Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis von § 1 AStG zur verdeckten Gewinnausschüttung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Korrekturnorm des § 1 AStG ist jedenfalls dann neben der verdeckten Gewinnausschüttung und anderen Korrekturvorschriften anwendbar, wenn sie zu weitergehenden Berichtigungen führt.
2. Bei ertragsteuerlichen Organschaften ist dabei auch die Ebene des Organträgers zu berücksichtigten, dem das nach § 1 AStG zu korrigierende Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen ist.
Normenkette
AStG § 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2, §§ 14-15, 17; GewStG § 2 Abs. 2 S. 2, § 7 S. 1; DBA-China Art. 9, 26; OECD-MA Art. 9; AEUV Art. 49, 56, 63
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer außerbilanziellen Gewinnkorrektur nach § 1 des Außensteuergesetzes (AStG).
Die Klägerin war in den Streitjahren 2012 bis 2015 eine inländische Holdinggesellschaft in Form einer GmbH. Sie hatte mehrere Tochtergesellschaften, an denen sie jeweils zu 100 % beteiligt war. Dazu gehörte die deutsche A GmbH, mit der in den Streitjahren eine Organschaft auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrags bestand, mit der Klägerin als Organträgerin und der A GmbH als Organgesellschaft. Daneben war die Klägerin jeweils zu 100 % an der singapurischen B Ltd. (nachfolgend: B) und der amerikanischen C beteiligt. Die B war wiederum zu 100 % an zwei chinesischen Enkel-Kapitalgesellschaften in X und Y (nachfolgend: B-X und B-Y) beteiligt. Die C war zu 100 % an der D Inc. (nachfolgend: D) beteiligt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der A GmbH für die Streitjahre durch das für sie zuständige Finanzamt E wurden zwei grenzüberschreitende Sachverhalte festgestellt, die im Ergebnis zu Gewinnerhöhungen bei der Klägerin geführt haben:
Dabei geht es zum einen um eine Lizenzaufteilung zwischen der A GmbH und der D. Die A GmbH und die D erhielten als Lizenzgeber von der B-X jeweils Lizenzgebühren in Höhe von 4 % des jeweils geförderten Umsatzes. Angesichts des nach Auffassung der Betriebsprüfung und zwischen den Beteiligten unstreitigen höheren Leistungsumfangs der A GmbH wurden von den vierprozentigen Gebühren der D 0,25 % (= 1/16) als fremdübliches Lizenzentgelt behandelt und der A GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) außerbilanziell zugerechnet.
Zum anderen unterhielt die A GmbH in den Streitjahren ein sogenanntes Tech-Center, in dessen Rahmen sie Dienstleistungen gegenüber anderen Konzerngesellschaften erbrachte. Der Leistungsanteil, der auf die B-X entfiel, wurde nicht an die A GmbH erstattet. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde das Einkommen der A GmbH insoweit außerbilanziell auf der Grundlage der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 KStG) nach Cost-Plus-Grundsätzen erhöht.
Insgesamt geht es um folgende zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitigen Beträge:
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2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
D |
... € |
... € |
... € |
... € |
B-X |
... € |
... € |
... € |
... € |
Summe |
... € |
... € |
... € |
... € |
Diese Gewinnerhöhungen flossen in den Jahren 2012 und 2013 in das seitens des Finanzamtes E dem Beklagten mitgeteilten Einkommens der A GmbH, das der Klägerin im Rahmen des Organschaftsverhältnisses mit der A GmbH gemäß §§ 14, 17 KStG zuzurechnen ist.
Für die Jahre 2014 und 2015 erließ das Finanzamt E am 20. Dezember 2019 jeweils Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und damit zusammenhängender anderer Besteuerungsgrundlagen nach§ 14 Abs. 5 KStG . Darin wird jeweils auf Seite 2 der Bescheide unter der Überschrift "Feststellungsgrundlagen/Ermittlung des dem Organträger und der Organgesellschaft zuzurechnenden Einkommens" das dem Organträger zuzurechnende Einkommen und das von der Organgesellschaft selbst zu versteuernde Einkommen berechnet und dargestellt. Unter der Rubrik "als Organgesellschaft" werden jeweils der an den Organträger abgeführte Gewinn und an den Organträger geleistete verdeckte Gewinnausschüttungen im Rahmen dieser Berechnung aufgeführt. Auf den Inhalt dieser zur Gerichtsakte gereichten Bescheide wird wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen.
Der Beklagte führte ab August 2017 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Streitjahre 2012 bis 2015 durch. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die auf der Ebene der A GmbH aus den oben dargestellten Sachverhalten festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen aufgrund der Organschaft zur Klägerin vorweggenommene Gewinnabführungen der A GmbH darstellten. Die Vorteile aus den verdeckten Gewinnausschüttungen seien jedoch nicht der Klägerin, sondern deren Enkelgesellschaften zugeflossen. Deshalb sei auf der Ebene der Klägerin ein Vorteilsverbrauch entstanden. Dieser fiktive Aufwand führe bei der Klägerin zu einer Neutralisierung der zuzurechnenden verdeckten Gewinnausschüttungen. Das Einkommen der Klägerin sei aber in Höhe der Beträge der verdeckten Gewinnausschüttungen gemäß § 1 AStG außerbilanziell zu erhöhen.
Der Beklagte erließ auf dieser Grundlage am 25. Mai 2020 nach § 16...