Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 332
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Ein Ausschluss des dt Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines WG setzt voraus, dass ein (ggf auch eingeschr) dt Besteuerungsrecht an dem betrieblichen WG bestanden hat und dieses in vollem Umfang entfällt (Wegfall des Besteuerungsrechts). In den übrigen Fällen kann es sich, sofern ein der Höhe oder dem Umfang begrenztes Besteuerungsrecht fortbesteht, allenfalls um eine Beschränkung des dt Besteuerungsrechts handeln.
Tz. 333
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Als Folge der Rspr des BFH zur "Aufgabe" der finalen Entnahmetheorie (s Tz 226ff) dürfte es nur noch vereinzelt Fälle des Ausschlusses des dt Besteuerungsrechts geben. IdR dürfte dann aber in den bisherigen Fällen des Ausschlusses des dt Besteuerungsrechts nach neuem Verständnis und aktueller Rechtslage eine Beschränkung des dt Besteuerungsrechts vorliegen.
3.2.3.1.1 Rechtsträgerwechsel
Tz. 334
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Als Ausschluss des dt Besteuerungsrechts dürfte uE die Entstrickung aufgrund eines Rechtsträgerwechsels zu beurteilen sein.
Str ist, ob entgegen der eindeutigen Aussage in der Ges-Begr (s BT-Drs 16/2710, 31) aufgrund der Rechtsfolge (Fiktion einer Veräußerung) der Rechtsträgerwechsel (zB Veräußerung oder Umwandlung) von § 12 Abs 1 KStG erfasst sei. Es handle sich insoweit bereits nach allgemeinen Grundsätzen um Veräußerungsvorgänge, so dass es daher an einem Bedürfnis für die Anwendung des Entstrickungstatbestands fehle (s Frotscher, in F/D, § 12 KStG Rn 17f; ebenso s Blumenberg/Lechner, BB-Special 8/2006, 25, 26; s Kolbe, in H/H/R, § 12 KStG Rn 33; s Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1527).
Es trifft uE zu, dass entspr dem Sinn und Zweck des § 12 Abs 1 KStG (Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines WG) "echte" Veräußerungsvorgänge nicht vom Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 KStG erfasst sind. Es liegt bereits nach allgemeinen Grundsätzen ein Gewinnrealisationstatbestand vor (s Wassermeyer, IStR 2008, 176, 177; s Tz 83). Zu den "echten" Veräußerungsvorgängen zählen ua auch die Fälle des sog schuldrechtlichen Tauschs (s § 6 Abs 6 S 1 EStG), dh zwei Rechtsträger verkaufen sich etwas gegenseitig und rechnen den Kaufpreis auf (auch s Hoffmann, GmbHR 2008, 551, 552).
Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge stellen auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers ebenfalls Veräußerungsvorgänge – sog tauschähnliche Vorgänge – dar. Auch wenn die Übertragung von WG iRv tauschähnlichen Vorgängen (zB Einbringung eines Teilbetriebs gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) nach allgemeinen Grundsätzen bereits einen Gewinnrealisationstatbestand darstellt (s Tz 84), ist jedoch § 12 Abs 1 KStG entspr der ausdrücklichen gesetzgeberischen Intention für Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge anwendbar. Dies gilt uE zumindest in den Umwandlungsfällen, in denen eine Auflösung des übertragenden Rechtsträgers vorliegt (Verschmelzung, Aufspaltung und Formwechsel in eine Pers-Ges), da gleichzeitig eine Beendigung der unbeschr oder beschr StPflicht des übertragenden Rechtsträgers erfolgt. Entspr dieser Gesetzessystematik sieht auch § 12 Abs 2 KStG für Drittstaatsverschmelzungen abw von § 12 Abs 1 KStG die Möglichkeit zur Bw-Fortführung vor (s Tz 407).
Bei Anwendung der allg Grundsätze würde die Anwendung des § 6 Abs 6 S 1 EStG, da beide Regelungen auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung zur Anwendung kommen, zu keinem anderen Ergebnis führen. Unterschiede in der Anwendung von § 12 Abs 1 KStG und § 6 Abs 6 S 1 EStG ergeben sich hinsichtlich der Möglichkeit zur Bildung eines AP nach § 4g EStG. Die Möglichkeit zur Bildung eines AP nach § 4g EStG ist ausweislich der Ges-Begr auf die Fälle der Überführung von WG zwischen Stammhaus und BetrSt – dh innerhalb eines BV – desselben Stpfl begrenzt, so dass § 4g EStG in den Fällen der Übertragung von Vermögen im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge zwischen verschiedenen Stpfl (zB Verschmelzung von Kö) oder zwischen vd BV desselben Stpfl (zB Einbringung in eine Pers-Ges nach § 24 UmwStG 2006) nicht zur Anwendung kommt (s BT-Drs 16/3369, 5).
3.2.3.1.2 Abschluss eines DBA
Tz. 335
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Von § 12 Abs 1 KStG ist uE auch die sog passive Entstrickung erfasst (s Tz 304). Der Abschluss eines DBA (bzw dessen erstmalige Anwendung) führt zum Ausschluss des dt Besteuerungsrechts, soweit als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Freistellung der Eink vereinbart ist. Zur bisherigen Rspr des BFH insoweit s Tz 205.
Tz. 336
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die erstmalige Anwendung des DBA mit Freistellungsmethode unterscheidet sich von der Überführung von WG von einem inl Stammhaus in dessen ausl DBA-Freistellungs-BetrSt (s Tz 352). Dies liegt in dem Umstand begründet, dass der (erstmalige) Eintritt der Rechtsfolgen des Abkommens auch die bis zur Anwendung des DBA in der ausl BetrSt angewachsenen stillen Reserven erfasst. Im Protokoll zum DBA zw der B-Rep und Liechtenstein wurden erstmals Regelungen zu den Folgen einer Entstrickung aufgr des Inkrafttretens eine...