Rn 31
Die Rechtswirkungen der §§ 115, 116 im Zusammenhang mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten gemäß Satz 3 in der seit 31.10.2009 geltenden Fassung nicht für Zahlungsaufträge sowie für Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen und Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren; diese bestehen vielmehr mit Wirkung für die Masse fort.
Die ursprüngliche Bestimmung mit dem Wortlaut "Überweisungsverträge sowie für Zahlungs- und Übertragungsverträge" war durch Art. 2 Abs. 3 des Überweisungsgesetzes (ÜG) vom 26.7.1999 eingefügt worden und galt grundsätzlich für Überweisungsverträge sowie Zahlungs- und Übertragungsverträge, mit deren Durchführung ab dem 14.8.1999, dem Tag des Inkrafttretens des ÜG, begonnen worden war. Mit dem "Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht" (BGBl. I 2009, S. 2355) wurde der Wortlaut an die neue Diktion und Definition der "Zahlungsdienste" angepasst.
Rn 32
Die ursprüngliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, der hinsichtlich der ersten Änderung des § 116 unverändert Eingang in das Gesetz gefunden hatte, führte zu der Ergänzung der Vorschrift um den Satz 3 aus, dass es im Interesse eines funktionierenden Zahlungssystems erforderlich sei, die Durchführung von Überweisungsaufträgen etc. sicherzustellen, so dass diese auch nach Verfahrenseröffnung mit Wirkung für die Masse fortgelten. Hierbei ging die Bundesregierung davon aus, dass diese Wirkungen der früheren Rechtslage entsprächen.
Tatsächlich stellt die Regelung eine Abweichung von dem früheren Grundsatz dar, dass vor Verfahrenseröffnung erteilte, aber noch nicht ausgeführte Aufträge erlöschen und ein Aufwendungsersatzanspruch des Auftragnehmers, hier also des Kreditinstituts gegenüber der Insolvenzmasse, nur bei unverschuldeter Unkenntnis von der Verfahrenseröffnung gemäß § 116, § 115 Abs. 3 bestand.
Rn 33
Die Regelung betrifft solche Zahlungsvorgänge, deren Durchführung der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Auftrag gegeben hat und nicht mehr widerrufen werden können (§ 675p BGB), die aber im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht vollständig ausgeführt sind.
Als Zahlungsvorgänge nennt das Gesetz den Zahlungsauftrag, Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen sowie Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren.
- der Zahlungsauftrag ist legaldefiniert in § 675f Abs. 3 Satz 2 BGB und bedeutet umfassend jeden Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorganges entweder unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger erteilt hat. Erfasst sind damit alle Zahlungsvorgänge, die zu einer Bewegung von Bar- oder Buchgeld führen, wie Überweisungsaufträge, Lastschriftaufträge, Einzugsverfahren, EC- oder Kreditkartenzahlungen.
Rn 34
Aufgrund der Bestimmung des Satzes 3 kann das vor Verfahrenseröffnung mit der Durchführung des Zahlungsvorganges unwiderruflich (§ 675p BGB) beauftragte Kreditinstitut ungeachtet der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den erteilten Auftrag ausführen und den Aufwendungsersatz als Masseverbindlichkeit beanspruchen. Soweit insolvenzunabhängig im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens noch ein Widerruf des Auftrags möglich ist und tatsächlich ausgesprochen wird, greift Satz 3 nicht, hier hat das beauftragte Kreditinstitut vielmehr den Widerruf zu beachten.
Unberührt bleibt des Weiteren die Möglichkeit der Anfechtung gegenüber dem Überweisungsempfänger.
Zu den Rechtsfolgen von vor und nach Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Zahlungsverträgen zwischen Bank und Schuldner führt der BGH aus, dass ein durch den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch erteilter Zahlungsauftrag die Bank nicht berechtigt, das Konto des Schuldners entsprechend zu belasten. Im Insolvenzeröffnungsverfahren mit Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt kommt zwar ein wirksamer Abschluss eines Zahlungsvertrages durch den Schuldner mit der Bank noch in Betracht, der Betrag einer durchgeführten Überweisung kann von der Bank aber nicht in das Kontokorrent eingestellt werden (BGH IX ZR 78/07, ZIP 2009, 673 [BGH 05.02.2009 - IX ZR 78/07])