Der vorlegende Senat ist sich seiner bisherigen Rechtsprechung aus 2013 und aus 2016, wonach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG auch insoweit unionsrechtskonform ist, als er ein Aufteilungsgebot für Leistungen normiert, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, nach Ergehen der EuGH-Urteile "Stadion Amsterdam" sowie "Finanzamt X" nicht mehr sicher (d.h. nicht mehr zweifelsfrei i.S.d. Art. 267 AEUV). Ein "acte clair" liege aus seiner Sicht nicht mehr vor.
a) Zulässigkeit eines nationalen Aufteilungsgebots
Der BFH weist zunächst darauf hin, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG im Jahre 2010 ein nationales Aufteilungsgebot zum Ausdruck gebracht hat, und er daraus abgeleitet hat, der Grundsatz, dass die (unselbständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, von diesem Aufteilungsgebot verdrängt wird.
Von dem, was der BFH zum Aufteilungsgebot sagt, ist vieles richtig, aber ein entscheidender Punkt falsch, so dass die Auffassung des BFH, die Vorlagefragen seien zu verneinen, nicht einer richtlinienkonformen Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG Stand halten kann.
Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL lässt zweifelsfrei zu, (nur) konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen i.S.d. Anhang III MwStSystRL mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen (und mithin auch gesetzliche Aufteilungsgebote), was der BFH unter Verweis auf das EuGH-Urteil "The Escape Center" nochmals bekräftigt.
Vor diesem Hintergrund hätte sich eine derartige gesetzgeberische Abgrenzung relativ leicht umsetzen lassen für Frühstücks- und andere Verpflegungsleistungen (wie z.B. Minibar) sowie auch für die vom gesetzgeberischen Willen umfassten, im Verhältnis zu einer Beherbergung separaten Leistungen wie z.B. die Überlassung von Tagungsräumen oder "pay per view" oder Wellnessangebote i.S.v. körperlichen Anwendungen. Ganz schwierig wird dies jedoch im Hinblick auf Leistungen wie z.B. die Nutzungsmöglichkeit von Schwimmbädern, Saunen, Fitnessgeräten und Kommunikationsnetzen (u.a. WLAN, das sehr oft, z.B. von der Bahn oder auf Flughäfen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird) oder Leseräumen.
b) Unmaßgeblichkeit des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung
Ferner ist der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung "Kommission Frankreich" tatsächlich davon ausgegangen, dass es nicht als entscheidend für die Ausübung des den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nach der MwStSystRL belassenen Wertungsspielraums betrachtet werden kann, ob ein Umsatz, der aus mehreren Bestandteilen besteht, als einheitliche Leistung anzusehen ist.
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist nicht ersichtlich, sondern wie der BFH zu Recht ausführt, kann in Einzelfällen das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG im Gegenteil Wettbewerbsverzerrungen sogar entgegenwirken.
c) Leistungsbestandteil als konkreter und spezifischer Aspekt der Leistungskategorie
Beim wichtigsten Aspekt der Vorgaben des EuGH ist der BFH allerdings falsch abgebogen. Es braucht zwar nicht untersucht zu werden, ob die erbrachten Dienstleistungen als einheitlicher Umsatz zu betrachten sind, sondern es ist in diesem Zusammenhang allerdings vielmehr zu prüfen, ob der Leistungsbestandteil einen konkreten und spezifischen Aspekt der Kategorie von Leistungen i.S.v. Anhang III MwStSystRL darstellt. Dieser Prüfung hat sich der BFH nicht gestellt, sondern ist nonchalant von der Beachtung dieser Aspekte durch den Gesetzgeber ausgegangen, obwohl bereits im Gesetzgebungsverfahren auf die Abgrenzungsschwierigkeiten hingewiesen wurde und der BFH selbst schon in seiner Entscheidung im Jahre 2013 einräumen musste, dass die Abgrenzung im Einzelnen schwierig und umstritten sein kann.
Dies zeigt sich u.a. zudem daran, dass die Finanzverwaltung kurz nach Einführung der Vorschrift teilweise sich widersprechende Aussagen getroffen hat, u.a. wurden SPA-Leistungen (Schwimmbad und/oder Sauna bzw. Fitnessraum) unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zunächst als unentgeltlich eingestuft und erst nach deren Anwendung später als von der Steuerbegünstigung ausgenommen angesehen, bzw. auch daran, dass der Stellplatz auf dem Campingplatz – im Gegensatz zum von einer Beherbergungsstätte überlassenen Stellplatz – von der Steuerermäßigung eingeschlossen sein soll (Abschn. 12.16 Abs. 7 Satz 3 UStAE).
Um den Aspekt der Spezifität und Konkretheit zu erfüllen, hätte der Gesetzgeber die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beherbergung bzw. nicht im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Leistungsbestandteile konkret bezeichnen müssen, was ausweislich des Wortlauts des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht umgesetzt worden ist.