Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit des tatsächlichen Kulturartenverhältnisses bei der Ermittlung des Ersatzvergleichswertes für die landwirtschaftliche Nutzung von im Beitrittsgebiet gelegenen Flächen eines Überschwemmungsgebietes. des Grundsteuermessbetrages auf den 01. Januar 1994
Leitsatz (amtlich)
Zugrundelegung des tatsächlichen Kulturartenverhältnisses bei der Ermittlung des Ersatzvergleichswertes für die landwirtschaftliche Nutzung i. S. des § 125 Abs. 6 Satz 2 Nr 1 Buchst. a BewG: Sind Flächen nur deshalb Grünlandflächen, weil eine Nutzung als Ackerland wegen ihrer Lage in einem Überschwemmungsgebiet tatsächlich nicht möglich ist, ist ein Abstellen auf das tatsächliche Kulturartenverhältnis nur dann möglich, wenn und soweit diese Grünlandflächen den durchschnittlichen (gegendüblichen) Grünlandanteil in der jeweiligen Gemeinde übersteigen. Denn nur insoweit obliegt der Umfang der Grünlandflächen nicht dem Einfluss des Betriebsleiters, so dass für diese Flächen das tatsächliche Kulturartenverhältnis als maßgeblich anzusehen ist.
Normenkette
BewG 1991 § 125 Abs. 4 S. 2, § 50 Abs. 2; BewG § 125 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 Buchst. a; BewG 1991 § 36 Abs. 2, § 38 Abs. 2 Nr. 2, § 126 Abs. 1 S. 1; GrStG
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Mit Bescheid vom 10. Januar 1994 hatte der Beklagte im Wege der Neuveranlagung den Grundsteuermessbetrag für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens des Klägers in … auf den 01. Januar 1994 auf 2.090,40 DM festgesetzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 20. März 1995 änderte der Beklagte diese Festsetzung; er setzte den Grundsteuermessbetrag auf 2.397,60 DM fest. Er ging dabei von einem Ersatzwirtschaftswert in Höhe von 399.600 DM aus, den er durch Multiplikation der berücksichtigenden Fläche mit landwirtschaftlicher Nutzung (ohne Hopfen und Spargel) von 126,1944 ha mit einer Vergleichszahl von 85,00 je Hektar und einem Ertragswert von 37,26 DM ermittelte. Der Bescheid wurde bestandskräftig; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Berechnung des Ersatzwirtschaftswertes erfolgte im Einzelnen wie folgt:
(1) Flächenübersicht
Gemeinde |
Zusammen |
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Gesamtfläche der landwirtschaftlichen Nutzung (Acker- und Grünlandfläche) |
96,1140 ha |
2,2324 ha |
17,2932 ha |
7,3415 ha |
3,2133 ha |
126,1944 ha |
(2) Berechnungsgrundlagen
Gemeinde |
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a) durchschnittliche Ackerzahl (AZ) |
89 |
94 |
85 |
94 |
93 |
b) durchschnittliche Grünlandzahl (GZ) |
48 |
51 |
53 |
70 |
32 |
c) landwirtsch. Nutzfläche der Gemeinde (LN) |
1331 |
777 |
4209 |
641 |
4113 |
d) bodengeschätzte Ackerfläche der Gemeinde (AL) |
1237 |
715 |
3757 |
613 |
3836 |
e) bodengeschätzte Grünlandfläche der Gemeinde (GL) |
75 |
45 |
239 |
17 |
183 |
f) gegendüblicher Grünlandanteil = GL × 100: LN |
5,63 |
5,79 |
5,68 |
2,65 |
4,45 |
(3) Berechnungsgang
(AZ × AL) + (GZ × GL): (AL + GL) = EMZ ergibt im Streitfall folgende Ertragsmesszahlen:
- … 86,66
- … 91,45
- … 83,09
- … 93,35
- … 90,22
durchschnittliche Ertragsmeßzahl der Nutzung
(96,1140 × 86,66)+(2,2324 × 91,45) + (17,2932 × 83,09) + (7,3415 × 93,35) + (3,2133 × 90,22) |
= 86,74 EMZ |
126,1944 |
durchschnittlicher Grünlandanteil der Nutzung
(96,1140 × 5,63) + (2,2324 × 5,79) + (17,2932 × 5,68) + (7,3415 × 2,65) + (3,2133 × 4,45) |
= 5,44 v.H. |
126,1944 |
Landwirtschaftliche Vergleichszahl in 100 je ha (LVZ)
Abrechnung bei 5,44 v.H. Grünlandanteil und 86,74 EMZ |
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= 2 v.H. (= ./. 1,74) |
= 85,00 LVZ |
Landwirtschaftlicher Hektarwert der Nutzung
85,00 LVZ/ha × 37,26 DM/LVZ |
= 3.167,10 DM/ha |
Ersatzvergleichswert der Nutzung
126,1944 ha × 3.167,10 DM/ha |
= 399.670,28 DM |
Ersatzvergleichswert (abgerundet) |
= 399.600,00 DM |
Am 03. März 1997 ging beim Beklagten ein Schreiben der … GmbH beim Beklagte ein, in dem diese ausführte, dass sie den Kläger betriebswirtschaftlich berate. Sie bitte um Überprüfung des Ersatzwirtschaftswertes. Der Kläger bewirtschafte einen Milchviehbetrieb und habe „entgegen allen anderen Landwirten die Grünlandflächen”. Sie würden im Überflutungsgebiet der … sowie der … liegen. Die Wertigkeit des Grünlandes weiche mit 40 BP erheblich von den Ackerflächen ab. Wenn der Durchschnitt der Gemarkung auf den Ersatzwirtschaftswert bezogen werde, dann würden die „reinen Ackerbauern” von den Wirtschaftserschwernissen des Klägers profitieren. Überflutungen und Nässe im Sommer würden selbst eine mittlere Ernte nach den Vergleichszahlen der Region nicht zulassen. In der Gemarkung … bewirtschafte der Kläger ca. 30 ha Grünland.
In einem an die … GmbH gerichteten Schreiben vom 25. März 1997 führte der Beklagte unter Angabe des Aktenzeichens des Grundsteuermessbescheides und dem Betreff „Grundstück in … aus, daß gemäß § 125 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes – BewG – der Ersatzwirtschaftswert in einem vereinfachten Verfahren ermittelt werde. Bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen seien abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen (§ 15 Abs. 4 Satz 2 BewG). Im Beitrittsgebiet seien daher die natürli...