Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 8 GrEStG auf Anteilsübertragungen
Leitsatz (redaktionell)
- Der steuerbare Erwerbsvorgang bei Rückerwerb treuhänderisch gehaltener Anteile an einer GmbH, die nach Begründung des Treuhandverhältnisses Grundstücke vom Treugeber erworben hatte, wird durch die Annahme des Angebots zur Übernahme der Anteile verwirklicht.
- Die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Nr. 8 GrEStG findet keine entsprechende Anwendung, wenn der „Hinerwerb” der Grundstücke nicht im Verhältnis „Treugeber/Treuhänder” erfolgt ist, sondern auf einem Kaufvertrag zwischen dem Treugeber der GmbH beruht, die ungeachtet der treuhänderischen Bindung ihres Anteilsinhabers grunderwerbsteuerlich ein eigenes Rechtssubjekt darstellt.
- Mit der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 8 GrEStG wollte der Gesetzgeber lediglich eine Doppelbesteuerung im Verhältnis „Treuhänder/Treugeber” verhindern, nicht hingegen die mehrfache Belastung mit Grunderwerbsteuer im Rahmen eines Dreipersonenverhältnisses.
- Einen allgemeinen Grundsatz dergestalt, dass Grundstücke, die der Steuerpflichtige grunderwerbsteuerpflichtig veräußert hat, im Falle eines späteren Wiedererwerbs nicht erneut besteuert werden dürfen, kennt das Grunderwerbsteuerrecht nicht.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2, § 3 Nr. 8, § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 3 Nr. 2
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob § 3 Nr. 8 des Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG – Anwendung findet.
Die Klägerin und ihr Ehemann – A – verfolgten aufgrund von Konkursverfahren der A GmbH und der B GmbH und einer Landesbürgschaft das Ziel, ihnen gehörende Grundstücke zu veräußern, um deren Verwertung zu verhindern. Zu diesem Zweck schlossen die Klägerin und ihr Neffe C im Dezember 1996 einen Treuhandvertrag. Nach der zunächst mündlich getroffenen Vereinbarung trat die Klägerin als Treugeberin und C als Treuhänder auf. C sollte die Stammeinlage einer noch zu gründenden Immobilien GmbH – fortan GmbH – übernehmen und die Geschäftsanteile fortan treuhänderisch für die Klägerin halten. Den zunächst mündlich geschlossenen Treuhandvertrag bestätigten die Klägerin und C am 16.12.1996 schriftlich. Wegen der Einzelheiten des Treuhandverhältnisses wird auf die Vertragsurkunde vom 16.12.1996 Bezug genommen.
Infolge des Treuhandvertrags gründete C am 14.12.1996 die GmbH und zeichnete das gesamte Stammkapital. Geschäftsführerin der GmbH wurde die Klägerin. Am 30.12.1996 veräußerten die Klägerin und ihr Ehemann der GmbH Grundbesitz in mehreren Städten. Am 20.06.1997 gab C der Klägerin und ihrem Ehemann ein notariell beurkundetes, unbefristetes Angebot zur Übernahme der GmbH-Geschäftsanteile. Dieses Angebot nahm die Klägerin – ebenfalls notariell beurkundet – am 30.06.2000 an.
Daraufhin erließ der Beklagte, das Finanzamt – FA –, am 17.12.2001 an die Klägerin einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG i.V. mit § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder 4 GrEStG auf den 30.06.2000.
Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt und geltend gemacht, wegen des bestehenden Treuhandverhältnisses sei sie – die Klägerin – von Anfang an Eigentümerin der GmbH-Geschäftsanteile gewesen.
Das FA wies den Einspruch am 28.03.2003 als unbegründet zurück und trug Folgendes vor: § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – finde im Grunderwerbsteuerrecht keine Anwendung. Grunderwerbsteuerlich sei der Treuhänder – der dinglichen Rechtslage entsprechend –Volleigentümer. Durch Begründung des Treuhandverhältnisses an den GmbH-Geschäftsanteilen sei § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG (noch) nicht ausgelöst worden, da zu diesem Zeitpunkt keine Grundstücke im GmbH-Vermögen gewesen seien. Erst durch die Übertragung der Anteile sei daher der Erwerbstatbestand i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG verwirklicht.
Im Klageverfahren macht die Klägerin Folgendes geltend: Der Treuhänder C sei durch den Treuhandvertrag zur Herausgabe der Geschäftsanteile verpflichtet gewesen (§ 667 BGB). Hierdurch sei kein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand ausgelöst worden, da zu diesem Zeitpunkt kein Grundbesitz im Vermögen der GmbH gewesen sei. Mit Erwerb der Grundstücke durch die GmbH habe die Klägerin die Verwertungsbefugnis erworben. Durch das notarielle Angebot vom 20.06.1997 sei § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht worden, der durch die Annahme am 30.06.2000 verwirklichte § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG somit subsidiär, aber jedenfalls entfalle die Grunderwerbsteuerpflicht aufgrund analoger Anwendung von § 3 Nr. 8 GrEStG. Auch wenn die GmbH bei ihrer Gründung noch keinen Grundbesitz habe, spreche dies nicht gegen eine analoge Anwendung von § 3 Nr. 8 GrEStG. Wenn eine Gesellschaft, deren Anteile treuhänderisch gehalten würden, im Anschluss an ihre Gründung vom Treugeber Grundstücke erwerbe und später Anteile an den Treuhänder verkaufe, liege ein Rückerwerb i.S. von § 3 Nr. 8 GrEStG vor, denn § 3 Nr. 8 GrEStG diene dem Zweck, eine Doppelbesteuerung in Fällen zu vermeiden, in denen die Erhebung von ...