Rz. 445
Gem. § 8 Abs. 5 S. 2 AStG sind in die Belastungsrechnung – gemeint ist grds. die Belastungsrechnung i. S. v. Abs. 5 S. 1 (s. Rz. 430ff.) – Ansprüche einzubeziehen, die der Ansässigkeitsstaat der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Ausschüttung der Gesellschaft dem Stpfl. oder einer anderen Gesellschaft, an der der Stpfl. beteiligt ist, gewährt. Die Vorschrift zielt darauf ab, Gestaltungen zu unterbinden, bei denen zwar die ausländische Gesellschaft einer Normalbesteuerung unterliegt, die Gesamtbelastung aber durch Erstattungen an Gesellschafter auf ein niedriges Niveau i. S. v. § 8 Abs. 5 AStG gebracht wird. Hintergrund der Vorschrift – die auch als lex Malta bezeichnet wird – ist insbesondere das maltesische Steuerrückerstattungssystem, das bei Gewinnausschüttung erhebliche Erstattungen an Gesellschafter vorsieht. Eine allg. Regelung zum Umgang mit ausländischen Körperschaftsteueranrechnungssystemen im Kontext der Hinzurechnungsbesteuerung stellt § 8 Abs. 5 S. 2 AStG folglich nicht dar.
Rz. 446
§ 8 Abs. 5 S. 2 AStG enthält drei Tatbestandsvoraussetzungen: 1) Muss ein Anspruch im Fall einer (offenen oder verdeckten) Gewinnausschüttung gewährt werden. Das Gesetz definiert nicht, was ein entsprechender "Anspruch" ist. Nach Verwaltungsauffassung sollen Anrechnungs- oder Erstattungsansprüche gemeint sein. Ein auf "Erstattung oder Anrechnung der Ertragsteuern" abstellender Wortlaut war im Gesetzgebungsverfahren zunächst vorgesehen, fand dann aber nicht Eingang ins Gesetz. Soweit dem Gesellschafter ein Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuern der ausschüttenden Gesellschaft zusteht (indirekte Anrechnung), handelt es sich hierbei lediglich um einen Mechanismus zur Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung. Eine vorausgesetzte "Minderung der Steuerbelastung" lässt sich daraus nicht ohne weiteres ableiten. Daher sollte die Norm nur Erstattungsansprüche erfassen, da diese im Fokus der Regelung stehen. 2) Muss die Gewährung durch den Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft erfolgen. Hiermit ist der Ansässigkeitsstaat der ausländischen Gesellschaft gemeint. 3) Muss der Anspruch dem Stpfl. oder einer Gesellschaft, an der der Stpfl. beteiligt ist, gewährt werden. Letzterenfalls ist ungeklärt, in welchem Umfang der Anspruch einzubeziehen ist. Hierbei muss aus teleologischen Gründen auf den Betrag abgestellt werden, der auf den Stpfl. i. S. v. § 7 AStG entfällt (d. h. dessen durchgerechnete Beteiligung an der ausschüttenden ausländischen Gesellschaft).
Rz. 447
Rechtsfolge des § 8 Abs. 5 S. 2 AStG ist das Einbeziehen der maßgeblichen "Ansprüche" in die Belastungsrechnung. Es handelt sich hierbei um die Belastungsrechnung nach S. 1 (s. Rz. 430ff.), die aber wiederum nach S. 3 modifiziert werden kann (s. Rz. 450ff.). Auf beiden Ebenen kann m. E. § 8 Abs. 5 S. 2 AStG greifen. Mit anderen Worten sind die Ansprüche von dem Betrag der Ertragsteuern, der im Rahmen der Division den Dividend darstellt, abzuziehen. Hierfür ist der Anspruch der Höhe nach zu bemessen. Da eine Niedrigbesteuerung nur für passive Einkünfte zu prüfen ist, ist bei gemischten Einkünften eine Zuordnung der Gewinnausschüttung zu den aktiven und passiven Einkünften geboten. Der insgesamt entstandene Anspruch ist entsprechend aufzuteilen und anteilig zu berücksichtigen. Da im Rahmen der Belastungsrechnung verschiedene Arten von passiven Einkünften zu separieren sind (s. Rz. 426), kann ferner zu prüfen sein, inwieweit die Erstattung auf die Ausschüttung der jeweiligen passiven Einkünfte entfällt.
Rz. 448
Die Berücksichtigung des Anspruchs muss für die Beurteilung der Niedrigbesteuerung des Wirtschaftsjahrs erfolgen, in dem die (ausgeschütteten) Zwischeneinkünfte erzielt wurden. Wenngleich die Finanzverwaltung auf die abstrakte Möglichkeit eines Anspruchs im Fall einer Gewinnausschüttung abstellen möchte, kann ein Anspruch m. E. nur berücksichtigt werden, wenn er aufgrund einer (beschlossenen) Gewinnausschüttung entstanden ist. Auf die Zahlung des infolge des entstandenen Anspruchs zustehenden Betrags kommt es indes nicht an. Erfolgt die Gewinnausschüttung und somit auch die Entstehung des Anspruchs zu einem späteren Zeitpunkt, ist dies als rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO) zu berücksichtigen.
Rz. 449
einstweilen frei