Rz. 136
§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG stellt zudem Anforderungen an die persönlichen Steuerpflicht nach dem Wegzug auf. Demnach muss die Person entweder mit ihrem Einkommen in einem ausländischen Gebiet ansässig sein, in dem sie nur einer niedrigen Besteuerung unterliegt, oder die Person darf in keine ausländischen Gebiet ansässig sein. Für Zwecke der Anwendung des § 2 AStG ist daher zu nächst zu prüfen, ob eine Ansässigkeit in keinem Staat besteht. Ist dies der Fall, ist insoweit der Tatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG erfüllt. Ist der Steuerpflichtige dagegen in einem Staat ansässig, muss dieser Staat als Niedrigsteuergebiet einzuordnen sein, damit § 2 AStG angewendet werden kann.
Rz. 137
Der Begriff "ansässig" entstammt dem Abkommensrecht. Gemäß Art. 4 Abs. 1 OECD-MA ist eine Person in einem Staat ansässig, wenn sie dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, wobei eine Besteuerung nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat nicht ausreicht. Dies entspricht im Ergebnis der unbeschränkten Steuerpflicht nach nationalem Recht.
Diese Definition soll auch im Kontext des § 2 AStG maßgeblich sein, wobei es auf das Vorliegen eines DBA im jeweiligen Einzelfall nicht ankommt.
Dem ist im Kern beizupflichten, im Einzelfall kann es gleichwohl Abweichungen geben. Bei der Beurteilung des Merkmals "Ansässigkeit" ist ein weites (und verglichen mit dem DBA-Recht weitergehendes) Verständnis anzulegen, das allein darauf abstellt, ob ein Steuerpflichtiger im Ausland aufgrund eines persönlichen Bezugs (und nicht bloß aufgrund sachlicher Bezüge) steuerpflichtig wird. Soweit mitunter das Erfordernis eines örtlichen, auf den konkreten Lebensumständen beruhenden Bezugs behauptet wird, ist dem nicht beizupflichten. Auch die Staatsangehörigkeit kann daher eine Ansässigkeit i. S. v. § 2 Abs. 1 AStG begründen.
Im Übrigen wird zwar eine Ansässigkeit in den allermeisten Fällen eine Welteinkommensbesteuerung nach sich ziehen. Sie muss dies aber nicht zwingend, z. B. wenn das Ausland ausländische Einkünfte grds. nicht besteuert. Die Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs "Ansässigkeit" ein weiteres Verständnis anzulegen, spiegelt sich in der gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG vorgesehenen Möglichkeit einer Ansässigkeit trotz Existenz einer Vorzugsbesteuerung wieder, die regelmäßig gerade nicht der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbar sein wird.
Rz. 138
Die erste Alternative des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG sieht die Ansässigkeit in einem Niedrigsteuergebiet vor. Wann eine Niedrigbesteuerung vorliegt, wird abschließend durch § 2 Abs. 2 AStG geregelt. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen (s. Rz. 200ff.).
Rz. 139
Die zweite Alternative des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG knüpft an die fehlende Ansässigkeit in irgendeinem ausländischen Gebiet. Durch das Abstellen nur auf "ausländische" Gebiete kommt es nicht zur Erfassung im Inland ansässiger Personen, weil für diese der Tatbestand des § 2 AStG ohnehin nicht erfüllt werden kann. Von der Vorschrift erfasst sind "vagabundierende Personen", die durch permanentes Reisen oder dauerhaften Aufenthalt auf einem Schiff eine Ansässigkeit vermeiden.
Rz. 140
Das Gesetz regelt nicht den Zeitpunkt, zu dem die Ansässigkeit innerhalb des jeweiligen Vz zu prüfen ist. Die Ansässigkeit kann sich unterjährig durch Umzüge ändern. Dadurch kann der Tatbestand des § 2 AStG begründet werden oder entfallen. In diesem Fall ist das Jahr in einen Zeitraum der einfachen und einen Zeitraum der erweiterten beschränkten Steuerpflicht aufzuteilen.
Rz. 141-144
einstweilen frei