Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberaterprüfung: Verlust der Prüfungsbefugnis durch Eintritt in den Ruhestand
Leitsatz (redaktionell)
Ein Prüfer, der der Gruppe der höheren Beamten angehört, verliert die Prüferbefugnis mit Eintritt in den Ruhestand.
Normenkette
DVStB § 10 Abs. 3 Nr. 1, §§ 24, 25 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erreichte im schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung 1995 nicht die Gesamtnote von höchstens 4,5, weil seine schriftlichen Arbeiten nur mit den Noten 5 (Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete), 4,5 (Steuern vom Einkommen und Ertrag) und 4,5 (Buchführung und Bilanz) bewertet wurden. Mit Bescheid vom 18.12.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe. Im anschließenden Klageverfahren (V 22/96) setzte der Senat das Verfahren gemäß § 74 FGO zur Durchführung eines Überdenkensverfahrens aus. Darin bestätigten die Prüfer im Ergebnis die erteilten Noten. Die Klausur aus dem Bereich Buchführung und Bilanzwesen hatten der damalige Vorsitzende des Prüfungsausschusses 4, Leitender Regierungsdirektor A, als Erstprüfer und das damalige Mitglied des Prüfungsausschusses 4, Regierungsrat B, als Zweitprüfer bewertet. Für die Klausur aus dem Bereich Buchführung und Bilanzwesen vergaben die Prüfer schließlich 46 bzw. 46,5 Punkte; die erteilte Note von 4,5 veränderte sich dadurch nicht. Der erkennende Senat hob mit Urteil vom 22.8.1997 den Bescheid vom 18.12.1995 auf. Das Urteil ist rechtskräftig.
Aufgrund eines danach gefassten Beschlusses des Prüfungsausschusses beschied die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 11.12.1998 erneut dahingehend, dass die Gesamtnote seiner schriftlichen Prüfung unverändert bei 4,66 liege und er deshalb die Prüfung nicht bestanden habe. Auf die dagegen gerichtete Klage (V 6/99) hob der erkennende Senat diesen Bescheid mit Urteil vom 27.1.2000 auf, weil die Bewertung der Prüfer bei der Klausur aus dem Bereich der Buchführung und des Bilanzwesens - bei der Vergabe der Wertungspunkte 33 bis 37 - gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen habe und nicht auszuschließen sei, dass der Kläger bei richtiger Anwendung dieser Grundsätze 4 Punkte mehr erhalten hätte. Diese zusätzlichen Punkte könnten zu einer Bewertung der Klausur mit der Note 4,0 führen. Damit würde die Gesamtnote auf 4,5 angehoben, was zur Zulassung des Klägers zur mündlichen Prüfung führen würde. Auch dieses Urteil ist rechtskräftig.
Nach Überdenken der Bewertung der Klausur Buchführung und Bilanzwesen in dem Bereich der Wertungspunkte 34 bis 37 erklärten die Prüfer A und B am 7.11.2000 im Ergebnis eine Anhebung der Wertungspunkte um maximal 2 für möglich und schlossen damit eine Notenanhebung für diese Klausur aus. Auf die Stellungnahme der Prüfer (Bl. 8 bis 10 FG-Akte) wird Bezug genommen. Mit Bescheid vom 24.11.2000 teilte die Beklagte dem Kläger das Überprüfungsergebnis mit und bestätigte die - unveränderte - Gesamtnote von 4,66 und das Nichtbestehen der Prüfung.
Die Prüfer A und B waren mit Wirkung ab 1.10.1995 für die Dauer von drei Jahren zum Vorsitzenden bzw. zum Mitglied des Prüfungsausschusses 4 berufen worden; die Berufung des Prüfers B ist bis zum 1.7.2002 verlängert worden. Der ehemalige Vorsitzende des Prüfungsausschusses 4 Herr A war zum 1.1.1999 in den Ruhestand getreten.
Gegen den Bescheid vom 24.11.2000 hat der Kläger mit Schreiben vom 19.12.2000, eingegangen am selben Tag, Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor: Die Prüfer hätten erkennbar gegen die eigene Überzeugung und auch gegen das tatsächliche Vorgehen ihre Stellungnahme abgegeben. Eine umfassende Abwägung und der Zwang dazu sei nicht erkennbar. Man sei der Meinung gewesen, dass es die Klausur nicht wert gewesen sei, sie als ausreichend zu betrachten. Alle anderen Ausführungen und die Beweisaufnahme seien widersprüchlich und gäben die Einschätzung der Prüfer jedenfalls nicht vollständig wieder. Die letzten Werte zeigten sehr viel Bauchgefühl. Die "Kargheit" wäre genauer herauszuarbeiten gewesen.
Die letzten drei Sätze der Stellungnahme legten nahe, dass gegen Art. 3 und 12 Grundgesetz verstoßen worden sei. Der Prüfungsausschuss 4 habe zu keiner Zeit auch nur daran gedacht, seine Entscheidung aus dem Jahre 1995 abzuändern. Die Steuerberaterprüfung sei katastrophal ausgefallen und biete keine Möglichkeit, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Das Gebot der Chancengleichheit und der Fairness eines Prüfungsverfahrens sei durch das Ergebnis widerlegt. Die Prüfungen des Jahres 1995 seien steuerjuristisch zweifelhaft, mehrdeutig und falsch gewesen. Das von absoluten Experten besetzte Gericht müsse nunmehr selbst entscheiden, da die für die Beklagte handelnden Prüfungsausschüsse die vom Gericht vorgegebenen Überlegungen nicht nachvollziehen wollten. Die Beklagte habe nicht darlegen können, wo der Bereich liege, der den Prüfern aufgrund der besonderen Situation als nicht überprüfbarer (gerichtsfreier) Raum zugebilligt werden müsse.
Die ...