Entscheidungsstichwort (Thema)
Begünstigte (Teil-)Betriebsaufgabe bei Betriebsaufspaltung – Fortsetzung einer originär gewerblichen Erfindertätigkeit – Überlassung von Know-how der Betriebsgesellschaft – Rückstellungszeitpunkt für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
- Der Wegfall einer Betriebsaufspaltung durch die Veräußerung der überlassenen Anlagegüter führt nicht zu einer begünstigten Betriebsaufgabe im Sinne von § 16 Abs. 3 EStG beim Besitzunternehmen, wenn das Besitzunternehmen als Teil seiner gewerblichen Gesamttätigkeit eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hatte und diese nach Beendigung der Betriebsaufspaltung fortsetzt.
- Die Überlassung von Know-how durch ein als Besitzunternehmen fungierendes Ingenieurbüro ist eine originär gewerbliche Tätigkeit, wenn sie sich nicht auf die Lizenzierung von Patenten beschränkt, sondern sich als Ausfluss der aus der Produktionstätigkeit und dem Vertrieb der Betriebsgesellschaft gewonnenen Erfahrungen darstellt und sich in einem einheitlichen Betrieb mit der als gewerblich zu qualifizierenden Vermögensverwaltung vollzieht.
- Bei Fortsetzung einer originär gewerblichen Tätigkeit liegen die Voraussetzungen einer begünstigten Teilbetriebsaufgabe nicht vor, wenn die als wesentliche Betriebsgrundlage des Besitzunternehmens zu qualifizierenden Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft nicht mit veräußert werden.
- Rückstellungen für Mehrsteuern aufgrund einer Außenprüfung sind nicht bereits im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung, sondern erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige aufgrund des Aufgriffs eines zur Mehrsteuer führenden Sachverhalts mit dessen Aufdeckung rechnen muss.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, §§ 16, 34 Abs. 3
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Der Kläger ist Ingenieur. Er betrieb seit 1970 in der Rechtsform eines gewerblichen Einzelunternehmens ein „Ingenieurbüro”. Gegenstand des Unternehmens war zunächst die Herstellung und der Vertrieb von „T”. Später kam als weiteres Geschäftsfeld die Herstellung von „S” hinzu. In diesem Zusammenhang gründete der Kläger im Jahr 1979 die „L” GmbH (künftig GmbH) als Vertriebsgesellschaft. Ab Gründung der GmbH führte der Kläger als Alleingesellschafter die vormals im Rahmen des Ingenieurbüros getätigten Geschäfte über die GmbH fort. Die zur Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Betriebsmittel (Maschinen, Patente und sonstige Rechte) behielt der Kläger in seinem Eigentum. Die betreffenden Wirtschaftsgüter überließ er im Rahmen von Pachtverträgen der GmbH zur Nutzung. In einem Vertrag vom 20.6.1988 heißt es z.B. auszugsweise:
Der Verpächter verpachtet sein in „F-Stadt” betriebenes Handelsgeschäft (Ing. Büro) mit dem Anlagevermögen, wie es sich aus der als Anlage diesem Vertrag beigefügten Aufstellung per 30.6.1988 ergibt, an die Pächterin. Solange das Anlagevermögen an die Pächterin verpachtet ist, überlässt der Verpächter ohne jede Gewährleistungen seinen gesamten Betrieb, wie er steht und liegt, mit allen dazugehörigen Verträgen, Konzessionen, Erfahrungen, Unterlagen usw. der GmbH als Pächterin.
Im Betriebsvermögen des Ingenieurbüros befand sich darüber hinaus auch das im Alleineigentum des Klägers stehende Gewerbegrundstück „A-Straße 1” in „F-Stadt”, das er ebenfalls der GmbH zur Nutzung überließ. Seine Anteile an der GmbH bilanzierte der Kläger dagegen nicht als Betriebsvermögen des Ingenieurbüros.
Mit Kaufvertrag vom 13.7.2006, auf den wegen der einzelnen Regelungen Bezug genommen wird, veräußerten sowohl die GmbH als auch der Kläger mit Wirkung zum 1.8.2006 bestimmte Wirtschaftsgüter zu einem Kaufpreis von 1.200.000 € an die „J-GmbH i.G.” In der Präambel des Kaufvertrags heißt es auszugsweise:
(3) Der Verkäufer 1. (Anmerkung: Die GmbH) beabsichtigt, das Unternehmen durch Übertragung des gesamten Betriebsvermögens und der Vertragsverhältnisse zu verkaufen und zu übertragen. Die Käuferin beabsichtigt, das Unternehmen auf diesem Wege zu übernehmen.
(4) Der Verkäufer 2. (Anmerkung: Der Kläger) beabsichtigt, das Ingenieurbüro aufzugeben, indem er sämtliche in diesem Vertrag näher bezeichnete Vermögensgegenstände verkauft (...).
(5) Der Verkäufer 2. wird im Rahmen der Beendigung seines Betriebes die von dem Betrieb genutzte Gewerbeimmobilie in sein Privatvermögen überführen.
Von dem insgesamt gezahlten Kaufpreis entfielen 662.000 € auf das vom Kläger übertragene Anlagevermögen laut Anlage 2 zum Kaufvertrag und 350.000 € auf die gewerblichen Schutzrechte bzw. das Know-how laut Anlage 4 zum Kaufvertrag.
In einer wenige Tage später geschlossen Zusatzvereinbarung vom 26.7.2006 legten die Vertragsparteien des Weiteren fest, dass über die in der Anlage 4 zum Kaufvertrag vom 13.7.2006 genannten gewerblichen Schutzrechte hinaus auch diejenigen immateriellen Rechte auf die Käuferin übergehen sollten, die Gegenstand des Know-how-Vertrages vom 27.9.2000 zwischen der „C-lnc.” (künftig „C-lnc.”) und der GmbH (bzw. dem Kläger – nach Überleitung auf diesen durch Vertrag vom 13....