Entscheidungsstichwort (Thema)
Besetzung der Richterbank mit ehrenamtlichem Ergänzungsrichter. Parteiöffentlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein die Tatsache, daß an Sitzungen des Finanzgerichts drei ehrenamtliche Richter teilgenommen hätten, kann der Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, noch nicht zum Erfolg verhelfen.
2. Die Auffassung des BFH, die Beschwerdeführerin hätte im Hinblick darauf, daß es sich bei dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit um eine verzichtbare Verfahrensvorschrift handelt, in ihrer Revisionsbegründung angeben müssen, daß sie die Verletzung dieses Grundsatzes in der Vorinstanz gerügt habe, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Normenkette
FGO § 5 Abs. 3, § 52 Abs. 1, §§ 83, 119 Nrn. 1, 5, § 120 Abs. 2; GVG § 192 Abs. 1; ZPO § 357; GG Art. 101 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
1. Die angegriffenen Entscheidungen lassen nicht erkennen, daß Bedeutung und Tragweite des Rechts auf den gesetzlichen Richter verkannt worden sind. Der Bundesfinanzhof hat zu Recht ausgeführt, wenn lediglich die Tatsache vorgetragen werde, daß an Sitzungen des Finanzgerichts drei ehrenamtliche Richter teilgenommen hätten, so könne das der Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, noch nicht zum Erfolg verhelfen; denn die Zuziehung eines ehrenamtlichen Ergänzungsrichters hat zur Folge, daß dieser neben den beiden anderen ehrenamtlichen Richtern an der Verhandlung teilnimmt. Die Auffassung des Bundesfinanzhofs, die Rüge der Beschwerdeführerin, in den Akten befinde sich kein Beschluß über die Bestellung des Ergänzungsrichters, sowohl die Parteien als auch die ehrenamtlichen Richter seien in Unkenntnis über dessen Person gewesen, und auch ihre weitere Rüge, bei der Auswahl der ehrenamtlichen Richter sei die Reihenfolge der nach § 27 FGO aufgestellten Liste nicht eingehalten worden, seien unzulässig, weil sie verspätet erhoben worden und nicht als Ergänzung der rechtzeitig vorgebrachten Rüge über die Teilnahme von drei ehrenamtlichen Richtern anzusehen seien, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und unterliegt im übrigen als Anwendung einfachen Rechts nicht der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin die in der Revisionsinstanz verspätet erhobenen Rügen nicht mehr als Grundrechtsverletzung in zulässiger Weise im Verfassungsbeschwerdeverfahren geltend machen kann, denn sie hat insoweit den Rechtsweg i. S. des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht erschöpft (vgl. BVerfGE 16, 124, 127).
Die Erwägungen, auf die der Bundesfinanzhof seine Ansicht gestützt hat, daß das Finanzgericht alle Verhandlungs- und Beweisaufnahmetermine mit denselben ehrenamtlichen Richtern durchführen konnte, sind sachgerecht und frei von Willkür. Das gleiche gilt für die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Interpretation des Protokolls über die Sitzung vom 9.7.1973.
2. Unter Berücksichtigung der Umstände des Ausgangsverfahrens ist die Auffassung des Bundesfinanzhofs, die Beschwerdeführerin hatte im Hinblick darauf, daß es sich bei dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit um eine verzichtbare Verfahrensvorschrift handelt, in ihrer Revisionsbegründung angeben müssen, daß sie die Verletzung dieses Grundsatzes in der Vorinstanz gerügt habe, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Anforderungen an eine ausreichend substantiierte Verfahrensrüge sind damit nicht in unzumutbarer Weise überspannt worden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen