Hintergrund
Rz. 260
Nach § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG wird ein Entfallen der Wegzugssteuer ausgeschlossen, soweit die Anteile veräußert, übertragen oder in ein Betriebsvermögen eingelegt wurden. Der Tatbestand der Norm ist sehr weit gefasst. Er stellt insbesondere nicht darauf ab, ob im Rahmen des schädlichen Ereignisses stille Reserven aufzudecken waren oder nicht.
Rz. 261
Die Begriffsinhalte der Ausschlussgründe in § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG überschneiden sich. So fallen "Veräußerungen" unter den Oberbegriff der "Übertragung". Gleiches kann für die "Einlage in ein Betriebsvermögen" gelten, wenn diese in der "Übertragung" in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft besteht. Erfolgt eine offene Einlage in eine Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sind terminologisch alle 3 Tatbestandsalternativen erfüllt.
Rz. 262
Für den Ausschluss der Rückkehrregel hat eine Erfüllung mehrerer Tatbestände keine Bedeutung, weil die Rechtsfolge der Tatbestandsalternativen gleich läuft und das Entfallen der Wegzugssteuer nur einmal ausgeschlossen werden kann. Gleichwohl wird aus dem Gesamtkontext des § 6 AStG ein normspezifisches Verständnis der 3 Begriffe ersichtlich, weil es anderenfalls zu Verwerfungen im Bereich des Stundungswiderrufs nach § 6 Abs. 4 S. 5 AStG käme. Im Ergebnis sind den 3 Begriffen insbesondere folgende Inhalte beizumessen:
- Veräußerungen liegen bei entgeltlicher Übertragung der Anteile auf einen anderes Steuersubjekt vor (s. Rz. 265 ff.);
- Übertragungen liegen bei unentgeltlicher Übertragung der Anteile auf einen anderes Steuersubjekt vor (s. Rz. 271 ff.);
- Eine Einlage ins Betriebsvermögen liegt bei Überführung oder Übertragung der Anteile in ein Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen oder einer Mitunternehmerschaft, deren Mitunternehmer er ist, vor (s. Rz. 276 ff.).
Rz. 263
In der Praxis sind stets sämtliche Statusänderungen auf ihre Verwirklichung hin zu überprüfen. So stellt eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft – anders als nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG – keine "Veräußerung" dar, wohl aber eine "Übertragung". Die gewerbliche Prägung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stellt keine "Übertragung", wohl aber eine "Einlage in ein Betriebsvermögen" dar. Andererseits könnte die Einbringung eines Wirtschaftsguts in Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft sowohl "Übertragung" als auch "Einlage in ein Betriebsvermögen" darstellen; infolge des hier vertretenen normspezifischen Verständnisses liegt indessen nur eine Einlage in ein Betriebsvermögen vor. Nur wenn keine im Gesetz genannte Alternative erfüllt ist, kann insoweit ein Entfallen der Wegzugssteuer erfolgen.
Rz. 264
einstweilen frei
Veräußerung
Rz. 265
Der Begriff "Veräußerung" ist nicht im Gesetz definiert. Für Zwecke des § 6 AStG bietet es sich an, auf das in § 17 EStG zugrunde gelegte Verständnis zurückzugreifen. Demnach ist eine Veräußerung die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger.
Eine Veräußerung liegt auch bei Tauschgeschäften vor.
Erwerber im Rahmen der Veräußerung kann auch eine Mitunternehmerschaft sein, an der der Stpfl. beteiligt ist.
Rz. 266
Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Veräußerungsfiktion des § 17 Abs. 4 EStG nicht als Veräußerung gelten.
Dies erscheint aus systematischen Gründen insoweit schlüssig, als die in § 17 Abs. 4 S. 1 EStG genannte Einlagenrückgewähr explizit in dem Ausschlussgrund in § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG genannt ist. Richtigerweise hat dies auch für andere gesetzliche Veräußerungsfiktionen zu gelten, die nicht als "Veräußerung" i. S. v. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG anzusehen sind.
Es bleibt dann aber stets zu prüfen, ob die jeweilige Fiktion nicht eine "Übertragung" betrifft, die nach § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 2. Alt. AStG ebenfalls einen Ausschlussgrund darstellt.
Rz. 267
Unklar ist, ob Vorgänge i. S. d. UmwStG als "Veräußerungen" anzusehen sind. Jedenfalls im Kontext des UmwStG werden Umwandlungen stets als Veräußerung angesehen.
Dieses Verständnis könnte auch in § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG zugrunde gelegt werden.
In vielen Fällen werden Vorgänge i. S. d. UmwStG mit "Übertragungen" des Vermögens einhergehen, weshalb ein Entfallen der Wegzugssteuer bereits insoweit ausgeschlossen ist. In Fällen des Formwechsels, also ohne zivilrechtlichen Vermögensübergang, ist zu differenzieren: Während der homogene Formwechsel zwischen Kapitalgesellschaften (auch über die Grenze) ertragsteuerlich ein "Nullum" darstellt, kann der heterogene Formwechsel von Kapital- in Personengesellschaft infolge der Wechsel des Steuersubjekts ebenso als "Veräußerung" oder "Übertragung" anzusehen sein.
Die Frage kann letztlich im Kontext des § 6 Abs. 3 S. 1 AStG dahinstehen, denn selbst wenn der Formwechsel keine Veräußerung vorliegt, wird ein Entfalen der Wegzugssteuer an der Wiederbegründung des Besteuerungsrechts für die "Anteile" i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AStG scheitern.
Rz. 268
Der Anteilstausch stellt al...