Tz. 190
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
§ 20 Abs 1 Nr 9 EStG ist nach § 20 Abs 8 EStG subsidiär zu den übrigen Eink-Arten (ausgenommen sonstige Eink). Sind die Einnahmen iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG BV-Mehrungen, ist das Teileink-Verfahren nach § 3 Nr 40 S 1 d) EStG anzuwenden. Die Ausnahme von diesem Grundsatz nach § 32d Abs 2 Nr 3 EStG für unternehmerische Beteiligungen gilt – mangels Rechtsgrundlage – nicht für Bezüge aus einer Stiftung nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG.
Tz. 191
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Für natürliche Pers gilt bei einem Bezug von Destinatsleistungen iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG grds der besondere St-S nach § 32d Abs 1 EStG. Mit dem Einbehalt von KapSt ist die Besteuerung des Destinatärs, sofern Eink aus KapV vorliegen, nach § 43 Abs 5 EStG grds abgegolten. Die Abgeltungswirkung tritt jedoch nicht ein, wenn die Leistung auf Ebene der Stiftung entgegen § 10 Nr 1 KStG das Einkommen gemindert hat (s Tz 81ff). Dann ist gem. § 43 Abs 5 S 2 EStG und § 32d Abs 2 Nr 4 Hs 1 EStG die Besteuerung durch Veranlagung des Destinatärs nachzuholen. In diesen Fällen gilt nicht der besondere St-S nach § 32d Abs 1 EStG von grds 25 %, sondern der pers ESt-Tarif (materielles Korrespondenzprinzip). Dies gilt jedoch nicht, soweit die Stiftung Erträge iSd § 11 StAbwG erzielt und die Stiftung als nahestehende Pers gilt. Zum Nahestehen bei Stiftung s Tz 215ff.
Tz. 192
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Etwaige WK können nach § 20 Abs 9 EStG nicht von den Einnahmen nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG abgezogen werden. Es steht nur der Sparer-Pauschbetrag zur Verfügung. Damit sind Zuwendungen an eine Stiftung – die iRd § 20 EStG grds WK wären – nabzb.
Tz. 193
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1 EStG auf Leistungsbeziehungen zwischen Stifter oder Destinatär und Stiftung ist in gewissen Fallgestaltungen denkbar. Danach gilt in den dort genannten Fällen nicht der besondere St-S nach § 32d Abs 1 EStG, sondern der pers ESt-Tarif des Destinatärs. Der KapSt-Einbehalt hat in diesen Fällen nach § 43 Abs 5 S 2 EStG keine abgeltende Wirkung.
Für die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1 a) EStG auf Leistungen zwischen Destinatär und Stiftung ist das Verhältnis nahestehender Pers erforderlich. Nach der Rspr des BFH und der Verw-Auff begründet insbes ein beherrschender Einfluss des Gläubigers auf den Schuldner oder umgekehrt, aber auch das wirtsch Interesse an der Erzielung der Eink des anderen ein solches Verhältnis (s BMF-Schr v 18.01.2016, BStBl I 2016, 85 Rn 136 mwNachw). Die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1a EStG ist daher grds auch auf Darlehensverträge zwischen Destinatär und Stiftung denkbar. Dies ist zB dann der Fall, wenn der Destinatär von den Leistungen der Stiftung wirtsch abhängig ist.
Das FG Münster hat mit Urt v 28.02.2019 (EFG 2019, 976; Rev beim BFH unter VIII R 12/19 anhängig) im Ergebnis ein St-Gestaltungsmodell zur Umgehung des § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst a EStG durch Zwischenschlatung einer Familienstiftung abgesegnet.
Das FG Münster lehnte in dem vorliegenden Fall die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst a EStG aus folgenden Gründen ab:
- Die Stifter (Gläubiger) haben die Betriebs-GmbH & Co KG (Schuldner) mangels Kpl- oder Kdst-Stellung nicht beherrscht. Ein Näheverhältnis kann somit nur dann vorliegen, wenn anderweitige besondere Umstände gegeben sind, die auf eine tats Beherrschung der Betriebs-GmbH & Co KG schließen lassen.
- Eine mittelbare Beherrschung über die Stiftung lag nicht vor, da der Vorstand der Stiftung aus drei Mitgliedern bestand (Stifter A, Stifterin B und ein Dritter). Die Stifter konnten jeweils für sich allein, deshalb nicht über die Geschicke der Stiftung bestimmten. Eine Zusammenrechnung der Stimmrechte schied aus, da die Ehe zwischen Stifter A und Stifterin B keine ausreichende Begr für gleichgerichtete wirtsch Interessen darstellt.
- Gleichgerichtete wirtsch Interessen ließen sich vorliegend auch nicht durch die (gemeinsame) Beherrschung der Besitz-GmbH & Co KG rechtfertigen.
Ohne die Zwischenschaltung der Familienstiftung hätten die Stifter Eink nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG aus den Darlehenszinsen bezogen (Sonder-BV). Insoweit führt die Zwischenschaltung einer Familienstiftung zu einer St-Satzspreizung, sofern der pers St-S der Stifter über dem des § 32d Abs 1 EStG liegt. Ob und wie lange der Ges-Geber diese Gestaltung hinnimmt, ist offen.
Die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst b EStG auf Darlehensbeziehungen zwischen Stifter oder Destinatär und Stiftung ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ausgeschlossen. Weder ist dort die Stiftung aufgeführt, noch ist eine Kap-Beteiligung an einer Stiftung möglich. Die Anwendung des § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst c EStG ist hingegen ohne Weiteres denkbar.