Persönliches Erscheinen angeordnet vs. Ladung
Im Zivilprozess ist zu unterscheiden zwischen
- der Ladung zu einem Gerichtstermin
- und der Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei.
Ladung im Zivilprozess
Bei der Ladung ist zu unterscheiden zwischen Anwaltsprozess und Parteiprozess. Wird die Partei von einem Anwalt vertreten, unabhängig davon, ob Anwaltspflicht besteht oder nicht, betrifft und erreicht die Ladung zum Gerichtstermin den Anwalt und nicht die Partei, die ja von ihm vertreten wird. Es ist Sache des Rechtsanwalts, seinen Mandanten vom Termin zu informieren. Der Anwalt schickt dazu der Partei die Kopie der Ladung zu. Mandanten sollten in einem Begleitschreiben darauf hingewiesen werden, dass im Briefkopf nur die Anwaltskanzlei genannt ist, sich die Ladung nicht auf sie persönlich, sondern auf den Anwalt bezieht.
Wenn kein Anwalt mit der Vertretung beauftragt wurde, geht die Ladung zum Termin, meist in Form einer förmlichen Zustellung, direkt an die Partei, es sei denn es handelt sich um einen Folgetermin, der in Anwesenheit der Parteien bereits vom Gericht durch Beschluss verkündetet wurde, etwa in einem gescheiterten Gütetermin. Dann geht nur per Post das Protokoll zu, in dem auch der Termin genannt ist.
Hat die Partei einen Anwalt beauftragt, bewirkt die Ladung allein also nicht, dass sie selbst in Person auch vor Gericht erscheinen muss (im Strafprozess sieht es selbstredend anders aus, auch wenn der Widerwille gegen das Erscheinen hier deutlich größer sein dürfte). Natürlich darf die Partei trotzdem zum Termin erscheinen.
Persönliches Erscheinen angeordnet
Anders sieht es aus, wenn das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet wurde. Da der mündlichen Verhandlung gemäß § 278 Abs. 2 ZPO grundsätzlich eine Güteverhandlung vorauszugehen hat, ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens zum ersten Prozesstermin sogar die Regel. Nach § 278 Abs. 3 ZPO soll hierzu nämlich das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden.
Gern lädt das Gericht beide Parteien, wenn es sie zum Sachverhalt befragen will oder die Chancen auf eine gütliche Einigung durch einen Vergleich ausloten will. Dies kann in jeder Lage des Prozesses erfolgen, da das Gericht nach § 278 Abs. 1 ZPO in jeder Lage auf eine gütliche Streitbeilegung hinwirken soll. Nach § 141 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf diese Art der Ladung nicht.
Eine solche Anordnung löst nicht immer Freude aus. Vor Gericht zu erscheinen ist für viele Menschen so unangenehm wie der Besuch beim Zahnarzt. Wofür hat man denn schließlich einen Anwalt engagiert, fragen sich Betroffenen häufig. Oft liegt der Termin auch zeitlich ungelegen. Gerade Geschäftsführer, Vorstände oder Aufsichtsräte, die häufig Unternehmen vor Gericht vertreten müssen, sind meist auf Monate im Voraus ausgebucht, befinden sich oft auf Auslandsreisen und können es sich so oft kaum leisten, aktiv an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen.
Auch Anwälte sehen Parteiladungen gelegentlich mit gemischten Gefühlen. Sie machen die Erfahrung, dass das persönliche Erscheinen der Parteien nicht selten auch bei geringen Streitwerten und eindeutigen Sachverhalten angeordnet wird und manche schlecht vorbereiteten Richter geladene Parteien auch gelegentlich links liegen lassen, obwohl diese bisweilen von weit anreisen. Das führt zu Frustrationen. Manchmal ist ein von sehr persönlichen Emotionen befeuerter Sachverhalt ohne Partei auch leichter bzw. erfolgreicher gerichtlich zu regeln.
Das Gericht kann gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO von der Anordnung absehen, wenn die Wahrnehmung des Termins der Partei nicht zuzumuten ist, z.B. wegen großer räumlicher Entfernung. Ein umsichtiger Rechtsanwalt wird dies ggflls. im Vorhinein anregen.
Videokonferenz kann persönliches Erscheinen ersetzen
Eine immer häufiger zur Anwendung kommende Lösungsvariante bei Zeit- oder Entfernungsproblemen bietet die durch § 128a ZPO eröffnete Möglichkeit der Teilnahme an einer mündlichen Gerichtsverhandlung per Videokonferenz. Gemäß § 128a Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht den Parteien und ihren Bevollmächtigten auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, sofern dies zeitgleich in Bild und Ton in das Sitzungszimmer übertragen wird. Voraussetzung: Die Partei bzw. deren Anwalt verfügt über die technischen Möglichkeiten für eine Videokonferenzschaltung.