Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Nichtrückkehrtage eines Grenzgängers in die Schweiz bei Dienstreisen im Ansässigkeitsstaat. Wirkung einer Verständigungsvereinbarung der deutschen und schweizerischen Finanzverwaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem in Deutschland ansässigen Grenzgänger in die Schweiz sind Dienstreisen in die Bundesrepublik Deutschland nicht als Nichtrückkehrtage zu berücksichtigen.
2. Stellt eine Verständigungsvereinbarung der deutschen und schweizerischen Finanzverwaltung keine zutreffende Rechtsauslegung des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz dar, ist diese nach Art. 20 Abs. 3 GG für die Gerichte nicht bindend.
3. Ausländerrechtliche Regelungen der Schweiz sind für die Frage der beruflich bedingten Nichtrückkehr eines Grenzgängers nicht maßgeblich; entscheidend für die steuerliche Beurteilung sind allein die tatsächlichen Verhältnisse.
Normenkette
DBA CHE Art. 24 Abs. 1 Nr. 1, Art. 17, 15 Abs. 4, Art. 15a Abs. 1-2, Art. 4 Abs. 2a, 4; EStG § 1 Abs. 1 S. 1; AO §§ 8-9; FGO § 105 Abs. 5; GG Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Besteuerungsrecht für den Kläger im Veranlagungszeitraum 1998 der Bundesrepublik Deutschland oder der Schweiz zusteht.
Der Kläger war als Unternehmensberater, Informatiker und Prokurist mit Einzelprokura bei der Firma X AG in S/Schweiz angestellt. Nach den Auszügen aus dem Handelsregister handelt es sich bei der Firma X AG um eine Gesellschaft mit einem Domizilvermerk mit wechselnden Domizilgebern. Nach dem Auszug vom 4. November 1999 war das Domizil unter dem auch in der Steuerakte angegebenen Ort bei Y AG, N/Schweiz. Nach den Handelsregisterauszügen handelt es sich bei der Y AG um eine Aktiengesellschaft, die Unternehmensberatung und Treuhandgeschäfte betreibt. Unter der Adresse haben derzeit 10 weitere Firmen ihr Domizil. Die Statuten wurden am 17. Dezember 2001 geändert und der Sitz der Gesellschaft war ab dem 20. Dezember 2001 c/o W AG, Z/Schweiz. Das Domizil wurde nochmals am 18. Februar 2007 mit Domizilvermerk zur S AG AG, in Z/Schweiz und am 12. Juni 2007 in die in Z/Schweiz verlegt. Bis zum 17. September 2004 ist im Handelsregister bei dem Kläger als Heimat Bundesrepublik Deutschland eingetragen. Der Kläger war die einzige Person, die als Prokurist fortlaufend tätig war, die übrigen eingetragenen Personen waren Schweizer Staatsbürger, entweder als Domizilgeber oder als Revisionsstelle.
Der Kläger betreute zahlreiche Kunden bei der Anwendung von SAP-Programmen und unternahm deshalb eine umfangreiche Reisetätigkeit in Deutschland und der Schweiz.
Der 1946 geborene Kläger ist seit 1972 verheiratet mit seiner am 1927 geborenen Ehefrau B, der Klägerin. Beide bewohnen ein Wohnhaus mit ca. 181 qm und einer Grundstücksfläche von 534 qm in der A-36 in R/Deutschland.
Daneben hatte der Kläger eine im Erdgeschoss des Hauses K-20 in S/Schweiz gelegene Ein-Zimmer-Wohnung mit WC, Kochnische und einer Duschgelegenheit im Hallenbad sowie eine Garage angemietet zum Preis von 530 Sfr, in dem sämtliche Nebenkosten mit inbegriffen waren. Als Verwendungszweck wird im Mietvertrag „Wochenaufenthalt” angegeben. Am 28. November 1992 wurde die Vereinbarung dahingehend ergänzt, dass dem Kläger eine große Garage zur Verfügung gestellt wurde und der Mietpreis insgesamt 580 Sfr betrug. Die Miete wurde nach Angaben des Klägers vom Arbeitgeber bezahlt. Der Kläger hatte eine Niederlassungsbewilligung C des Kantons S/Schweiz für die Wohnung K-20 in S/Schweiz. Als Einreisedatum wurde der 2. April 1992 angegeben.
Bis zum Streitjahr 1997 wurde der Arbeitslohn des Klägers steuerfrei gestellt. Der Kläger reichte seine Steuererklärung 1998 am 6. September 1999 ein. Er gab hierin einen Bruttolohn von 112.000 Sfr an, der aus 72.000 Sfr Grundlohn und 40.000 Sfr Gratifikationen, Gewinnanteilen und dergleichen bestand. Außerdem erzielte er Einkünfte aus einem vermieteten Grundstück in R/Deuschland, L-21. Seine Ehefrau bezog seit 1. März 1992 eine Rente von 5.690 DM im Streitjahr, die mit dem Ertragsanteil von 24 Prozent der Besteuerung zugrunde gelegt wurde.
In der Einkommensteuererklärung 1998 vertrat der Kläger die Auffassung, er sei nicht Grenzgänger, da er seinen Wohnsitz seit 1992 in der Schweiz habe und dort voll steuer- und sozialversicherungspflichtig sei. Er werde auch in der Schweiz voll besteuert. Aufgrund seiner ständigen Wohnstätte in S/Schweiz könne er sich nach schweizerischem Recht überall aufhalten und dort auch arbeiten, solange er wolle. Es gebe keine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Tagen. Zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit reise er regelmäßig zu Kunden in die Kantone Zürich, Aargau, Solothurn, Luzern und Zug. Dies wäre mit einer Grenzgängerbewilligung des Kantons Schaffhausen unzulässig. Daraus resultierten seit Jahren private Kontakte, di...