[Ohne Titel]
StB Dr. Eduard Forster
Angefangen mit dem EuGH-Urteil "Stadion Amsterdam" vom 18.1.2018, aber spätestens seit dem EuGH-Verfahren "Finanzamt X" (mit Urteil vom 5.5.2023 und dem BFH-Folgebeschluss vom 17.8.2023) zur Verneinung des vermeintlichen Aufteilungsgebots in § 4 Nr. 12 UStG bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen, sind verstärkt auch die Diskussionen um das Aufteilungsgebots des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG bezüglich der unselbständigen Nebenleistungen zur Beherbergung entfacht, d.h. inwieweit das gesetzliche Aufteilungsgebot hinsichtlich Beherbergungsleistungen gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit verstößt oder aus anderen Gründen unionsrechtswidrig ist, da eine einheitliche Leistung, die aus einem Haupt- und einem Nebenteil besteht – für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Steuersätze gelten – nur zu einem einheitlichen Steuersatz besteuert werden kann, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet.
I. Hintergrund
1. Regelungsgegenstand und Intention der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG enthält eine Steuerermäßigung für Umsätze zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden sowie zur kurzfristigen Vermietung von Campingflächen, die gem. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG von der Steuerbefreiung ausgenommen sind. Ausdrücklich nicht begünstigt sind gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG Leistungen, die nicht unmittelbar diesen Vermietungen dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Laut dem Bericht des Finanzausschusses soll diese aus wettbewerbspolitischen Gründen eine Schlechterstellung des deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes bzw. auch der Pensionen gegenüber den ausländischen (u.a. österreichischen) Konkurrenten beseitigen. Es war schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich, dass es durch die Beschränkung der Ermäßigung auf Beherbergungsleistungen immense Abgrenzungsschwierigkeiten geben wird (d.h. des Vorrangs des gesetzlichen Aufteilungsgebots gegenüber den allgemeinen Grundsätzen der Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung) im Hinblick auf die Fragen, welche Leistungen Nebenleistungen zur Hauptleistung "Beherbergung" darstellen und welche Leistungen nicht unmittelbar der Vermietung dienen, bzw. dass dies in der Anwendung zu erheblichen Bürokratiekosten und zur Notwendigkeit diverser Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen führen wird. "Solide Gesetzgebung sieht anders aus".
Vor diesem Hintergrund hat die Finanzverwaltung das Heft in die Hand genommen und bestimmt, welche Leistungen (auch gegen gesondertes Entgelt) die Voraussetzungen der Unmittelbarkeit mit der Beherbergung erfüllen (Abschn. 12.16 Abs. 4 UStAE):
- Überlassung von möblierten und mit anderen Einrichtungsgegenständen (z.B. Fernsehgerät, Radio, Telefon, Zimmersafe) ausgestatteten Räumen sowie von Bettwäsche, Handtüchern und Bademänteln;
- Bereitstellung von Körperpflegeutensilien, Schuhputz- und Nähzeug;
- Reinigung der gemieteten Räume;
- Stromanschluss;
- Mitunterbringung von Tieren in den überlassenen Wohn- und Schlafräumen;
- Weckdienst;
und welche Leistungen keine Beherbergungsleistungen darstellen (Abschn. 12.16 Abs. 5 UStAE):
- Überlassung von Tagungsräumen;
- gesondert vereinbarte Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen;
- Vermittlung von Beherbergungsleistungen;
- Umsätze von Tierpensionen;
- unentgeltliche Wertabgaben (z.B. Selbstnutzung von Ferienwohnungen).
2. Neuere Rechtsprechung zur Einheitlichkeit der Leistung im Zusammenhang mit gesetzlichen Aufteilungsgeboten
Nachdem der V. Senat des BFH den EuGH um Vorabentscheidung dazu ersucht hat, ob das nationale Aufteilungsgebot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG mit Unionsrecht vereinbar ist, hat der XI. Senat des BFH mit Beschluss vom 7.3.2022 die Aussetzung der Vollziehung gewährt, weil nach dem EuGH-Urteil "Stadion Amsterdam" nicht klar ist, ob bei einheitlicher Leistung am Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG festgehalten werden kann. Ebenso wurde auf übereinstimmenden Antrag der jeweils Verfahrensbeteiligten mit Beschlüssen das Ruhen der Verfahren (mit vergleichbaren Fragestellungen) bis zur Entscheidung des EuGH im Verfahren "Finanzamt X" angeordnet.
Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils "Finanzamt X" vom 4.5.2023 lässt sich einschränkend sagen, dass der EuGH und der BFH im Folgebeschluss in der Vorschrift des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG kein gesetzliches Aufteilungsgebot gesehen hat, sondern diese nur der Umsetzung von Art. 135 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL dient, nicht aber zur Ausübung der durch Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL eingeräumten Ermächtigung. Im Gegensatz zu § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG soll § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG nach expliziter Auffassung des BFH in eindeutiger Weise ein (nationales) Aufteilungsgebot begründen.
Fraglich erscheint insoweit, ob sich daraus tatsächlich Folgen für gesetzliche Aufteilungsgebote ergeben, wie u.a. für den Beherbergungsbereich...