Dr. Rolf Möhlenbrock, Lisa Maiworm
2.3.1 Verhältnis zu den Doppelbesteuerungsabkommen
Tz. 30
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Nach Art 7 OECD-MA sollen Unternehmensgewinne dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden, dh im BetrSt-Staat. Dagegen sieht Art 11 OECD-MA eine Besteuerung für Zinsen im Ansässigkeitsstaat des FK-Gebers vor. Durch Art 9 OECD-MA wird den Vertragsstaaten die Berechtigung zur Gewinnberichtigung bei verbundenen Unternehmen (Verhältnis Mutter- und TG sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle) erteilt, soweit der ausgewiesene Gewinn wegen der besonderen Bedingungen, die zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbart wurden, nicht dem entspr, der auf der Basis des Fremdvergleichs entstanden wäre. Eine Gewinnberichtigung ist ausgeschlossen, wenn die Geschäfte zwischen den verbundenen Unternehmen unter den Bedingungen des freien Marktes (Arm's-length-Prinzip) abgewickelt wurden und damit einem Drittvergleich standhalten. Zur "Sperrwirkung" des Art 9 OECD-MA s auch Urt des BFH v 11.10.2012 (BStBl II 2013, 1046) und v 17.12.2014 (DB 2015, 465). Weiter s § 8b KStG Tz 216 und 222a.
Der Zinsschranke wird vorgeworfen, sie widerspreche der durch Art 7, 9 und 11 OECD-MA normierten St-Verteilung. Weiter wird ein Verstoß gegen Art 24 Abs 4 OECD-MA bejaht (s Homburg, FR 2007, 717, 725; s Hick, in H/H/R, § 4h EStG Rn 6; s Kaminski, IStR 2011, 783; s Mattern, in Sch/F, § 8a KStG Rn 38ff; und s Förster, in Gosch, 4. Aufl, § 8a Rn 58a). UE ist dem Argument der vorgenannten Autoren nicht zu folgen, dass D durch die Zinsschranke sein Besteuerungsrecht auf Zinszahlungen ausweitet, für die nach dem DBA dem Empfängerstaat das Besteuerungsrecht zusteht. Das BA-Abzugsverbot für Zinsen auf Ebene des Leistenden führt weder formal noch wirtsch gesehen zu einer Besteuerung des Zinsertrags. Es handelt sich um eine Regelung auf Ebene des FK-Nehmers und nicht um eine Regelung auf Ebene des FK-Gebers. Wegen einer vergleichbaren Frage s Tz 32. Auch der Vorwurf des Verstoßes gegen das DBA-rechtlichen Diskriminierungsverbot geht uE fehl, da die Zinsschranke sowohl im reinen Inl-Fall als auch bei grenzüberschreitenden Fällen anzuwenden ist.
2.3.2 Verhältnis zum Europarecht
Tz. 31
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Zu berücksichtigen sind die Niederlassungsfreiheit des Art 49 AEUV (Art 43 EGV) sowie die Kap-Verkehrsfreiheit gem Art 63 AEUV (Art 56 EGV). In der Lit wird die Auff vertreten, die Zinsschranke verstoße gegen diese Grundfreiheiten (zB s Körner, Ubg 2011, 610, 616; s Homburg, FR 2007, 717, 723; s Musil/Volmering, DB 2008, 12, 15ff; s Knopf/Bron, BB 2009, 1222, 1223; und s Wilke/Süß, FR 2009, 796; ebenfalls hierzu s Tz 12). Im Fokus steht vor allem die Regelung in § 15 S 1 Nr 3 KStG, wonach ein Organkreis im Ergebnis als ein Betrieb gilt. Durch die Begr einer Organschaft kann die Anwendung der Zinsschranke uU vermieden werden. Die stliche Organschaft war vor der sog "kleinen Organschaftsreform" im Wes nur inl Rechtsträgern eröffnet (s Eilers, Ubg 2008, 197, 200; s Hick, in H/H/R, § 4h EStG Rn 6; s Kessler/Jepp, DB 2009, 2737, 2741; s Führich, Ubg 2009, 30, 40; s Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 550, 558; und s Kessler/Dietrich, DB 2010, 240, 243). UE spricht dies höchstens für eine Europarechtswidrigkeit der Organschaftsbesteuerung, nicht hingegen für eine Europarechtswidrigkeit der Zinsschranke (ebenso s Förster, in Gosch, 4. Aufl, § 8a Rn 57c, 57d und s Frotscher, in F/D, § 8a KStG Rn 14ff). Weiter ist zu beachten, dass nach der sog "kleinen Organschaftsreform" auch ausl TG OG sein können, vorausgesetzt, sie verfügen über eine inl Geschäftsleitung und schließen einen GAV ab (s § 14 Abs 1 S 1 KStG); ausl MG können OT sein, wenn sie über eine inl BetrSt verfügen, für die BetrSt-Eink ein dt Besteuerungsrecht besteht, und die Beteiligung an der OG der BetrSt zuzurechnen ist (s § 14 Abs 1 S 1 Nr 2 S 4ff KStG).
Der EuGH hat entschieden, dass das niederländische Organschaftssystem, das eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten ebenfalls nur zwischen inl Rechtsträgern zulässt, nicht gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt (s Urt des EuGH v 25.02.2010, DStR 2010, 427, Rs C-337/08 X-Holding BV). Zu dem Urt des EuGH v 25.02.2010 ebenfalls s Eisenbarth/Hufeld (IStR 2010, 309), die zutr darauf hinweisen, dass das Urt eine deutliche Absage an ein umfassendes Systemoptimierungsgebot auf Basis der Grundfreiheiten ist. Daher ist uE davon auszugehen, dass auch das dt Organschaftsrecht zumindest nicht insoweit gegen EU-Recht verstößt, als es eine lfd Verrechnung von Gewinnen und Verlusten nur zwischen inl Rechtsträgern zulässt. Ebenso s Urt des BFH v 07.12.2011 (BStBl II 2012, 507) und v 17.09.2014 (BStBl II 2017, 726) zu § 8 Nr. 1 GewStG.
Gegen eine EU-Rechtswidrigkeit der Vorschriften spricht uE auch die zwischenzeitlich verabschiedete ATAD-RL (s Tz 10, 33).
Zur Unzulässigkeit der Beschränkung der Zinsschranke auf internationale Konzerne s Urt des FG Ba-Wü v 26.11.2012 (DStRE 2014, 452, das Urt wurde aufgehoben und an das FG zurückverwiesen, s Urt des BFH v 12.08.2015, BFH/NV 2016, 47). Wegen des Erfordernisses der Erfassung von Inl-Sachverhalten iRd...