Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht: Kostenerstattung für Rechtsanwalt in eigener Sache

 

Leitsatz (amtlich)

1. In eigener Sache sind einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer im Finanzprozess bei Obsiegen Kosten entsprechend § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO zu erstatten; auch Reisekosten für die Selbstvertretung vor einem auswärtigen Gericht.

2. Die Kosten der Vertretung vor dem Rechtsmittelgericht durch den aus der Vorinstanz mit dem Verfahren befassten Anwalt oder Prozessbevollmächtigten sind grundsätzlich erstattungsfähig.

 

Normenkette

FamFG § 113; FGO §§ 139, 149, 155; VwGO §§ 162, 173; ZPO § 91

 

Tatbestand

A.

Streitig ist die Erstattung der Terminsgebühr sowie der Reisekosten für den Kläger als Rechtsanwalt für die mündliche Revisions-Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof in München in eigener Sache oder in Untervollmacht des von ihm zuvor bevollmächtigten Rechtsanwalts.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Die binnen zwei Wochen nach Zustellung des entsprechend § 149 Abs. 1 FGO ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses eingelegte Erinnerung ist zulässig nach § 149 Abs. 2 und 4 FGO.

II.

Die Erinnerung ist begründet gemäß § 139 Abs. 1 und 3, § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 91 Abs. 2 Satz 3, § 104 ZPO, § 13 RVG, Nr. 3210, 7004-7005 RVG-VV.

1. Es macht im Ergebnis dabei für die vor dem BFH notwendige Vertretung durch einen Berufsträger i. S. d. § 62 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 FGO keinen Unterschied und kann deshalb dahinstehen, ob der Kläger im dortigen Termin unmittelbar in der eigenen Sache gemäß § 62 Abs. 4 Satz 5 FGO (wie § 78 Abs. 4 ZPO) oder in Untervollmacht des von ihm zuvor bevollmächtigten Rechtsanwalts verhandelt hat, nämlich mit Antragstellung, während der Prozessbevollmächtigte an der Verhandlung nicht teilgenommen hat.

2. Der durch den Prozessbevollmächtigten für den Kläger eingereichte Kostenfestsetzungsantrag genügt für beide Alternativen; daneben macht der beim BFH nicht selbst angereiste oder aufgetretene Prozessbevollmächtigte keine weitere Terminsgebühr oder Reisekosten geltend.

3. Zum einen darf ein Rechtsanwalt sich in eigener Sache durch einen anderen Rechtsanwalt in einem Prozess oder Gerichtstermin vertreten lassen und bei Obsiegen die insoweit notwendigen Kosten geltend machen gemäß § 139 Abs. 1, 3 FGO i. V. m. § 91 ZPO (wie nach § 113 Abs. 1 FamFG oder § 162 Abs. 1-2, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 91 ZPO; vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.03.2003 23 C 03.167, Juris; zu Unterschieden in der freiwilligen Gerichtsbarkeit vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27.04.2004 1 W 562/01, RVGReport 2004, 686; Feskorn in Rahm/Künkel, Hdb. Familien- u. Familienverfahrensrecht Rz. F 34; im OWi- oder Strafprozess vgl. § 464a StPO, LG Duisburg, Beschluss vom 15.05.2014 69 Qs 10/14, Juris).

4. Alternativ steht es dem Rechtsanwalt in eigener Sache frei, sich selbst zu vertreten und sich bei Obsiegen Gebühren und Auslagen wie ein bevollmächtigter Rechtsanwalt erstatten zu lassen gemäß der diesbezüglichen Spezialregelung in § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Diese ist nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen von § 139 Abs. 1, 3, § 155 Satz 1 FGO (wie § 113 FamFG oder § 162, 173 VwGO) sinngemäß anwendbar (vgl. Beschlüsse BFH vom 09.11.1976 VII B 69/74, BFHE 120, 333, BStBl II 1977, 82; FG Baden-Württemberg vom 14.03.1983 VII 527/82, EFG 1983, 629; FG Nürnberg vom 17.12.1979 VI 230/79, EFG 1980, 298; FG München vom 08.02.1967 I 9/67, DStR 1967, 390, EFG 1967, 183; FG Münster vom 24.11.1966 VII 1613/66 Ko, DStR 1967, 322, EFG 1967, 138; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO § 139 FGO Rz. 27; entgg. FG München vom 01.03.1972 VII 22/72 - ER 1, EFG 1972, 298).

Denn die Bestimmungen über die Kostenerstattungspflicht in der FGO gehören dem Verfahrensrecht an, sie sind daher entsprechend § 155 Satz 1 FGO durch die Vorschriften der ZPO zu ergänzen (BFH-Beschluss vom 19.10.1968 VII B 10/67, BFHE 94, 113, BStBl II 1969, 81 unter Hinweis auf Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 18.07.1967 GrS 8/66, BFHE 90, 156, 157-159, BStBl II 1968, 59).

Insoweit gilt für den Erstattungsanspruch eines Rechtsanwalts dasselbe wie bei Prozessen anderer als Prozessbevollmächtigte nach § 62 Abs. 2 FGO zugelassener Berufsträger in eigener Sache, z. B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (vgl. BFH-Beschluss vom 02.11.1971 VII B 161/69, BFHE 103, 314, BStBl II 1972, 94).

5. Nach beschlossener Notwendigkeit der Vertretung gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO sowie Erstattung der Prozessbevollmächtigten-Kosten aus dem außergerichtlichen Vorverfahren stellt sich hier nicht die Frage einer diesbezüglichen Einschränkung (vgl. Beschlüsse BVerfG vom 09.06.1972 1 BvR 176/72, HFR 1972, 441, StRK FGO § 139 R 48; BFH vom 29.03.1973 IV B 89/70, BFHE 108, 574, BStBl II 1973, 535; vom 10.02.1972 V B 33/71, BFHE 104, 306, BStBl II 1972, 355; FG Hamburg vom 08.02.1971 I 122/65(VI), EFG 1971, 291, FG Baden-Württemberg vom 02.07.1969, EFG 1969, 459).

6. Der Erstattung der in eigener Sache teils aufgrund Mandatierung eines Prozessbevollmächtigten und teils aufgrund Selbstvertretung geltend gemachten Gebü...

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