Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 334
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Als Ausschluss des dt Besteuerungsrechts dürfte uE die Entstrickung aufgrund eines Rechtsträgerwechsels zu beurteilen sein.
Str ist, ob entgegen der eindeutigen Aussage in der Ges-Begr (s BT-Drs 16/2710, 31) aufgrund der Rechtsfolge (Fiktion einer Veräußerung) der Rechtsträgerwechsel (zB Veräußerung oder Umwandlung) von § 12 Abs 1 KStG erfasst sei. Es handle sich insoweit bereits nach allgemeinen Grundsätzen um Veräußerungsvorgänge, so dass es daher an einem Bedürfnis für die Anwendung des Entstrickungstatbestands fehle (s Frotscher, in F/D, § 12 KStG Rn 17f; ebenso s Blumenberg/Lechner, BB-Special 8/2006, 25, 26; s Kolbe, in H/H/R, § 12 KStG Rn 33; s Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1527).
Es trifft uE zu, dass entspr dem Sinn und Zweck des § 12 Abs 1 KStG (Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines WG) "echte" Veräußerungsvorgänge nicht vom Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 KStG erfasst sind. Es liegt bereits nach allgemeinen Grundsätzen ein Gewinnrealisationstatbestand vor (s Wassermeyer, IStR 2008, 176, 177; s Tz 83). Zu den "echten" Veräußerungsvorgängen zählen ua auch die Fälle des sog schuldrechtlichen Tauschs (s § 6 Abs 6 S 1 EStG), dh zwei Rechtsträger verkaufen sich etwas gegenseitig und rechnen den Kaufpreis auf (auch s Hoffmann, GmbHR 2008, 551, 552).
Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge stellen auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers ebenfalls Veräußerungsvorgänge – sog tauschähnliche Vorgänge – dar. Auch wenn die Übertragung von WG iRv tauschähnlichen Vorgängen (zB Einbringung eines Teilbetriebs gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) nach allgemeinen Grundsätzen bereits einen Gewinnrealisationstatbestand darstellt (s Tz 84), ist jedoch § 12 Abs 1 KStG entspr der ausdrücklichen gesetzgeberischen Intention für Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge anwendbar. Dies gilt uE zumindest in den Umwandlungsfällen, in denen eine Auflösung des übertragenden Rechtsträgers vorliegt (Verschmelzung, Aufspaltung und Formwechsel in eine Pers-Ges), da gleichzeitig eine Beendigung der unbeschr oder beschr StPflicht des übertragenden Rechtsträgers erfolgt. Entspr dieser Gesetzessystematik sieht auch § 12 Abs 2 KStG für Drittstaatsverschmelzungen abw von § 12 Abs 1 KStG die Möglichkeit zur Bw-Fortführung vor (s Tz 407).
Bei Anwendung der allg Grundsätze würde die Anwendung des § 6 Abs 6 S 1 EStG, da beide Regelungen auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung zur Anwendung kommen, zu keinem anderen Ergebnis führen. Unterschiede in der Anwendung von § 12 Abs 1 KStG und § 6 Abs 6 S 1 EStG ergeben sich hinsichtlich der Möglichkeit zur Bildung eines AP nach § 4g EStG. Die Möglichkeit zur Bildung eines AP nach § 4g EStG ist ausweislich der Ges-Begr auf die Fälle der Überführung von WG zwischen Stammhaus und BetrSt – dh innerhalb eines BV – desselben Stpfl begrenzt, so dass § 4g EStG in den Fällen der Übertragung von Vermögen im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge zwischen verschiedenen Stpfl (zB Verschmelzung von Kö) oder zwischen vd BV desselben Stpfl (zB Einbringung in eine Pers-Ges nach § 24 UmwStG 2006) nicht zur Anwendung kommt (s BT-Drs 16/3369, 5).