Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen S 4 SO 41/17)

LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 24.06.2021; Aktenzeichen L 8 SO 335/17)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Juni 2021 - L 8 SO 335/17 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Im Streit ist die Höhe von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Zeitraum vom 1.10.2015 bis 30.9.2016.

Die 1976 geborene Klägerin bezieht von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Braunschweig-Hannover eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung und vom Sozialhilfeträger ergänzend Hilfe zum Lebensunterhalt (Bescheid vom 18.8.2016; Widerspruchsbescheid vom 16.1.2017). Die auf die Gewährung einer höheren Regelleistung gerichtete Klage ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ Hannover vom 28.9.2017; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen-Bremen vom 24.6.2021). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der Regelsatz sei nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen.

Die Klägerin hat beim Bundessozialgericht (BSG) beantragt, ihr für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Die Leistungen seien nicht ausreichend, um menschenwürdig leben zu können.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen wegen der Bemessung und Fortschreibung des Regelsatzes sind in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20) nicht ersichtlich. Da das BVerfG dort entschieden hat, dass die Höhe der Regelbedarfe mit der Verfassung in Einklang steht und auch am Konzept ihrer Fortschreibung (§ 28a SGB XII) keine verfassungsrechtlichen Zweifel geäußert hat, bedürfte es zur ordnungsgemäßen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage neben einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BVerfG auch der schlüssigen Erläuterung, warum die vom BVerfG in seiner Entscheidung akzeptierten Maßstäbe für die Ermittlung und Fortschreibung der Regelbedarfe für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr gelten sollen, also weiterhin Klärungsbedarf besteht oder neuer Klärungsbedarf entstanden ist. Es ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aus dem zum Ausdruck gebrachten Begehren der Klägerin eine Rechtsfrage formulieren könnte, die zur Zulassung der Revision führen könnte (vgl zur Fortschreibung der Regelsätze nach 2016 auch BSG vom 24.1.2018 - B 14 AS 374/17 B; zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelsatzes für die Jahre 2014, 2015 und 2016 vgl BSG vom 8.4.2019 - B 8 SO 42/17 BH - juris RdNr 6; für den Zeitraum vom 1.2.2018 bis 31.1.2019 vgl BSG vom 30.4.2019 - B 8 SO 23/19 B - RdNr 5). Von Amts wegen ist eine solche Rechtsfrage ebenfalls nicht ersichtlich.

Das LSG hat auch keine Rechtssätze aufgestellt, die von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in Betracht kommt.

Schließlich ist kein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das angefochtene Urteil des LSG ist insbesondere nicht unter Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz ≪GG≫) ergangen. Gesetzlicher Richter für die Entscheidung von Verfahren vor dem LSG ist grundsätzlich ein Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Satz 1 SGG). Hiervon macht ua § 153 Abs 5 SGG(eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444) eine Ausnahme. Danach kann das LSG nach seinem Ermessen in den Fällen einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Hiervon hat das LSG durch Beschluss vom 7.2.2019, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8.2.2019 zugestellt, Gebrauch gemacht. Die Klägerin ist dazu vorher angehört worden (zu diesem Erfordernis vgl BSG vom 21.9.2017 - B 8 SO 3/16 R - SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 16).

Da der Klägerin keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14800546

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