943, 2944; Urt. v. 2. Juli 1998, IX ZR 51/97, NZM 1998, 667; Staudinger/Kreuzer, WEG, § 10 Rdn. 14; MünchKomm-ZPO/Lindacher, § 50 Rdn. 47), obliegt es den übrigen Wohnungseigentümern, offene Beitragsforderungen gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer geltend zu machen. Danach richtet sich auch das Prozeßrechtsverhältnis. Die Entscheidung des II. Zivilsenats vom 10. Oktober 1987 zur Parteifähigkeit einer Waldinteressentenschaft (BGHZ 25, 311 ff) steht nicht entgegen, weil sie einen anderen Fall betrifft.
2. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, daß der Beschluß der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung 1995 trotz der unterbliebenen Einladung des Antragsgegners zur Eigentümerversammlung mangels Anfechtung gemäß § 23 Abs. 4 WEG gültig ist. Die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer führt regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefaßten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit (BayObLG, NJW-RR 1990, 784; 1992, 910; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 149; Niedenführ/Schulze, WEG, 4. Aufl., § 24 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 24 WEG Rdn. 4; Staudinger/Bub, WEG, § 24 Rdn. 158, 910; a.A. Weitnauer/Lüke, aaO. § 23 Rdn. 16). Ein Beschluß ist im Sinne von § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Solche unabdingbaren Rechtsvorschriften ergeben sich entweder aus den zwingenden Bestimmungen und Grundsätzen des Wohnungseigentumsgesetzes oder aus den Normen des übrigen Privat- oder öffentlichen Rechts, namentlich aus §§ 134, 138 BGB und § 56 Satz 2 ZVG (Wenzel. Festschrift Hagen [1999], 231, 236). Hierzu gehören nicht die in § 24 WEG für die Einberufung einer Eigentümerversammlung enthaltenen Form Vorschriften, weil diese dispositiv sind und durch Vereinbarung abgeändert werden können (Staudinger/Bub, aaO, § 24 Rdn. 6; Weitnauer/Lüke, aaO, § 24 vor Rdn. 1).
3. Zutreffend hat das Beschwerdegericht es ferner für unschädlich erachtet, daß in der Einzelabrechnung für die Wohnung nicht der Antragsgegner, sondern – in Unkenntnis des Eigentümerwechsels – noch der Voreigentümer genannt ist, da für alle Beteiligten erkennbar die Abrechnung für die Wohnung bestimmt war und zudem die Verpflichtung des aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschiedenen Voreigentümers ein unzulässiger Gesamtakt zu Lasten eines Dritten gewesen wäre (Senat, Beschl. v. 24. Februar 1994, V ZB 43/93, NJW 1994, 2950, 2953; BGHZ 104, 197, 203; vgl. Bader, Festschrift Seuss [1997], 1.8).
4. Nicht gefolgt werden kann dagegen der Auffassung des Beschwerdegerichts, die Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners bestehe in vollem Umfang der in der Einzelabrechnung errechneten Nachforderung, auch soweit diese auf rückständigen Beitragszahlungen des Voreigentümers beruhe.
a) Einer Inanspruchnahme des Antragsgegners für rückständige Beitragszahlungen steht allerdings nicht schon § 56 Satz 2 ZVG entgegen, wonach der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren erst ab Zuschlag die Lasten zu tragen hat. Die Ausgestaltung der gesetzlichen Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis läßt keine Rückschlüsse auf die Ausgestaltung des Ausgleichs im Innenverhältnis der Eigentümergemeinschaft zu, durch den für jeden Wohnungseigentümer die Verpflichtung konkretisiert wird, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, der sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums (nach dem Verhältnis seines Anteils) zu tragen, § 16 Abs. 2 WEG (Senat, BGHZ 104, 197, 201).
b) Die Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Zahlung von Beitragsvorschüssen gelangt nicht schon mit Entstehung der Lasten und Kosten, sondern nach § 28 Abs. 2 WEG erst durch den Beschluß der Wohnungseigentümer über den Wirtschaftsplan zur Entstehung (BGHZ 120, 261, 266; 131, 228, 230). In der Jahresabrechnung werden dann die im Geschäftsjahr tatsächlich erzielten Gesamteinnahmen und die geleisteten Gesamtausgaben gegenübergestellt und in der Einzelabrechnung nach dem geltenden Schlüssel auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt (BGHZ 131, 228, 231; Wenzel, WE 1997, 124 m.w.N.). Von dieser Abrechnung im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Kassenrechnung zu trennen ist ihre Genehmigung durch Beschluß der Wohnungseigentümer. Ob und inwieweit hierdurch Zahlungspflichten begründet werden, bestimmt sich nach dem darin zum Ausdruck gebrachten rechtsgeschäftlichen Willen der sie beschließenden Mehrheit. Inhalt und Umfang der gewollten Rechtsbindung können deshalb nur im Wege einer Auslegung des gefaßten Beschlusses ermittelt werden (Wenzel, WE 1997, 124).
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der Beschluß hinsichtlich etwaiger Zahlungsrückstände aus dem Wirtschaftsplan regelmäßig nur eine diesen Plan bestätigende oder verstärkende Wirkung. Eine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation, d. h. eine Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und vollständige Ersetzung durch den Beschluß über die Jahresabrechnung, ist damit grundsätzlich nicht verbunden. Denn sie widerspräche dem Interesse der Wohnungseigentümer an dem Erhalt der etwaigen für die Vorschußforderung bestehenden Sicherungs- und Vorzugsrechte und der wegen Verzugs entstandenen Schadensersatzansprüche. Nur für den nach der Einzelabrechnung auf den jeweiligen Wohnungseigentümer entfallenden Betrag, der die nach dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüsse übersteigt, wird originär eine Schuld begründet (BGHZ 131, 228, 231 m.w.N.; BGH. Urt. v. 10. März 1994, IX ZR 98/93, NJW 1994, 1866, 1867; vgl. auch OLG Zweibrücken, WE 1999; 117; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1102; OLG Düsseldorf. NJW-RR 1997, 714; BayObLG, ZMR 1999, 120; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 28 Rdn. 42 f; Staudinger/Bub, aaO, § 28 Rdn. 252, 411; Weitnauer/Hauger, aaO, § 16 Rdn. 51).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der vielfältigen Kritik, die sie erfahren hat (Deckert, WE 1996, 145; ders., Die Eigentumswohnung, Gruppe 2/3778 f.; Drasdo. DWE 1996, 46; Demharter, FGPrax 1996, 50; Müller, WE 1997, 130, 131; Niedenführ, LM WEG § 16 Nr. 16; Sauren, WEG 3. Aufl. § 16 Rdn. 36 a; Stobbe, WuM 1998, 585), fest. Die Grundsätze sind zwar für die Fallgestaltungen entwickelt worden, in denen es um die Haftung des verbliebenen (in Konkurs gefallenen) Wohnungseigentümers oder die des ausgeschiedenen Eigentümers für ihre eigenen Beitragsrückstände ging. Sie sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung aber schon auf den Fall der Zwangsverwaltung übernommen worden (BayObLG FGPrax 1999, 138) und müssen folgerichtig auch für die Haftung des rechtsgeschäftlichen Erwerbers oder Erstehers von Wohnungseigentum für die Zahlungsrückstände des Rechtsvorgängers gelten (Demharter, FGPrax 1999, 134).
aa) Hinsichtlich der rückständigen Beitragsvorschüsse verbliebener Wohnungseigentümer widerspräche eine Novation deren Interesse an dem Erhalt etwaiger Sicherungs- und Vorzugsrechte. Sie ist im Hinblick auf die bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung des Beschlusses für eine Erleichterung des Abrechnungsverkehrs auch nicht erforderlich (Wenzel, WE 1997, 124, 125).
