Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr – Bevollmächtigtenwechsel während des Klageverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
- Die im Vorverfahren entstandene Geschäftsgebühr eines Steuerberaters ist auch dann auf die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit in der gleichen Angelegenheit im Verfahren vor dem Finanzgericht anzurechnen, wenn zwei Jahre nach Klageerhebung ein Bevollmächtigtenwechsel erfolgt.
Normenkette
VV RVG Vorb. 3 Abs. 4; ZPO § 91 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Ausweislich des Urteils des Senats vom 14.05.2013 in dem Verfahren 6 K 93/09 hat der Erinnerungsgegner die Kosten des dortigen Rechtsstreits zu 90 v.H. und die Erinnerungsführerin zu 10 v.H. zu tragen. Die gegen das genannte Urteil vom Erinnerungsgegner erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 26.06.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Auf Antrag hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten durch Beschluss vom 18.09.2014 auf 18.104,59 Euro festgesetzt. In den Gründen heißt es:
„Die Änderungen gegenüber dem Kostenfestsetzungsantrag vom 03.07.2013 und 17.07.2014 ergeben sich aus dem Schreiben der Urkundsbeamtin vom 21.08.2014.
Entgegen der mit Schreiben vom 01.09.2014 vertretenen Ansicht ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens vorzunehmen. Ein Wechsel des Bevollmächtigten erfolgte nach Aktenlage nicht im Zeitraum zwischen der Beendigung des Einspruchsverfahrens und der Klageerhebung, sondern erst während des bereits laufenden Klageverfahrens. Die Klage wurde nach Aktenlage durch den Bevollmächtigten des Vorverfahrens eingelegt, der damit die Verfahrensgebühr verdient hat. Da somit sowohl die Geschäftsgebühr als auch die Verfahrensgebühr bei demselben Bevollmächtigten entstanden sind, ist die Verfahrensgebühr gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG zwingend zu kürzen.
Die Erstattung der Mehrkosten durch den dann während des Klageverfahrens (mehr als 2 Jahre nach Klageerhebung) eingetretenen Wechsel des Bevollmächtigten scheidet gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO aus, da nicht erkennbar ist, dass ein solcher Wechsel eintreten musste . Die Entscheidung der Klägerin, einen anderen Bevollmächtigten mit ihrer Vertretung zu beauftragen, erfolgte nach Aktenlage freiwillig und nicht zwangsweise, z. B. durch Tod oder Krankheit des bisherigen Bevollmächtigten.
Weiterhin ist eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens auch bei Steuerberatern vorzunehmen. Es wird diesbezüglich auf die inzwischen übereinstimmende Rechtsprechung der Finanzgerichte, u.a. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.06.2014, 8 KO 1022/12, [...]; Hessisches FG, Beschluss vom 31.01.2013, 1 Ko 2202/11, EFG 2013, 644; FG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2012, 11 Ko 3244/11 KF, EFG 2012, 1779; Niedersächsisches FG, Beschluss vom 06.07.2010, 3 KO 6/10, NVwZ-RR 2010, 704; FG Köln, Beschluss vom 30.07.2009, 10 Ko 1450/09, EFG 2009, 1857 verwiesen.”
Mit Schreiben vom 24.09.2014 hat die Erinnerungsführerin Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung eingelegt. Zur Begründung heißt es:
„Der angefochtene Beschluss ist rechtswidrig, soweit eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens vorgenommen wurde. Entgegen den Gründen des Beschlusses ist diese Anrechnung nicht vorzunehmen, da ein Bevollmächtigtenwechsel stattgefunden hat. Hierbei ist es unerheblich, ob dieser Bevollmächtigtenwechsel zwischen Einspruchs- und Klageverfahren oder während des Klageverfahrens erfolgt.
Der Verweis auf § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO trägt nicht. Diese Bestimmung regelt lediglich, dass Gebühren in einem Verfahrenszug für zwei Rechtsanwälte nur dann zu erstatten sind, wenn ein Wechsel des Rechtsanwalts eintreten musste. Hier erfolgte aber für das Klageverfahren keine Geltendmachung von Kosten von zwei Rechtsanwälten, sondern nur für einen Bevollmächtigten.”
Die Erinnerungsführerin beantragt,
die Kosten ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die zu erstattenden Kosten zu Recht auf 18.104,59 Euro festgesetzt.
Soweit sich die Erinnerungsführerin gegen die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens wendet, bleibt die Erinnerung ohne Erfolg. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.09.2014.
Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Anrechnung gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ihren Grund darin hat, dem schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür vergüteten Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf den erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand nur eine gekürzte Vergütung zuzubilligen. Diese Umstände kommen im Streitfall zum Tragen, da der Bevollmächtigte, der die Klage e...