Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsortprinzip. Rechtsfähiger Verein ist keine Kapitalgesellschaft i.S. des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Arbeitsortprinzip nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz kommt bei einer Tätigkeit eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers für seinen schweizerischen Arbeitgeber nur für den Teil der Einkünfte in Betracht, der auf eine Tätigkeit in der Schweiz entfällt, nicht jedoch für den Teil, der sich auf eine Tätigkeit in Drittstaaten bezieht.

2. Vereine i. S. der Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches sind weder nach deutschem noch nach schweizerischem Begriffsverständnis „Kapitalgesellschaften” i.S. des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz. Danach kommt die Grundregel des Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz (Maßgeblichkeit des tatsächlichen Tätigkeitsorts) zur Anwendung.

3. Selbst wenn das DBA-Schweiz zwischen Kapital- und Personengesellschaften unterscheidet, bedeutet dies nicht, dass jedes Rechtsgebilde – z.B. der Verein – entweder den Kapitalgesellschaften oder den Personengesellschaften zugeordnet werden müsste.

4. Es ist nicht zu beanstanden, dass das FA die Einkünfte des Steuerpflichtigen, soweit sie auf Aktivitäten in Drittstaaten entfallen, nicht nach den DBA mit diesen Staaten von der Steuer freigestellt hat, solange sich dieser nicht länger als 183 Tage in den Drittstaaten aufhält, die Vergütungen von einem Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist und die Vergütungen von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

5. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA kann nur eine solche Steuer angerechnet werden, die in Übereinstimmung mit dem DBA-Schweiz erhoben wurde. Dies schließt die Anrechnung von Steuern, die in Drittstaaten erhoben wird, aus.

6. Aus § 34c Abs. 6 S. 1 EStG folgt, dass eine Anrechnung auch nicht auf § 34c Abs. 1 S. 1 EStG gestützt werden kann, wenn die Einkülnfte aus einem Drittstaat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. Die DBA gehen insoweit als spezialgesetzliche Regelungen dem § 34 c Abs. 1 EStG vor.

 

Normenkette

EStG §§ 32b, 34c Abs. 1 S. 1, Abs. 6; DBA CHE Art. 15 Abs. 1, 4, Art. 24 Abs. 1 Nrn. 1d, 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.08.2007; Aktenzeichen I R 17/07)

BFH (Urteil vom 21.08.2007; Aktenzeichen I R 17/07)

 

Tenor

a) Die Klage wird abgewiesen.

b) Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

c) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger (Kl) hatten in den Streitjahren ihren Wohnsitz in Deutschland und wurden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Der Kl war in den Streitjahren 2001, 2002 und 2003 Mitglied des …– (geschäftsführendes Organs) der – X – und in den Streitjahren 2002 und 2003 zusätzlich Mitglied des …– (geschäftsführenden Organs) der – Y –

Die – X – ist nach Art. … (Bl. 74 ff. des Leitzordners mit der Aufschrift „…”) ein im Handelsregister eingetragener Verein im Sinne der Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Ihr Sitz ist in der Schweiz.

Die – Y – ist nach Art. … (Bl. 40 ff. des Leitzordners mit der Aufschrift „…”) ebenfalls ein Verein im Sinne der Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches. Ihr Sitz befindet sich in – A – (Schweiz). …

Die Sitzungen der …- (geschäftsführenden Organe) der – X – und der – Y –, an denen der Kl teilgenommen hat, fanden teilweise in der Schweiz, teilweise aber auch in anderen Staaten (…) statt. Den Angaben des Kl zufolge verteilten sich die Tätigkeitstage für die – X – und die – Y – in den Streitjahren wie folgt:

1. Streitjahr 2001

Tätigkeit für die – X –

Tätigkeitstage in der Schweiz

11 Tage

Tätigkeitstage außerhalb der Schweiz

3 Tage

Insgesamt

14 Tage

2. Streitjahr 2002

a) Tätigkeit für die – X –

Tätigkeitstage in der Schweiz

8 Tage

Tätigkeitstage außerhalb der Schweiz

10 Tage

Insgesamt

18 Tage

b) Tätigkeit für die – Y –

Tätigkeitstage in der Schweiz

2 Tage

Tätigkeitstage außerhalb der Schweiz

2 Tage

Insgesamt

4 Tage

3. Streitjahr 2003

a) Tätigkeit für die – X –

Tätigkeitstage in der Schweiz

13 Tage

Tätigkeitstage außerhalb der Schweiz

27 Tage

Insgesamt

40 Tage

b) Tätigkeit für die – Y –

Tätigkeitstage in der Schweiz

22 Tage

Tätigkeitstage außerhalb der Schweiz

18 Tage

Insgesamt

40 Tage

Für seine Tätigkeit als Mitglied des …- (geschäftsführenden Organs) der – X – bezog der Kl in den drei Streitjahren jeweils (brutto) … Schweizer Franken. Davon wurde jeweils eine Quellensteuer in Höhe von… Schweizer Franken einbehalten. Für seine Aktivitäten als Mitglied des …- (geschäftsführenden Organs) der – Y – bezog der Kl in den Streitjahren 2002 und 2003 jeweils ein „Honorar” in Höhe von… US-Dollar. Davon wurde jeweils eine Quellensteuer in Höhe von… US-Dollar einbehalten.

In den Anlagen AUS zu den ESt-Erklärungen für die Streitjahre erklärte der Kl seine Bezüge als Mitglied der …- (geschäftsführenden Organe) der – X – und der – Y – jeweils als „nach DBA steuerfreie Einkünfte” bzw. „Einkünfte i.S.d. § 32 b EStG”.

Im ursprünglichen ESt-Bescheid...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge