Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung einer Limited als Verfahrensbevollmächtigte
Leitsatz (redaktionell)
Eine in England und Wales zugelassene Limited mit Sitz in den Niederlanden, die eine auf Dauer angelegte steuerliche Beratung gegenüber mehreren Steuerpflichtigen im Inland erbringt, übt keine nur vorübergehende Tätigkeit aus, die aufgrund der Dienstleistungsfreiheit der Art. 56, 57 AEUV erlaubt sein kann, sondern unterliegt den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes. Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer Befugnis zur Steuerberatung gem. § 3 Nr. 3 StBerG oder § 3 a) Abs. 1 Satz 5 StBerG nicht erfüllt.
Normenkette
FGO § 63 Abs. 3; StBerG §§ 3, 3 a) Abs. 1 S. 5, §§ 3a, 4; AEUV Art. 57, 56; AO § 80 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Die U Wirtschaft- und Steuerberatungsgesellschaft Limited mit Sitz in B, Niederlande, registriert in England und Wales, United Kingdom (U), war für die Eheleute D unter Steuernummer 1 beim Finanzgericht Köln (FG) unter Az. 11 K 2565/09 und in Sachen D als Gesellschafter der D GbR unter Steuernummer 2 unter Az. 11 K 2947/09 als Prozessvertreter aufgetreten. Daraufhin wies der Beklagte die U mit Verfügungen vom 04.01.2010 zu den Steuernummern der Eheleute D bzw. der D GbR gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Bevollmächtigte zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die U gehöre nicht zu den in §§ 3 oder 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) genannten Personen. Auch die Voraussetzungen des § 3 a) StBerG seien nicht erfüllt, da die U nicht nur vorübergehend und gelegentlich grenzüberschreitend im Inland tätig sei.
Dagegen hatte die U am 08.02.2010 beim FG unter Az. 5 K 386/10 Sprungklage erhoben, der der Beklagte nicht zustimmte. Die Sprungklage wurde vom Beklagten gemäß § 45 Abs. 1, 3 FGO als Einspruch behandelt.
Mit Schriftsatz vom 18.03.2010, bei Gericht eingegangen am 20.03.2010, wurde von der U wegen Zurückweisung als Bevollmächtigte in den Sachen der Eheleute D und der D GbR durch Verwaltungsakte vom 04.01.2010 Untätigkeitsklage erhoben. Die Klageschrift wurde von E (E) unterschrieben.
Zur Begründung führte die U wie folgt aus:
Der Beklagte stütze die Zurückweisung auf § 80 AO. Diese Vorschrift sei jedoch nicht mehr anwendbar. Die U stütze ihr Recht zur Berufsausübung nicht auf § 3 a) StBerG, sondern auf Art. 49 EGV in Ausgestaltung der Richtlinie 2006/123/EG. Die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin ergebe sich aus Art. 16 dieser Richtlinie. Spätestens nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 44 sei jede nationale Bestimmung eines Mitgliedstaates nicht mehr anwendbar, die dieser Richtlinie entgegenstehe. Hierzu gehöre auch § 80 AO.
Am 19.07.2010 erging eine Einspruchsentscheidung betreffend die gegen die U gerichteten Zurückweisungsverfügungen vom 04.01.2010. Hierin wiederholte der Beklagte seine Auffassung, dass die Zurückweisung zu Recht erfolgt sei. – Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Die Klägerin beantragt im Klageverfahren,
Beweis zu erheben durch Vernehmung diverser Zeugen aus der Europäischen Kommission und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie dazu, dass die Klägerin nach dem gesetzgeberischen Willen ein Anrecht auf Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV hat und dem engeren Personenkreis des § 3 a) StBerG zuzurechnen ist. Darüber hinaus soll ein forensisches Sachverständigengutachten dazu eingeholt werden, dass im Rahmen der Zurückweisungsvorgänge keine gesetzlich vorgesehene Sachbearbeitung vorgenommen werde, das Verfahren vielmehr rechtsmissbräuchlich eingesetzt werde, um den Direktor der Klägerin verächtlich zu machen. Des Weiteren beantragt diese, die Beiziehung und Einsicht von Steuer-, Verfahrens-, Sonder- und Steuerfahndungsakten. Zudem beantragt die Klägerin, das Klageverfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. – Wegen der Anträge im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.08.2010 verwiesen.
Im Übrigen beantragt die Klägerin,
die angefochtenen Verwaltungsakte aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner bisher vertretenen Auffassung, dass die Klägerin als Bevollmächtigte in den Steuerangelegenheiten der Eheleute D und der D GbR zu Recht zurückgewiesen worden sei.
In Ausübung seiner Untersuchungsverpflichtung hat der erkennende Senat Folgendes festgestellt:
Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Klägerin ist E. Die Bestellung von E als Steuerberater wurde im Jahr 2000 gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls durch das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen widerrufen. Die dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Köln unter 8 K 6728/00 blieb ebenso erfolglos wie die daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof – BFH – (Beschluss vom 01.08.2002 VII B 35/02, BFH/NV 2002,1499). Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschlus...