rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Übertragung eines Miteigentumsanteils auf Ehegatten durch Duldungsbescheid. Beweiskraft einer notariellen Urkunde

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unentgeltlichkeit i. S. d. § 4 AnfG (Anfechtugnsgesetz) liegt vor, wenn die Leistung ohne Rechtspflicht erfolgt und keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt.

2. Eine notarielle Urkunde erbringt den vollen Beweis nur für die Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht auch für deren inhaltliche Richtigkeit.

3. Die Entgeltlichkeit eines Grundstücksgeschäfts zwischen Ehegatten ist nicht bereits dann gegeben, wenn der Ehemann als persönlich haftender Gesellschafter davon profitiert, dass die Ehefrau – im Gegenzug zur Gründstücksüberlassung durch den Ehemann – auf Darlehensforderungen gegenüber der KG verzichtet.

4. Der Verzicht auf eine wertlose Forderung hat keinen Entgeltcharakter.

5. Eine gemischte Zuwendung ist nur dann in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil zu zerlegen, wenn die wirtschaftlichen Zwecke des Geschäfts und die berechtigten Interessen der Vertragspartner die Annahme eines zusammengesetzten Geschäfts rechtfertigen.

6. Ist ein Ehegatte durch die anfechtbare Übertragung des Miteigentumsanteils seines Ehegatten Alleineigentümer geworden, ist entsprechend § 864 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 322 AO die Zwangsvollstreckung in diesen Bruchteil zulässig.

 

Normenkette

AO §§ 191, 164, 254, 322; AnfG §§ 14, 11 Abs. 1, §§ 1-2, 3 Abs. 2, § 4; HGB §§ 128, 161 Abs. 2, § 110; ZPO §§ 415, 864 Abs. 2; BGB § 426

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.01.2011; Aktenzeichen VII B 129/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids, mit dem das beklagte Finanzamt die Übertragung eines Grundstücksteils vom Ehemann auf die Klägerin angefochten und die Klägerin zur Duldung in die Vollstreckung des erworbenen Grundstücksteils verpflichtet hat, sowie des nachfolgenden Leistungsgebots, das den Beginn der Duldung bestimmt.

Die Klägerin ist Kommanditistin der B GmbH & Co. KG – nachfolgend KG –. Ihr Ehemann ist neben der Komplementär-GmbH seit 22. Dezember 2000 zweiter persönlich haftender Gesellschafter der KG. Die KG betrieb ein …geschäft mit mehreren Filialen. Das … geschäft wurde durch den Ehemann der Klägerin als einzelkaufmännisches Unternehmen vor Jahrzehnten gegründet. Durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Dezember 1995, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, gründeten die Firma B Beteiligungs GmbH, der Ehemann der Klägerin, die Klägerin und Frau C eine Kommanditgesellschaft, welche ab dem 1. Januar 1996 den Geschäftsbetrieb des einzelkaufmännischen Unternehmens fortführte. Bei Gründung der KG betrug das Kommanditkapital … DM, davon übernahmen:

Herr B (Ehemann)

DM

Frau A(Klägerin)

DM

Frau C (Tochter)

DM.

Die KG geriet zunehmend in finanzielle Not. Ab Dezember 2001 bis Sommer 2002 sind folgende Forderungen des Beklagten gegen die KG hinsichtlich der Umsatzsteuer, Verspätungs- und Säumniszuschlägen aufgelaufen (Stand 18. November 2002):

Steuerart

Zeitraum

fällig

Betrag in EUR SZ-Betrag EUR

Umsatzsteuer

Dez. 2001

13.02.2002

Umsatzsteuer

Jan. 2002

06.06.2002

Umsatzsteuer

Feb. 2002

06.06.2002

Umsatzsteuer

Mrz. 2002

01.07.2002

Umsatzsteuer

Apr. 2002

19.06.2002

Umsatzsteuer

Juni 2002

12.08.2002

Umsatzsteuer

Juli 2002

11.09.2002

Ums.St-Versp.Z.

Jan. 2002

06.06.2002

Ums.St-Versp.Z.

Feb. 2002

06.06.2002

Ums.St-Versp.Z.

Mrz. 2002

01.07.2002

Ums.St-Versp.Z.

Apr. 2002

15.07.2002

Ums.St-Versp.Z.

Mai 2002

12.08.2002

Im Laufe des Juni 2002 beliefen sich die Steuerrückstände der KG auf rund EUR. Die Zahlungen an das Finanzamt erfolgten nur noch schleppend, übersandte Schecks erwiesen sich meist als nicht gedeckt. Im Juni 2002 hatte die KG keinerlei Zahlungen an das Finanzamt geleistet. In den Vormonaten April und Mai 2002 erhielt der Vollziehungsbeamte des Finanzamts von der KG zwar sechs Verrechnungsschecks über insgesamt DM, fünf der sechs Schecks platzten jedoch mangels Deckung.

Im Einzelnen stellen sich die Scheckhingaben wie folgt dar:

5. April 2002

Euro (geplatzt)

19. April 2002

Euro (geplatzt)

6. Mai 2002

Euro

10. Mai 2002

Euro (geplatzt)

21. Mai 2002

Euro (geplatzt)

28. Mai 2002

Euro (geplatzt)

Summe

Euro

Lediglich der Scheck vom 6. Mai 2002 in Höhe von Euro konnte eingelöst werden. Auf die Auszüge des Steuerkontos der B GmbH & Co. KG für die Monate April, Mai und Juni 2002 bei dem Beklagten auf Blatt 136 bis 140 der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Die Kontoauszüge beinhalten alle Ist-Bewegungen. Unter dem Buchungstext 21 (BT 21) sind die Einzahlungen des Vollziehungsbeamten erfasst. Der Buchungstext 48 (BT 48) weist die Rücklastschriften wegen geplatzter Scheck aus.

Mit Unternehmenskaufvertrag vom 18. Juni 2002 hat die KG als Verkäuferin und der Ehemann der Klägerin als Inhaber von Konzessionsrechten an die Firma B GmbH als Käuferin die Filiale in X für einen Kaufpreis in H...

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