Rz. 120
Tatbestandlich setzt § 2 Abs. 1 S. 1 AStG ein "Ende der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG" voraus. Die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG endet, wenn eine natürliche Person ihren inländischen Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt aufgibt.
Der Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht ist maßgeblich für die Bestimmung des retrograden Zehnjahreszeitraums (s. Rz. 127) sowie für den rechtsfolgenseitigen Anwendungszeitraum über elf Vz (s. Rz. 170ff.).
Wird die unbeschränkte Steuerpflicht – durch zwischenzeitlichen Rückzug – wiederholt beendet, so geht mit jeder Beendigung eine eigenständige Prüfung der persönlichen Voraussetzungen des § 2 AStG einher.
Rz. 121
Auf die Motivlage im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht kommt es nicht an.
§ 2 AStG enthält somit – anders als Art. 4 Abs. 4 S. 4 DBA-Schweiz – auch keine Ausnahme für den Fall eines nicht steuerlich motivierten Wegzugs, z. B. infolge eines Arbeitgeberwechsels.
Rz. 122
Die Beendigung einer unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 oder § 1 Abs. 3 EStG ist nicht tatbestandsmäßig. Dies ist konsequent, weil beide Formen der unbeschränkten Steuerpflicht auch nicht die notwendige Verwurzelung im Inland (vor dem Wegzug) begründen können.
Rz. 123
Ein bloßer Ansässigkeitswechsel i. S. d. DBA unter Aufrechterhaltung der unbeschränkten Steuerpflicht erfüllt den Tatbestand des § 2 AStG nicht. Die unbeschränkte Steuerpflicht und § 2 AStG schließen sich gegenseitig aus. Eine Erweiterung des nationalen Besteuerungsanspruchs erübrigt sich in diesen Fällen aufgrund der Fortgeltung des Welteinkommensprinzips.
Rz. 124
Die Anwendung des § 2 AStG setzt keine reguläre beschränkte Steuerpflicht voraus. Die Norm kann vielmehr auch dann anwendbar sein, wenn keine inländischen Einkünfte vorliegen und folglich keine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG besteht.
Rz. 124-125
einstweilen frei