Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 28.01.1988; Aktenzeichen 24 U 85/87) |
LG Münster (Urteil vom 27.02.1987; Aktenzeichen 4 O 498/86) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Januar 1988 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Wohnungsverwaltungsgesellschaft, verlangt von den Beklagten Vergütung für ihre Verwaltungstätigkeit in den Jahren 1982 und 1983 und Ersatz von Reparaturaufwendungen.
Die Beklagten entschlossen sich im Jahre 1981, im Rahmen eines Ersterwerbermodells Eigentumswohnungen in der aus 160 Einheiten bestehenden Anlage in M. zu kaufen. Eigentümerin war seinerzeit die I. AG & Co. KG, eine Schwesterfirma der Klägerin. Durch gleichlautende privatschriftliche „Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsverträge” beauftragten die Beklagten die B. mbH (im folgenden: B.), die Wohnungen in ihrem Namen zu erwerben und alle dazu notwendigen Rechtshandlungen vorzunehmen. Sie erteilten der B. zur Durchführung des Vorhabens eine notariell beurkundete unwiderrufliche Vollmacht. Dabei wurde jeweils der Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag der Vollmacht „als Anlage beigefügt, verlesen und von dem Vollmachtgeber gebilligt”. Die P. schloß für die Beklagten notarielle Kaufverträge. Darin ist vereinbart, daß die Nutzungen und Lasten der Eigentumswohnungen mit Wirkung vom 15. Juni 1981 auf die Käufer übergehen.
Unter dem Datum des 7. September 1982 schloß die B. „als Vertreter der Eigentümerin” mit der Klägerin einen schriftlichen Vertrag über die Durchführung von Verwaltungs- und Instandhaltungsfunktionen für die Wohnanlage mit Wirkung ab 15. Juni 1981.
Am 29. Dezember 1984 reichte die Klägerin beim Amtsgericht H. eine Gesamtklageschrift gegen die Beklagten und die Mitglieder von 36 weiteren Wohnungseigentumsgemeinschaften auf Zahlung der Vergütung für die in den Jahren 1981 und 1982 erbrachten Leistungen ein. Nachdem das Amtsgericht Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klagehäufung geäußert hatte, fertigte die Klägerin 37 Einzelklagen. Die gegen die Beklagten gerichtete Klageschrift wurde am 14. März 1985 zugestellt.
Die Klägerin hat die Klage um Zahlungsansprüche für das Jahr 1983 erweitert und beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 139.970,50 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Das Landgericht hat der Klage wegen der für das Jahr 1983 geltend gemachten Vergütung in Höhe von 17.846,09 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen, soweit Forderungen aus den Jahren 1981 und 1982 geltend gemacht werden, abgewiesen, da diese Forderungen verjährt seien. Das Berufungsgericht hat der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1983 einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 92.139,50 DM zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
1. Das Berufungsgericht verneint vertragliche Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten, da die Beklagten bei Abschluß des Verwaltungs- und Instandsetzungsvertrages vom 7. September 1982 von der B. nicht wirksam vertreten worden seien.
2. Diese den Beklagten günstige Annahme des Berufungsgerichts greift die Revision nicht an. Sie ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht ist rechts fehlerfrei davon ausgegangen, daß der B. eine rechtsgeschäftlich eingeräumte Vertretungsmacht fehlte, weil die von den Beklagten erteilten Vollmachten sie nicht berechtigten, den Vertrag vom 7. September 1982 mit Wirkung für die Beklagten abzuschließen. Eine Bevollmächtigung durch den Abschluß der privatschriftlichen Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsverträge hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht verneint, weil diese Verträge wegen der darin enthaltenen Verpflichtung zum Erwerb einer bestimmten Eigentumswohnung nach § 125 BGB formnichtig waren. Auch die Voraussetzungen einer Rechtsscheinhaftung liegen nicht vor.
II.
1. Das Berufungsgericht spricht der Klägerin jedoch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für die in der Zeit vom 1. Januar 1982 bis 3. Juni 1983 geleisteten Tätigkeiten nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Mit den Tätigkeiten – wie Einstellung eines Hausmeisters, Überwachung der Wohnanlage, Reinigung der Gehwege und Pflege der Außenanlagen – habe die Klägerin ein objektiv im Interesse der beklagten Wohnungseigentümer liegendes Geschäft geführt. Wenn die Klägerin geglaubt habe, aufgrund eines mit den Beklagten geschlossenen gültigen Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrages tätig zu werden, so hindere das die Anwendung der §§ 677 ff. BGB nicht. Die Maßnahmen der Hausverwaltung hätten auch dem mutmaßlichen Willen der Eigentümergemeinschaft entsprochen. Als Aufwendungsersatz könne die Klägerin die übliche Vergütung für ihre gewerblich erbrachten Leistungen fordern. Die Forderung der Vergütung für 1982 sei auch nicht verjährt.
2. Die gegen diese Ausführungen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
a) Die von der Klägerin ausgeführten Verwaltungstätigkeiten waren für sie objektiv fremd und erfolgten ohne wirksamen Auftrag. Daß sich die Klägerin zur Übernahme der von ihr erbrachten Leistungen für verpflichtet gehalten hat, hindert nicht die Annahme, daß sie zugleich ein Geschäft der Beklagten besorgt hat (BGHZ 37, 258, 263; 101, 393, 399 m.w.Nachw.). Dagegen wendet sich die Revision auch nicht. – Einer Haftung der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag steht auch eine Haftung der B. als vollmachtloser Vertreter aus § 179 BGB nicht entgegen. Beide Ansprüche können nebeneinander bestehen. Insoweit gilt nichts anderes als für die mögliche Konkurrenz zwischen Ansprüchen aus § 179 BGB und Bereicherungsansprüchen gegen den Vertretenen (vgl. dazu BGHZ 36, 30, 35).
b) Zu Unrecht macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Verwaltungstätigkeit nicht als zum Geschäftskreis der Beklagten gehörig ansehen dürfen, ohne festzustellen, daß die Beklagten Eigentümer geworden sind.
