Zur Abgrenzung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis

Ein Vorausvermächtnis liegt in der Regel vor, wenn der Erblasser einen Miterben durch die Zuweisung von Nachlassgegenständen begünstigen wollte, die den Wert seines Auseinandersetzungsguthabens übersteigen. Ist der Begünstigungswille unklar, muss er durch Auslegung ermittelt werden; im Zweifel ist eine bloße Teilungsanordnung anzunehmen.

OLG Hamm v. 16.3.2021 – 10 U 35/20
ErbStB 2022, 41
Anforderungen an die wirksame Ernennung des beurkundenden Notars zum Testamentsvollstrecker

Reichen Eheleute, deren Erbvertrag der Notar beurkundet hat, bei diesem einen privatschriftlichen "Nachtrag" ein, in dem sie den Notar als Testamentsvollstrecker einsetzen, ohne dass er die im Nachtrag enthaltenen Erklärungen oder die Übergabe des Nachtrags als letztwillige Verfügung beurkundet, so steht der Wirksamkeit der Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker §§ 7, 27 BeurkG i.V.m. § 125 BGB nicht entgegen. Die Verwahrung des "Nachtrags" zusammen mit der Haupturkunde oder Anheftung an diese führt nicht dazu, dass nunmehr eine einheitliche Urkunde vorliegt und die Urkundstätigkeit des Notars sich dann auf den an die Haupturkunde angeklebten oder angehefteten und ihr verwahrten privatschriftlichen "Nachtrag" erstreckt.

OLG Düsseldorf v. 9.4.2021 – 3 Wx 61/20 (Rechtsbeschwerde IV ZB 24/21
ErbStB 2022, 105
Einsetzung des Urkundsnotars als Testamentsvollstrecker

Der Wirksamkeit der Ernennung des Notars zum Testamtsvollstrecker steht es nicht entgegen, wenn Eheleute, deren Erbvertrag der Notar beurkundet hat, bei diesem einen privatschriftlichen "Nachtrag" einreichen, indem

sie den Notar als Testamentsvollstrecker einsetzen, ohne dass er diese im Nachtrag enthaltene Erklärung oder die Übergabe des Nachtrags als letztwillige Verfügung beurkundet.

BGH v. 23.2.2022 – IV ZB 24/21
ErbStB 2022, 137
Nottestament vor Zeugen und Kontaktbeschränkungen

Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen ist ein Nottestament nur dann wirksam, wenn während des gesamten Errichtungsaktes gleichzeitig drei Zeugen anwesend sind, § 2250 Abs. 1 BGB.

OLG Düsseldorf v. 6.1.2022 – 3 Wx 216/21
ErbStB 2022, 169
Keine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des durch Vorerbschaft eingesetzten Testamentsvollstreckers kraft Gesetzes

Der nur für die Vorerbschaft eingesetzte Testamentsvollstrecker ist nicht kraft Gesetzes an die Beschränkungen gebunden, die dem Vorerben gegenüber dem Nacherben in den § 2113, 2114 BGB auferlegt sind. Der Erblasser kann gem. § 2208 Abs. 1 Satz 1 BGB anordnen, dass der für die Vorerbschaft ernannte Testamentsvollstrecker nur die Rechte des (nicht befreiten) Vorerben ausüben und deshalb der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB unterliegen soll. Eine solche Beschränkung ist gem. § 354 Abs. 2 FamFG in einem Testamentsvollstreckerzeugnis anzugeben.

KG Berlin v. 11.1.2022 – 1 W 252/21
ErbStB 2022, 201
Kein Wiederaufleben eines widerrufenen notariellen Testaments durch erneute Unterzeichnung

Ein durch ein nachfolgendes privatschriftliches Testament widerrufenes notarielles Testament erlangt nicht dadurch (erneute) Wirksamkeit, indem es durch den Erblasser (erneut) mit Datumsangabe unterschrieben wird.

OLG München v. 26.1.2022 – 31 Wx 441/21
ErbStB 2022, 235
Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin

Zur Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers trotz augenscheinlicher Verteilung nur einzelner Nachlassgegenstände auf mehrere Personen, wenn die der Lebensgefährtin zugewandten Vermögenswerte aus Sicht des Erblassers den wesentlichen Teil seines Nachlasses darstellten und sie nach dem Testament auch für "Beerdigung und Folgekosten" verantwortlich zeichnen sollte.

Saarl. OLG v. 30.3.2022 – 5 W 15/22
ErbStB 2022, 303

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