bb) In bezug auf die Beitragsrückstände des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers widerspräche es dem erkennbaren Interesse der beschließenden Mehrheit, ihn ersatzlos aus seiner Verbindlichkeit zu entlassen. Darüberhinaus entfaltet der Genehmigungsbeschluß nur Wirkung für und gegen die bei Beschlußfassung eingetragenen Wohnungseigentümer, nicht auch gegen frühere. Schließlich liefe eine Novation auf die schuldbefreiende Übernahme der Altschulden des Veräußerers durch den Erwerber hinaus. Eine solche privative Schuldübernahme kann aber nur durch individuelles Rechtsgeschäft, nicht dagegen durch „organschaftlichen” Gesamtakt begründet werden, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehlt (Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 3. Aufl. Rdn. 71; Schmidt, PiG 44 (1995). 147, 153; Wenzel, WE 1997, 124, 128). Sie kann daher auch nicht dem mutmaßlichen Willen der beschließenden Mehrheit entsprechen.
cc) Dies gilt in gleicher Weise für die hier maßgebliche Frage der Begründung einer Haftung des Erwerbers bzw. Erstehers für die Beitragsrückstände seines Rechtsvorgängers. Wie das vorlegende Kammergericht zu Recht ausführt, hätte der Abrechnungsbeschluß sonst – mit Ausnahme der Abrechnungsspitze – eine unterschiedliche Bedeutung gegen die verbliebenen Eigentümer und den Erwerber: Während gegen die verbliebenen Eigentümer nur die Abrechnungsspitze ergänzend festgelegt wird, würde gegen den Erwerber zusätzlich ein Abrechnungsrückstand neu begründet, eventuell unter dem Vorbehalt einer erfolgreichen Beschlußanfechtung. Gleichzeitig müßte dem Beschluß wegen derselben Forderung in bezug auf ausgeschiedene oder verbliebene Eigentümer „bestätigende oder verstärkende” Wirkung zukommen. Daß die Eigentümer eine solche janusköpfige Wirkung hätten herbeiführen wollen, kann hier schon deswegen ausgeschlossen werden, weil der Eigentümerwechsel bei der Abrechnungsgenehmigung unbekannt war. Aber selbst wenn ein Eigentümerwechsel bei Beschlußfassung bekannt war, muß davon ausgegangen werden, daß die zu einer gesetzmäßigen Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer einen rechtswidrigen Beschluß nicht haben fassen wollen. Rechtswidrig ist nämlich ein Beschluß, der ohne entsprechende Vereinbarung den Erwerber für die Rückstände seines Rechtsvorgängers haften lassen will, selbst wenn daneben die Haftung des früheren Eigentümers erhalten bleiben soll. Ein solcher Beschluß entspräche zwar – anders als der Forderungserlaß gegenüber dem früheren Eigentümer – durchaus dem Interesse der Wohnungseigentümer an einer vereinfachten Verwaltung (Müller, WE 1997, 130, 131), entbehrte aber ebenso der Rechtsgrundlage wie die Begründung einer privativen Schuldübernahme durch Gesamtakt. Eine Erwerberhaftung kann nur durch Vereinbarung (Senatsbeschl. v. 24. Februar 1994, V ZB 43/93, NJW 1994, 2950 m. Anm. Junker JZ 1995, 102 und Schmidt PiG 44 (1994), 147), nicht dagegen durch Mehrheitsbeschluß begründet werden.
dd) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats vom 21. April 1988 (BGHZ 104, 197), wonach der Erwerber für die nach Eigentumsübergang beschlossenen Nachforderungen aus den Abrechnungen früherer Jahre einzustehen hat, nicht entgegen. Denn in dem dort zugrunde liegenden Fall waren rückständige Beitragsvorschüsse der Voreigentümer in den Nachforderungen nicht enthalten.
ee) Die Ausweisung der Beitragsrückstände in der Einzelabrechnung als eine Schuld des Wohnungseigentümers dient daher nur der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung (Staudinger/Bub, WEG. § 28 Rdn. 413) und kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Abrechnungsvertrages nach § 782 BGB für den Erwerber Rechtswirkung entfalten. Denn Bestandteil eines Abrechnungsvertrages ist die Festlegung des Endbetrages als geschuldete Leistung (Staudinger/Marburger [1997] § 782 Rdn. 3). Für die Beitragsrückstände des alten Eigentümers wird durch die Genehmigung der Jahresabrechnung eine Schuld des Erwerbers aber gerade nicht begründet. Sie ergibt sich auch nicht etwa aus dem – gemäß § 10 Abs. 3 WEG auch gegen ihn wirkenden – Wirtschaftsplan (a.A. wohl Merle, WE 1999, 121). Denn der Erwerber haftet aus diesem Beschluß nach der von dem Senat vertretenen Fälligkeitstheorie (BGHZ 104, 197, 201; 107, 285, 288) nur für die nach dem Eigentumsübergang fällig gewordenen Vorschüsse und Sonderumlagen (BGHZ 107, 285, 288).
c) Diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht seiner Entscheidung durchaus zugrunde gelegt. Es hat aber angenommen, der Antragsgegner habe die in der beschlossenen Jahresabrechnung als Fehlbetrag ausgewiesenen Beitragsrückstände seines Rechtsvorgängers deswegen zu begleichen, weil er den Beschluß über die Jahresabrechnung nicht angefochten habe und dieser nicht für ungültig erklärt worden sei.
Dem vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht (ebenso OLG Zweibrücken ZMR 1996, 340, 341; Staudinger/Bub, aaO, § 28 Rdn. 413) und im Gegensatz zu der im Vorlagebschluß aufgeführten obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. auch OLG Hamburg MDR 1998, 1404; Drasdo, WuM 1997, 185; Hauger, Festschrift Bärmann und Weitnauer [1990], S. 353, 363; Niedenführ, LM WEG § 16 Nr. 16; Niedenführ/Schulze, aaO, § 16 Rdn. 27; Stobbe, WuM 1998, 585, 586; Weitnauer/Hauger, aaO, § 16 Rdn. 51; Wenzel, WE 1997, 124, 128) nicht zu folgen. Denn nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es für die Frage der Haftung des Erstehers/Erwerbers darauf, ob der Beschluß über die Jahresabrechnung angefochten worden ist, nicht an, weil der Beschluß über die Jahresabrechnung die Begründung einer Schuld des Erstehers/Erwerbers in Höhe der rückständigen Vorschüsse des Rechtsvorgängers nicht zum Inhalt hat und ihm ein solcher durch die Nichtanfechtung auch nicht zuwächst. Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn die Wohnungseigentümer eine Schuld des Erwerbers ausdrücklich entgegen der Rechtsordnung hätten begründen wollen oder ob ein derartiger Beschluß mit der Überlegung, daß eine solche Haftung grundsätzlich nur zum Inhalt einer Vereinbarung gemacht werden kann, als nichtig anzusehen wäre (vgl. Wenzel. Festschrift Hagen [1999] S. 231 ff), bedarf hier ebensowenig der Entscheidung wie die Frage, wann der Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung, soweit es nicht um die Abrechnungsspitze geht, „bestätigende” und wann er „verstärkende” Wirkung hat (vgl. Wenzel, WE 1997, 124, 125 f; Demharter, FGPrax 1999, 134).
5. Nach alledem ist die sofortige Beschwerde wegen der rückständigen Beitragsvorschüsse für das Abrechnungsjahr 1995, d. h. in Höhe von 2.208 DM (12 × 184 DM) begründet. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Abrechnungsspitze von 66,38 DM ist das Rechtsmittel dagegen unbegründet, weil durch die Genehmigung der Jahresabrechnung für den Antraggegner insoweit eine Schuld originär begründet worden ist.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Entscheidung über den Geschäftswert auf § 48 Abs. 3 WEG.
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Schneider, Krüger, Klein
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 290 |
NJW 1999, 3713 |
NWB 1999, 4561 |
BGHR |
BauR 2000, 740 |
DNotI-Report 2000, 25 |
FGPrax 1999, 212 |
JR 2000, 416 |
KTS 2000, 146 |
NZM 1999, 1101 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2507 |
ZAP 1999, 1135 |
ZMR 1999, 834 |
ZfIR 1999, 914 |
DNotZ 2000, 198 |
InVo 2000, 253 |
MDR 2000, 21 |
NJ 2000, 94 |
Rpfleger 2000, 78 |
WuM 2000, 28 |
ZWE 2000, 29 |
IPuR 1999, 39 |
RdW 2000, 189 |