Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen durch BFH Beschluss IX B 108/22 vom 5. 12. 2023
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht und Steuerkontoauszug aus Art. 15 DSGVO
Leitsatz (amtlich)
1. Der Auskunftsanspruch des Insolvenzschuldners gegenüber der Finanzbehörde aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter kann daher den Anspruch nicht in eigenem Namen geltend machen.
2. Gemäß § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO besteht das Auskunftsrecht der betroffenen Person aus Art. 15 DSGVO gegenüber einer Finanzbehörde nicht, soweit die Auskunftserteilung die Finanzbehörde in der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche oder in der Verteidigung gegen sie geltend gemachter zivilrechtlicher Ansprüche i. S. d. Art. 23 Abs. 1 Buchst. j DSGVO beeinträchtigen würde (vgl. BVerwG, Urteil 25.02.2022 - 10 C 4/20 (7 C 31/17), BVerwGE 175, 62).
Normenkette
AO § 2a Abs. 5, § 32c Abs. 1 Nr. 2; InsO § 80 Abs. 1; DSGVO Art. 15
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger, ein Insolvenzverwalter, begehrt einen Ausdruck aus dem Steuerkonto und Einsicht in die Veranlagungs- und Vollstreckungsakten seiner Insolvenzschuldnerin, der Fa. A GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin).
Mit Beschluss vom ... 2018 wurde durch das Amtsgericht Hamburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der als Rechtsanwalt tätige Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Durch den Beklagten wurden mit Schriftsatz vom 14.03.2018 Forderungen in Höhe von ... € zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderungen wurden in voller Höhe durch den Kläger bestritten.
Mit an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 22.04.2020 trug der Kläger vor, seitens der Insolvenzschuldnerin sei es zum Ende 2015 zu einer Zahlungseinstellung gekommen. Nach dieser Zahlungseinstellung habe die Insolvenzschuldnerin Zahlungen in Höhe von ... € an den Beklagten geleistet, die er, der Kläger, sämtlich nach § 133 der Insolvenzordnung (InsO) anfechte. Zusätzlich bat er unter Hinweis auf § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) iVm § 129 ff InsO um einen Ausdruck aus dem Steuerkonto der Insolvenzschuldnerin ab deren erstmaligen steuerlichen Erfassung sowie um Gewährung von Einsicht in die Vollstreckungsakten, die Betriebsprüfungsakte und die Betriebsprüfungsarbeitsakten.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27.04.2020, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, den Antrag des Klägers auf Akteneinsicht und Auskunft aus dem Steuerkonto ab. Aufgrund der Anschriftenänderung des Klägers kam es zunächst zu einem Postrückläufer, so dass der Bescheid am 04.05.2020 erneut zur Post gegeben wurde.
Zur Begründung der Antragsablehnung führte der Beklagte aus, die InsO sehe einen Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger, die im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen werden sollten, grundsätzlich nicht vor. Im Übrigen habe der Kläger kein berechtigtes Interesse dargelegt. Ein Anspruch auf Zugang zu den vom Kläger begehrten Informationen in Form der Erteilung eines Steuerkontoauszugs ergebe sich auch nicht aus § 1 Abs. 2 des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG), da der Anspruch auf Informationszugang nach dem HmbTG gemäß § 5 Nr. 4 HmbTG für Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung von vornherein gesetzlich ausgeschlossen und damit einer Ermessensentscheidung nicht zugänglich sei. Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs könne auch nicht auf Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestützt werden. Es gehe vorliegend weder um personenbezogene Daten noch sei der Kläger als Insolvenzverwalter Betroffener im Sinne des Art. 15 DSGVO.
Bezüglich des auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruchs sei bereits fraglich, ob dieser nach dem Inkrafttreten der DSGVO überhaupt noch zur Anwendung gelangen könne oder ob Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht insofern eine vorrangige und abschließende Regelung enthalte. Unabhängig davon mache der BGH in seinem Urteil vom 13.08.2009, IX ZR 58/06, aber einen Auskunftsanspruch eines Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt davon abhängig, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststehe. Solange ein Rückgewähranspruch - wie vorliegend - nicht feststehe oder glaubhaft dargelegt worden sei, habe sich ein Insolvenzverwalter wegen aller benötigten Auskünfte an den Insolvenzschuldner zu halten.
Der Kläger hat am 06.05.2021 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, er sei nach Art. 15 DSGVO iVm § 2a Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) berechtigt, einen Kontoauszug sowie Akteneinsicht zu erhalten. Er sei in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter Betroffener im Sinne des Art. 15 DSGVO.
Selbst wenn er nicht als Berechtigter im Sinne des Art. 15 DSGVO anzusehen sein sollte, könne er das Recht der Insolvenzschuldnerin über § 80 Abs. 1 InsO bzw. als Geschäftsbesorger de...