Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Konkludenter Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Antrag zur Istbesteuerung gemäß § 20 Abs. 1 UStG kann auch konkludent z.B. durch Abgabe einer Umsatzsteuererklärung gestellt werden; aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann dies jedoch nur dann gelten, wenn für das Finanzamt deutlich erkennbar ist, dass die Umsätze auf Grundlage der tatsächlichen Einnahmen erklärt worden sind.
2. Beendet der Steuerpflichtige seine unternehmerische Tätigkeit und nimmt später eine neue Tätigkeit auf, setzt die Istbesteuerung für diese neue Tätigkeit einen erneuten Antrag gemäß § 20 UStG voraus.
Normenkette
UStG §§ 16, 20
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seine Umsätze nach vereinbartem oder vereinnahmtem Entgelt zu versteuern hat.
Der Kläger war seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Daneben erzielte er für einen gewissen Zeitraum gewerbliche und aufgrund ausgeübter Option umsatzsteuerpflichtige Einkünfte aus Grundstücksvermietung.
Von 1985 bis 1987 betrieb der Kläger eine Beratungsagentur. Das Bezirksamt Hamburg-... teilte am ... 1999 mit, dass diese ... Unternehmensberatung zum ... 1987 gelöscht worden sei und es sich um eine Betriebsaufgabe handele. In einem Bericht über eine Außenprüfung vom 16. September 1993 stellte der Prüfer für die Jahre 1985 bis 1987 fest, dass der Kläger seine Umsätze als Istbesteuerer zu versteuern habe. Zugleich vermerkte er die Betriebseinstellung.
In der Folgezeit erklärte der Kläger erneut Einkünfte aus einer Tätigkeit als Unternehmensberater sowie später auch aus (umsatzsteuerpflichtiger) Vermietung:
Für die Jahre 1994 bis 1997 gab der Kläger Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen ab. Seinen Gewinn ermittelte er gemäß Einnahmenüberschussrechnung. Ab 1998 erfasste der Kläger in seiner Umsatzsteuererklärung Einkünfte aus der Firma A, wobei er als Art des Unternehmens Vermietung und Unternehmensberatung angab. 1999 zeigte der Kläger im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung gegenüber dem Finanzamt Hamburg-1 an, zwei Immobilien erworben zu haben, welche umsatzsteuerpflichtig vermietet werden sollten. Die angemeldeten hohen Vorsteuerbeträge würden aus entsprechenden Renovierungsarbeiten resultieren. In den Jahren 1999 bis 2002 erklärte er lediglich Einkünfte zum Regelsteuersatz, welche aus umsatzsteuerpflichtiger Vermietung stammten. Für ertragsteuerliche Zwecke legte er hingegen eine Gewinn- und Verlustrechnung nebst Bilanz auf den 31. Dezember 2001 für ein Unternehmen "Unternehmensberatung und gewerbliche Vermietung und Verpachtung" vor. Dort ausgewiesen sind lediglich ... € Betriebseinnahmen. Daneben erklärte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zudem erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit betreffend die Firma A.
Für 2003 für 2007 gab der Kläger im Januar 2010 (berichtigte) Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärungen ab. Als Art des Unternehmens nannte er nunmehr einzig die Unternehmensberatung. In seinen Erklärungen findet sich keine Hinweise auf weitere Einkünfte aus einem Einzelunternehmen unter der Firma A. In der Anlage V + V erklärte er zudem lediglich summenmäßig einen Gesamtverlust bezogen auf alle Vermietungsobjekte. Eine Erlösaufstellung ist weder für die einzelnen Objekte noch in einer Gesamtsumme vorhanden.
Der Beklagte führte beim Kläger diverse Außenprüfungen die Umsatzsteuer betreffend durch. In einem Bericht über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung anlässlich der für 1999 erklärten hohen Vorsteuerbeträge aus der Renovierung der Vermietungsobjekte vermerkte der Prüfer, dass die geltend gemachten Vorsteuern nicht berücksichtigt werden könnten, da der Kläger auf die Prüfungsanordnung nicht reagiert und die angeforderten Rechnungen nicht vorgelegt habe. Als Besteuerungsart ist die Sollbesteuerung vermerkt. In einem weiteren Prüfungsbericht vom 29. April 2003 für den Besteuerungszeitraum 2001 und 2002, an welcher der Kläger aktiv teilnahm, schimmern mag vermerkte der Prüfer ebenfalls, dass der Kläger seine Umsätze gemäß Sollbesteuerung zu versteuern habe.
Bereits 2007 hatte das Amtsgericht ... das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet, welches nach Vollzug der Schlussverteilung im ... 2013 aufgehoben wurde.
In den Streitjahren 2012, 2014 und 2015 stellte der Kläger der B (...), einer Gesellschaft nach ... Recht mit Sitz in C, eingetragen ins dortige Handelsregister, Beratungsleistungen in folgendem Umfang in Rechnung:
...
Die B beglich diese Rechnungen bisher nicht. Vielmehr wurde über ihr Vermögen am ... 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet, welches noch nicht abgeschlossen ist.
Umsatzsteuererklärungen gab der Kläger ab 2010, mithin auch für die Streitjahre, nicht ab. In seinen Einkommensteuererklärungen für 2013 und 2014, welche er am 7. Oktober 2015 beim Beklagten einreichte, erklärte er lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. ... € aus seiner Tätigkeit für die B. Für 2015 und 2016 gab der Kläger keine Einkommensteu...