Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 191 Abs. 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Dies ist der Fall, wenn die Duldungspflicht auf einer Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz beruht, die einen gesetzlichen Rückgewähranspruch oder - subsidiär - Wertersatzanspruch begründet, in den der Anfechtende vollstrecken darf. Der Erlass eines Duldungsbescheides ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamts, die vom Gericht nur eingeschränkt zu überprüfen ist.
Normenkette
AnfG § 4; AO § 191 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids.
A X (Vollstreckungsschuldner) schuldete im April 2006 Umsatzsteuer und Zinsen für die Jahre 1998 bis 2002 in Höhe von 56.470,04 € zuzüglich Säumniszuschlägen.
Mit notarieller Urkunde vom 19.08.2002 des Notars N hat der Vollstreckungsschuldner seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung F (Flur-Nr. L), P, der Klägerin übertragen. Der Verkehrswert des hälftigen Miteigentumsanteils wurde in der Urkunde mit 90.000 €, der Valutastand der übernommenen Darlehen mit 69.130 € angegeben.
In § 3 der Urkunde ist Folgendes vereinbart:
§ 3
Wesen der Grundbesitzübertragung; Vorbehalte; Hinweise
Der Erwerb des Grundstücks sowie die Finanzierung der aufstehenden Gebäude ist bislang ganz überwiegend durch die Ehefrau, Frau B X, und deren Eltern – wobei diese Finanzierungsbeiträge Frau X zuzurechnen sind – erfolgt. Dies gilt beispielsweise für die Übernahme von Teilen der Baukosten sowie von Sondertilgungen für die Darlehen der K Bank und der G Bank. Die Eltern der Frau X hatten sich auch gegenüber der G für die Kreditschuld mit verbürgt. Hinsichtlich der noch ausstehenden Rückführung der Restdarlehen vereinbaren die Beteiligten, dass diese im Innenverhältnis ebenfalls von Frau B X allein übernommen wird. Frau X verpflichtet sich gegenüber ihrem Ehemann, diesen von jeglicher Inanspruchnahme durch die finanzierenden Banken im Rahmen der Erfüllungsübernahme freizustellen.
Die Ehegatten wollen mit der heutigen Übertragung dem Umstand gerecht werden, dass die Finanzierung der Immobilie überwiegend durch die Ehefrau und deren Familie erfolgt (ist), soweit es über die Tragung der Zinsen, die als Unterhalt geschuldet sind, hinausging. Im Gegenzug verzichtet Frau B X gegenüber ihrem Ehemann, Herrn A X, auf sämtliche ihr wegen der vorbezeichneten Umstände eventuell zustehenden Darlehens-, Entschädigungs- oder Bereicherungsansprüche.
Da sich an der Haftung von Herrn A X gegenüber den Banken für die eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten im Außenverhältnis nichts ändern soll, vereinbaren die Beteiligten zugunsten des Veräußerers auf dessen Lebensdauer:
Ein Mitbenutzungsrecht in dem vertragsgegenständlichen Anwesen. Dieses besteht in dem Recht der Mitbenützung sämtlicher Räume des Anwesens samt Einrichtungen und Garten sowie Nebenanlagen. Der Berechtigte hat sich an den gesamten laufenden Lasten und Kosten des Anwesens – auch den außergewöhnlichen Kosten – hälftig zu beteiligen.
Das Mitbenutzungsrecht erlischt auch dinglich, wenn es voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann oder wenn Veräußerer und Erwerber länger als sechs Monate getrennt leben sollten im Sinne des § 1567 BGB; der Berechtigte ist dann zur Bewilligung der Löschung verpflichtet. Geldersatzansprüche werden aus jedem Rechtsgrund ausgeschlossen.
Der Nutzungsberechtigte wurde vom Notar darüber belehrt, dass sein Recht (u. U. entschädigungslos) untergehen kann, wenn aus im Grundbuch an besserer Rangstelle eingetragenen Grundpfandrechten die Zwangsvollstreckung betrieben würde.
Beide Eigentümer bestellen hiermit das Mitbenutzungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem in § 1 beschriebenen Grundbesitz zugunsten des Berechtigten und
bewilligt und beantragt
deren Eintragung an nächstoffener Rangstelle im Grundbuch.
Die Ehegatten X gehen daher davon aus, dass es sich bei der heutigen Übertragung nicht um einen unentgeltlichen Vorgang handelt, sondern um ein Austauschgeschäft. Der Notar hat auf hieraus erwachsende Folgen (etwa mögliche Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, soweit Teile vermietet oder nicht zu Wohnzwecken genutzt sein sollten), hingewiesen.
Regelungen für den Fall der Scheidung oder auch Vorbehalte etwa hinsichtlich der Beschränkungen der Verfügungsbefugnis des Erwerbers – gesichert durch Rückübertragungsvormerkung – werden trotz Hinweises des Notars auf diese Möglichkeiten nicht gewünscht. Den Beteiligten wurden die gesetzlichen Bestimmungen des Zugewinnausgleichs erläutert.
Auf den Notarvertrag vom 19.08.2002 wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück auf die Klägerin eine Gläubigerben...