Aufgrund des Nachsteuertatbestandes sind zwingend die geltenden Grundsätze im Zusammenhang mit den ergangenen BFH-Urteilen zu betrachten. Stellt sich im Laufe des 10-Jahreszeitraumes heraus, dass der Erwerber gesundheitliche Probleme hat und erscheint dadurch das Führen des eigenen Haushalts im Familienheim nicht mehr möglich, sollte dieses bereits vor dem Auszug durch ein ärztliches Attest bescheinigt werden (vgl. BFH v. 1.12.2021 – II R 1/21, BStBl. II 2022, 557 Rz. 24 = ErbStB 2022, 325 [Heinrichshofen]). Liegt ein ärztliches Attest vor, ist weder der Auszug noch ein Verkauf des Familienheims schädlich für die Steuerbefreiung des Familienheims.

Beraterhinweis Verstöße gegen die zehnjährige Selbstnutzungsverpflichtung sind nach § 153 Abs. 2 AO anzeigepflichtig (vgl. R E 13.4 Abs. 6 Satz 7 ErbStR 2019). Eine Verletzung der Anzeigepflicht kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (vgl. Wachter, ErbR 2020, 225, 231). Es bietet sich an, den Steuerpflichtigen i.R.d. Vollständigkeitserklärung bei Abgabe der Erbschaftsteuererklärung sowie zusätzlich bei der Bescheidprüfung schriftlich über die Anzeigeverpflichtung aufzuklären.

Soll die Problematik des Zehn-Jahres-Zeitraumes umgegangen werden, empfiehlt es sich in der Praxis unter Ehegatten eine lebzeitige Übertragung des Familienheims vorzunehmen, da nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG die Übertragung des Familienheims nicht mit einer Behaltensdauer verbunden ist; der Erwerb von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG hingegen schon (vgl. Reimann, ZEV 2010, 174, 175; Steiner, ErbStB 2010, 179, 180).

Ähnlich verhält es sich, wenn das Familienheim an die nächste Generation übertragen werden soll. Auch hier wird eine Übertragung zu Lebzeiten des selbstgenutzten Familienheims empfohlen (vgl. Grosse, ErbStB 2021, 127, 131). Zwar findet dann die Steuerbefreiung des Familienheims keine Anwendung, dennoch kann die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer durch ein lebenslanges Wohnrecht gemindert werden. Entscheidend ist, dass in diesen Fällen nicht auf die Zehn-Jahres-Frist für die Selbstnutzung und der Eigentümerstellung abzustellen ist. Sofern dabei der Freibetrag für Kinder i.H.v. 400.000 EUR nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG überschritten wird, kann darüber hinaus das Gestaltungsmittel der Kettenschenkung zum Einsatz kommen (vgl. Dedden/Glatz, NWB 2022, 3663).

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