Der Steuergesetzgeber definiert in § 4 Abs. 1 S. 2 EStG den Begriff der Entnahmen. Entnahmen sind danach alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb inter alia für betriebsfremde Zwecke entnommen hat. Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht gem. § 4 Abs. 1 S. 3 EStG der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich. Beachten Sie: In diesem Kontext sei auch auf das Regelbeispiel in § 4 Abs. 1 S. 4 EStG verwiesen.
1. Historie
Vor Einführung der Entstrickungsvorschriften gab es keine allgemeinen Regelungen im Kontext der Entstrickungsbesteuerung; stattdessen galt die vom BFH entwickelte finale Entnahmetheorie, welche letztlich in 2008 aufgegeben wurde.
Einführung des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG mit dem SEStEG: Mit dem SEStEG wurde sodann die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG eingeführt. Mit Umsetzung des vorgenannten Gesetzgebungsverfahrens wurde der Entstrickungstatbestand entsprechend der Gesetzesbegründung lediglich zur (nunmehr gesetzlichen) Klarstellung aufgenommen und soll der Sicherstellung
- der Aufdeckung und
- der Besteuerung
der in der Bundesrepublik Deutschland entstandenen stillen Reserven dienen.
Modifizierung durch das ATADUmsG: Jüngst ist durch das ATADUmsG eine Modifizierung erfolgt, durch die in § 4 Abs. 1 S. 3 Halbs. 2 EStG aufgenommen wurde, dass eine Entstrickung auf Antrag auch in den Fällen eintritt, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt. Die Gesetzesbegründung sieht insoweit eine Anpassung an Art. 5 Abs. 5 ATAD vor.
Beachten Sie: Im Zuge des ATADUmsG wurde sodann in der Gesetzesbegründung erstmals erwähnt, dass ein Ausgleichposten nach § 4g EStG – als mittelbare Folge der Entstrickung nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG – auch im Falle der passiven Entstrickung gebildet werden könne.
2. Tatbestand
Damit die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG eintritt, ist nach dem Gesetzeswortlaut erforderlich, dass
- ein Ausschluss oder
- eine Beschränkung
des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts erfolgt.
Ausschluss des Besteuerungsrechts: Das Besteuerungsrecht soll dann ausgeschlossen sein, wenn die Besteuerung des betroffenen Wirtschaftsgutes der deutschen Steuerhoheit entzogen wird.
Beschränkung des Besteuerungsrechtes: Eine Beschränkung des Besteuerungsrechtes ist dann anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut zwar weiterhin der inländischen Steuerhoheit unterliegt, jedoch eine Steueranrechnung erfolgt.
Der Gesetzgeber sieht hier in aller Regel dann den Tatbestand erfüllt, wenn der Gewinn auf Grund eines DBA
- von der inländischen Besteuerung freigestellt ist oder
- die ausländische Steuer im Inland anzurechnen ist.
Realisierung der Entstrickung: Dabei kann die Entstrickung
- durch steuersubjektbezogene Tatbestände (z.B. durch Wechsel der Ansässigkeit) oder aber auch
- durch steuerobjektbezogene Tatbestände (z.B. durch Transfer eines Wirtschaftsgutes ins Ausland)
realisiert werden.
Nutzung/Veräußerung: Der Ausschluss respektive die Beschränkung des Besteuerungsrechtes bezieht sich dabei auf Tatbestände
- sowohl der Nutzung
- als auch der Veräußerung.
Dabei ist ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechtes aus der Veräußerung dann anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet wird. Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechtes aus der Nutzung wird indes anzunehmen sein, wenn ein Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zur Nutzung überlassen wird und dieser zuzuordnen ist.