Tz. 514
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Gewinntantiemen an Ges-GF von Kap-Ges sind nach den Anstellungsverträgen idR innerhalb einer bestimmten Frist nach Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft zur Auszahlung fällig. Der BFH sieht auch eine Fälligkeitsabrede, die der Gesellschaft eine Zeitspanne von drei Monaten ab Bilanzerstellung zur Auszahlung einräumt, (noch) als fremdüblich an. Besteht keine vertragliche Vereinbarung über den Fälligkeitszeitpunkt, wird die Tantieme auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung mit dem Tag der Feststellung des Jahresabschlusses fällig; s Urt des BFH v 03.02.2011 (BStBl II 2014, 491) und s Urt des FG München v 28.09.2009 (juris/haufe).
Bei beherrschenden Ges-GF fließen Tantiemen – wie auch andere Leistungsansprüche – regelmäßig bereits im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu; s zB Urt des BFH v 16.12.2010 (BStBl II 2012, 288) mwNachw. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist (dazu s Urt des BFH v 20.12.2011, BFH/NV 2012, 597) oder wenn der Gesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (s Urt des FG München v 01.03.2011, DK 2012, 219).
Die Fin-Verw hatte in der Vergangenheit bei beherrschenden Ges-GF den Zufluss einer Gewinntantieme tw bereits dann angenommen, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses nicht innerhalb der in § 42a GmbHG genannten Fristen von acht bzw elf Monaten erfolgt war (also die vertragliche Fälligkeit noch nicht eingetreten war). Verstoße der Ges-GF gegen diese Verpflichtung zur fristgem Feststellung des Jahresabschlusses, sei für den Zufluss der Tantieme nicht der tats Zeitpunkt der Bil-Erstellung maßgebend. Der Lohnsteuerabzug sei vielmehr einen Monat nach Ablauf der ges Fristen vorzunehmen; die Höhe der Tantiemen müsse ggf geschätzt werden.
Tz. 515
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Dieser Verw-Auff hat der BFH jedoch eindeutig widersprochen; s Urt des BFH v 28.04.2020 (BFH/NV 2020, 1125). Nach Auff des Gerichts lässt sich aus der Nichteinhaltung der gesellschaftsvertraglichen bzw ges vorgeschriebenen Frist zur Erstellung des Jahresabschlusses (§ 42a Abs 2 GmbHG) nicht per se die Fiktion des Zuflusses einer Tantiemezahlung herleiten. Erst die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung als des hierzu berufenen Gesellschaftsorgans führt nämlich zu seiner Verbindlichkeit. Auch eine Fiktion des Zuflusses auf den Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses kommt nicht in Betracht. Enthält die Satzung – wie in dem vom BFH entschiedenen Streitfall – eine bindende Regelung über eine spätere Fälligkeit, ist es gerechtfertigt, hierauf abzustellen. Etwas anderes könne sich allenfalls dann ergeben, wenn der beherrschende Ges-GF zielgerichtet die Fälligkeit des ihm zustehenden Tantiemeanspruchs und damit den Zeitpunkt der Besteuerung hinauszögere (Anwendung von § 42 AO); im oa Urt-Fall sah der BFH dazu jedoch keine Anhaltspunkte. Er konnte deshalb generell offen lassen, ob sich über die Anwendung von § 42 AO ein früherer Zuflusszeitpunkt ergeben könnte; in diese Richtung s noch das Urt des FG Rh-Pf v 24.08.2017 (DStRE 2018, 1097) und früher schon s Urt des FG Ba-Wü v 07.11.1996 (EFG 1997, 872).
Tz. 516
Stand: EL 102 – ET: 06/2021
Tantiemen sind nach § 38a Abs 1 S 3 EStG grds im Jahr des Zuflusses zu versteuern; grds zum Zuflusszeitpunkt bei Arbeitslohn in Form von sonstigen Bezügen, s Urt des BFH v 24.08.2017 (BStBl II 2018, 72). Bei einem beherrschenden Ges-GF wird nach der Rspr des BFH der stpfl Zufluss bereits bei Fälligkeit (also nicht erst bei tats Auszahlung) der Tantiemeforderung angenommen; s Urt des BFH v 03.02.2011 (BStBl II 2014, 491) und s Urt des BFH v 28.04.2020 (BFH/NV 2020, 1125). Die Fälligkeit sollte im Geschäftsführervertrag zB wie folgt geregelt sein:
"Die Gewinntantieme ist eine Woche (alternativ: einen Monat) nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig."
Ein früherer Zufluss der Gewinntantieme kann nicht fingiert werden. In der Praxis sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die Auszahlung der Tantieme auch tats zum Fälligkeitstermin erfolgt, da sich ansonsten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Tantiemevereinbarung ergeben könnten und die Gefahr einer vGA besteht; dazu s auch Tz 510ff. Eine Verbuchung auf dem Verrechnungskonto des Ges-GF ist für das Vorliegen einer tats Durchführung ausreichend; allg dazu s Tz 375.