Rz. 390
Gem. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG wird die noch nicht entrichtete Steuer fällig, soweit die Anteile veräußert oder übertragen werden. Der Widerrufstatbestand ist eine Parallelvorschrift zu § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG, allerdings mit eingeschränktem Anwendungsbereich (Einlagen in ein Betriebsvermögen sind nicht erfasst). Hintergrund des Widerrufstatbestands dürfte die Vorstellung sein, die Ratenstundung sei nicht mehr geboten, soweit die Anteile nicht mehr dem Stpfl. zuzurechnen sind, weil in diesen Fällen regelmäßig auch im nationalen Kontext ein Realisationstatbestand gegeben ist.
Rz. 391
Die Begriffe "Veräußerung" und "Übertragung" sind analog § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG zu interpretieren. Auf die dortige Kommentierung wird verwiesen (s. Rz. 265 ff.).
Rz. 392
Anders als im alten Recht – § 6 Abs. 5 S. 5 AStG a. F. – sieht das Gesetz keine Ausnahme für den Anteilstausch vor. Da die im alten Recht vorgesehene Ausnahme der Einhaltung unionsrechtlicher Verpflichtungen aus der Fusionsrichtlinie diente, wird das Fehlen einer entsprechenden Norm im neuen Recht dem Unionsrecht in bestimmten Sachverhalten nicht standhalten. Es ist daher geltungserhaltend ins Gesetz hineinzulesen, einen Anteilstausch i. S. d. Fusionsrichtlinie nicht als "Veräußerung" zu behandeln. Auch die Behandlung von Anteilstauschvorgängen, die nicht unter die Fusionsrichtlinie fallen, gem. § 21 UmwStG aber steuerneutral möglich wären, als Veräußerung i. S.V. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG begegnet unionsrechtlichen Bedenken, weil allein der Wegzug eine steuerlich nachteilige Behandlung des Anteilstauschs nach sich zieht, die im nationalen Kontext nicht gegeben wäre.
Rz. 393
Ebenfalls parallel zu § 6 Abs. 3 S. 2 AStG enthält § 6 Abs. 4 S. 6 AStG eine Ausnahme vom "Übertragungstatbestand", wenn die Anteile unentgeltlich von Todes wegen auf eine natürliche Person übergehen. Für Zwecke des Stundungswiderrufs ist dann auf die natürliche Person oder deren Rechtsnachfolger abzustellen. Der Umkehrschluss der Norm belegt zugleich die Einordnung der Schenkung unter Lebenden als schädliche Übertragung i. S.V. § 6 Abs. 4 S. 6 AStG. Sämtliche Schenkungen sind damit schädlich und führen zur Fälligkeit der Steuer.
Da im rein nationalen Kontext eine Schenkung der Anteile grundsätzlich keinen Realisationstatbestand enthält, begente die strenge Auslegung der "Übertragung" insoweit unionsrechtlichen Bedenken.
Rz. 394
In Abweichung zu § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AStG wird die "Einlage in ein Betriebsvermögen" nicht als Widerrufstatbestand behandelt.
Da nach der Terminologie des Ertragssteuerrecht eine "Übertragung" auch bei "Einlage" ins Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft vorliegen kann, es aber keine Rechtfertigung gibt, für Zwecke des Stundungswiderrufs zwischen Einlagen in ein eigenes Betriebsvermögen und solchen ins Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft zu unterscheiden, sind sämtliche Einlagen in ein Betriebsvermögen aus dem Begriff "Übertragung" auszunehmen (s. Rz. 276).
Rz. 395
In Wegzugsfällen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG werden die Anteile nicht mehr durch den Steuerpflichtigen gehalten, sondern z. B. durch den Beschenkten. Veräußert der Beschenkte seine Anteile, trifft die Fälligkeit der Steuer den Schenker. Es ist vor diesem Hintergrund zu erwägen, im Schenkungsvertrag Vorkehrungen zu treffen, die eine Übertragungsmöglichkeit einschränken und auch eine Mitwirkung des Beschenkten gewährleisten.
Rz. 396
Bei Verwirklichung des Widerrufstatbestands in § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG wird eine anteilige Fälligkeit der noch nicht entrichteten Steuer angeordnet. Zieht der Steuerpflichtige mit einer Beteiligung von 10 % an einer Kapitalgesellschaft ins Ausland und veräußert er später 2 % der Geschäftsanteile (also ein Fünftel seiner Beteiligung), so wird die noch nicht entrichtete Steuer zu einem Fünftel innerhalb eines Monats fällig.
Rz. 397
einstweilen frei