Entscheidungsstichwort (Thema)

Einschaltung von Drittpersonen ins Leitstungsverhältnis bei Ausbeinern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG ist ein Typusbegriff, dessen Anwendung durch einen Vergleich des zu entscheidenden Falles mit den Merkmalen, die eine entsprechende unternehmerische Tätigkeit normalerweise prägen, erfolgt

2. Zur Beurteilung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft sind normalerweise die Tatbestände zugrunde zu legen, die nach außen hin verwirklicht worden sind. Hiernach kann auch eine dritte Person, die ein Ausbeiner gegenüber dem Auftraggeber als Leistungserbringer angibt, Unternehmer sein.

 

Normenkette

UStG §§ 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.04.2001; Aktenzeichen V R 5/00)

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, ist ein Dienstleistungsbetrieb für Ausbein- und Zerlegearbeiten im Fleischerhandwerk und als Unternehmer umsatzsteuerpflichtig. Ihre Aufträge erhält die Klägerin von Fleischwarenfabriken, Zerlegebetrieben, privaten und kommunalen Schlachthöfen, sowie von Ausbeinern bzw. Ausbeinerkolonnen.

1993/94 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung für 1989 bis 1991 durchgeführt. Zu den Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Ausbeinern wurden hierbei folgendes festgestellt:

Die Klägerin arbeitete im Prüfungszeitraum mit einer Vielzahl von Ausbeinern und Zerlegern zusammen. Diese wurden von der Klägerin als selbständige Unternehmer behandelt, wenn sie eine

  • • Gewerbeanmeldung bzw. eines Gewerbescheins der jeweils örtlich zuständigen Kommune und eine
  • • Bescheinigung des örtlich zuständigen Finanzamtes hinsichtlich der steuerlichen Erfassung vorlegten.

Ausnahmsweise wurden auch Arbeitskräfte als Arbeitnehmer beschäftigt. Die einzelnen Ausbeiner und Zerleger wurden hauptsächlich an den gleichen Orten eingesetzt. Die Arbeiten wurden in Kolonnen ausgeführt, denen jeweils ein Kolonnenführer vorstand. Der Kolonnenführer war als der sog. „Mann vor Ort” verantwortlich für die

  • • Einteilung der Kolonne
  • • wöchentliche Massen- und Mengenermittlung in Abstimmung mit dem jeweiligen Auftraggeber
  • • Verteilung der wöchentlichen Gesamtleistung auf die einzelnen Kolonnenmitglieder
  • • Vertretung der Klägerin vor Ort
  • • Übermittlung der Wochenberichte an die Klägerin.

Die Vergütung der Ausbeiner und Zerleger erfolgte leistungsbezogen nach Gewicht bzw. Stückzahl. Der Kolonnenführer erhielt i.d.R. zudem eine umsatzbezogene Vergütung (1 v. H. – 5 v. H. des Umsatzes der Klägerin).

Die Abrechnung wurde gegenüber den Ausbeinern und Zerlegern durch die Klägerin im Gutschriftsverfahren wöchentlich vorgenommen, d. h. es erfolgte keine Rechnungsstellung durch die Ausbeiner und Zerleger selbst. Im Prüfungszeitraum erfolgten die Zahlungen an die Ausbeiner und Zerleger teilweise an Drittpersonen (ausschließlich weibliche Personen wie Ehefrauen, Freundinnen, Bekannte), weil die Ausbeiner und Zerleger selbst aus unterschiedlichen Gründen abrechnungstechnisch nicht in Erscheinung treten wollten. In diesen Fällen versagte der Prüfer den Vorsteuerabzug, weil er diese Drittpersonen nicht als Unternehmer ansah.

Der Beklagte hatte sich der Auffassung des Prüfers angeschlossen und am 17. November 1995 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1989 bis 1991 zur Post gegeben. Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens hatte die Klägerin am 12. Juli 1996 Klage erhoben.

Sie beantragt (Bl. 1, 2),

  • unter Änderung der Bescheide vom 17. November 1995, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1996, die Umsatzsteuer 1989 bis 1991 unter Anerkennung der gemäß Tz. 27a des Prüfungsberichts streitigen Vorsteuer festzusetzen
  • und zwar mit weiteren

    • 9.370,00 DM für 1989
    • 20.748,00 DM für 1990 und
    • 65.598,00 DM für 1991.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Sachverhaltsschilderung des Beklagten sei unvollständig. Der Nachweis der Unternehmereigenschaft für die einzelnen Ausbeiner und Drittpersonen durch Vorlage einer Gewerbeanmeldung und einer Bescheinigung des örtlich zuständigen Finanzamtes gehe auf die vorausgegangenen Betriebsprüfungen der Jahre 1978 bis 1988 zurück, die entsprechende Anforderungen gestellt hätten (Bl. 2f.). Auch in diesen Prüfungen sei die Anerkennung der Unternehmereigenschaft von Drittpersonen stets geprüft worden. Es müsse deshalb ein entsprechender Vertrauensschutz gewährt werden (Bl. 9f., 12f.). Die Klägerin erbringe insofern umfangreichere Nachweise als ihre Konkurrenzfirmen (Bl. 13). Die exakten Gründe für die Einschaltung der Drittpersonen seien der Klägerin nicht bekannt. Zwischen Ehegatten und Lebensgefährten würden andere Gepflogenheiten gelten als unter Dritten (Bl. 86f.). Andere Finanzämter würden die Vorsteuern aus Gutschriften an Drittpersonen anerkennen (Bl. 88).

Seit Firmengründung rechne die Klägerin u. a. über Drittpersonen (entweder die Ehefrau oder Lebensgefährtin) ab. Die Personen, welche die handwerkliche Leistung tatsächlich erbracht hätten, seien immer namentlich auf den Abrechnungen angegeben und außerdem aus den sonstigen Buchhaltungsunterlagen (Kartei...

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