Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzgerichtsordnung: Keine Gestattung der Teilnahme am Erörterungstermin per Videokonferenz bei Anordnung des persönlichen Erscheinens
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Gericht das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet, kann das Gericht im Rahmen des ihm nach § 91a Abs.1 FGO eingeräumten Ermessens den Antrag des Klägers, ihm die Teilnahme am Erörterungstermin per Videokonferenz zu gestatten, ablehnen.
2. Dies gilt auch dann, wenn dem Beklagten die Teilnahme am Erörterungstermin per Videokonferenz gestattet worden ist.
Normenkette
FGO § 91a Abs. 1, 3
Gründe
Nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Regelung gilt nach § 91a Abs. 4 FGO entsprechend für Erörterungstermine.
Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob den Beteiligten und/oder ihren Vertretern zu gestatten ist, als Abwesender Verfahrenshandlungen vorzunehmen, ist eine Ermessensentscheidung, wobei das Gesetz keine starren Kriterien normiert, die für die Entscheidung des Gerichts maßgebend sein sollen. Im Grundsatz sind bei der Ermessensentscheidung des Gerichts einerseits das Interesse des Antragstellers und/oder seines Bevollmächtigten und andererseits die Bedeutung der Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit im konkreten Einzelfall abzuwägen (vgl. FG Nürnberg, Beschluss vom 11.07.2022, 6 K 174/20, juris; Holle, in: Gosch, § 91a FGO, Rn. 21).
Gemessen an den vorstehend skizzierten Grundsätzen ist der Antrag nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO abzulehnen. Mit Verfügung vom 21.08.2023 hat der Vorsitzende das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens beruht auf der Überlegung, dass das persönliche Erscheinen des Klägers und seine Anwesenheit im Verhandlungsraum für den Fortgang des Verfahrens förderlich erscheint. Hinter diesem Aspekt muss das Interesse des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, aus Gründen der Zeit- oder Kostenersparnis von der unmittelbaren Anwesenheit im Verhandlungssaal dispensiert zu werden, zurücktreten. Auch der Gedanke der verfahrensrechtlichen Gleichbehandlung - der Vorsitzende hat mit Beschluss vom 25.08.2023 einem entsprechenden Antrag des beklagten Hauptzollamtes stattgegeben - rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn das persönliche Erscheinen eines vertretungsberechtigten Vertreters des beklagten Hauptzollamtes hat der Vorsitzende gerade nicht angeordnet.
Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt aus § 91a Abs. 3 Satz 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 15914520 |
FA 2023, 271 |
FA 2023, 301 |