Rz. 138
Der Wegzugstatbestand in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG knüpft an "die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person". Der Tatbestand erfasst grenzüberschreitende Schenkungen und Erbfälle, durch die Anteile i. S. v. § 17 EStG ins Ausland übergehen und dadurch der deutsche Besteuerungszugriff gefährdet ist.
Rz. 139
Unentgeltliche Übertragungen i. S. d. Norm sind sowohl Übertragungen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden sowie Erwerbe von Todes wegen.
In Fällen der Vor- und Nacherbschaft sind zwei ertragsteuerlich getrennt zu würdigende Vorgänge gegeben.
Rz. 140
Unentgeltliche Übertragungen liegen immer dann vor, soweit es an einer Gegenleistung für die Übertragung fehlt. Ein teilentgeltliches Geschäft ist in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufzuspalten, wobei § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG nur auf den unentgeltlichen Teil Anwendung findet.
Sofern eine unentgeltliche Übertragung als verdeckte Einlage gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 EStG als Veräußerung gilt, geht dies der Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG vor.
Rz. 141
Die Übertragung muss auf eine Person erfolgen. Der Begriff "Person" ist grundsätzlich an die Rechtsfähigkeit geknüpft. In § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG ist der Begriff indes steuerrechtlich zu verstehen, d. h. als Person ist jedes Steuersubjekt i. S. d. EStG und KStG anzusehen, selbst wenn dieses zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist (z. B. ausländische Trusts). Der Wortlaut des Gesetzes differenziert nicht zwischen natürlichen Personen und anderen Personen.
Als Person i. S. d. Norm kommen somit auch Körperschaftsteuersubjekte in Betracht.
Bedeutung hat dies insbesondere bei ausländischen Stiftungen. Personengesellschaften sind nur dann Person i. S. d. Norm, wenn sie nach § 1a KStG optiert haben.
Rz. 142
Die Person, auf welche die Anteile unentgeltlich übertragen werden, darf nicht unbeschränkt steuerpflichtig sein. Ebenso wie in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG (s. Rz. 133) ist für Zwecke der Bestimmung einer unbeschränkten Steuerpflicht ausschließlich der Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 EStG bzw. § 1 KStG maßgeblich. Liegt eine unbeschränkte Steuerpflicht vor, läuft der Tatbestand leer, selbst wenn eine Ansässigkeit im Ausland gegeben ist,
wobei dann der Auffangtatbestand des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG oftmals erfüllt sein wird (s. Rz. 125).
Rz. 143
Auch für Zwecke der Tatbestandserfüllung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG ist es unbedeutend, ob durch die unentgeltliche Übertragung das deutsche Besteuerungsrecht beeinträchtigt wird oder nicht.
Rz. 144
einstweilen frei