Das Berufungsgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler ausgeführt, daß die auf den Eigentumserwerb gerichteten privatschriftlichen Betreuungs- und Geschäftsbesorgungsverträge nach § 125 BGB formnichtig waren und daß die Nichtigkeit auch die Vollmachten zur Durchführung des von den Beklagten beabsichtigten Erwerbs der Eigentumswohnungen erfaßten, die mit diesen Verträgen einheitliche Rechtsgeschäfte bildeten. Eine Heilung nach § 313 Satz 2 BGB durch Auflassung und Eintragung der Beklagten im Grundbuch sei nicht eingetreten, da eine wirksame Auflassung nicht vorgelegen habe; denn diese sei bereits in den von der B. mit der früheren Eigentümerin, der I. AG & Co. KG, aufgrund der nichtigen Vollmachten geschlossenen Kaufverträgen erklärt worden und deshalb mit den gesamten Kaufverträgen nach § 177 BGB schwebend unwirksam gewesen.
Ob und wann die Beklagten in der Folgezeit die für sie ohne Vertretungsmacht geschlossenen Verträge genehmigt haben und sie rückwirkend Wohnungseigentümer geworden sind, ist nicht entscheidend. Auch wenn sie in dem hier zu beurteilenden Zeitraum vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1983 noch nicht Eigentümer waren, hat die Klägerin dennoch mit den Verwaltungsaufgaben ein Geschäft der Beklagten geführt. Denn nach den Kaufverträgen sollten Nutzungen und Lasten mit Wirkung vom 15. Juni 1981 auf die Erwerber übergehen. Die Beklagten halten trotz Formnichtigkeit an diesen Verträgen fest. Sie nutzen seitdem die Wohnungen durch Vermietung. Sie sorgen auch für die Instandhaltung der Anlage; so haben sie – wie das Berufungsgericht festgestellt hat – unstreitig nach dem 1. Juli 1983, ähnlich wie in dem nichtigen Vertrag mit der Klägerin vorgesehen, die Hausverwaltung gewerblich der T. AG übertragen. Sie können sich deshalb nicht darauf berufen, daß die Tätigkeiten der Klägerin zum Rechtskreis der Verkäuferin gehören.
c) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch den mutmaßlichen Willen der Beklagten bejaht, mit der Ausführung der Tätigkeiten durch die Klägerin für sie einverstanden zu sein. Dabei befindet sich das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wenn es mangels anderer Anhaltspunkte als mutmaßlich den Willen ansieht, der objektiv dem Interesse der Beklagten entsprach (vgl. BGHZ 47, 370, 374; Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. vor § 677 Rn. 75). Dagegen bringt die Revision nichts Entscheidendes vor.
d) Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht nach § 683 Satz 1 BGB den Aufwendungsersatz für ihre Tätigkeiten zugesprochen. Da die Geschäftsbesorgung in einer von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes entfalteten Tätigkeit besteht, kann die Klägerin die übliche Vergütung für die von ihr erbrachten Leistungen verlangen (BGH, Urteil vom 7. Januar 1971 – VII ZR 9/70, NJW 1971, 609, 612; BGHZ 65, 384, 390). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten die Üblichkeit der verlangten Vergütung nicht angegriffen. Die Einwendungen der Revision gegen die Höhe des insoweit zuerkannten Betrages sind daher unbeachtlich. – Was die Vergütung der Klägerin für Reparaturmaßnahmen anbelangt, so hat das Berufungsgericht die Beklagten nur zur Zahlung für solche Arbeiten verurteilt, die das Gemeinschaftseigentum betreffen. Die Beklagten haben in den Tatsacheninstanzen nicht substantiiert vorgetragen, daß insoweit die Arbeiten andere Objekte betroffen hätten.
3. Das Berufungsgericht verneint den Eintritt der Verjährung für die im Jahre 1982 entstandenen Ansprüche der Klägerin. Es nimmt an, daß die bis 31. Dezember 1984 laufende Verjährungsfrist durch die am 29. Dezember 1984 beim Amtsgericht H. eingereichte Gesamtklageschrift unterbrochen worden sei. Die Zustellung der Einzelklageschrift am 14. März 1985 wirke auf diesen Zeitpunkt zurück (§ 270 Abs. 3 ZPO). Das ist richtig. Daß die Verzögerung der Zustellung auf einer fehlerhaften Sachbehandlung durch das Amtsgericht beruht und deshalb nicht von der Klägerin zu vertreten ist, zieht die Revision nicht in Zweifel. Entgegen der Meinung der Revision sind beide Klageschriften – was die Beklagten anbelangt – identisch. Sie enthalten die gleiche Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, die gleiche Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie den gleichen Antrag. Daß sich die Gesamtklageschrift darüberhinaus wegen anderer gleichartiger, aber selbständiger Ansprüche gegen weitere Wohnungseigentümer als Streitgenossen richtete, ist keine beachtliche Abweichung und steht einer Rückwirkung nach § 270 Abs. 3 ZPO nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 – VIII ZR 24/77, NJW 1978, 1058, 1059).
Unterschriften
Sch, B, Dr. v. U-S, Dr. S, Dr.
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.03.1989 durch Küpferle Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen